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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 109. Die Reichsschulden.

3. Die Verwaltung der Reichsschuld. Dieselbe ist
durch das Reichsgesetz vom 19. Juni 1868 (B.G.Bl. S. 339 ff.)
geregelt worden; dasselbe bezieht sich zwar nur auf die Marine-
Anleihe des Nordd. Bundes, ist aber auf alle späteren Anleihen
des Reiches durch die betreffenden Anleihegesetze für anwendbar
erklärt worden. Die in diesem Gesetz aufgestellten Grundsätze sind
folgende:

a) "Bis zum Erlaß eines definitiven Gesetzes über die Bundes-
schulden-Verwaltung" ist die Wahrnehmung der mit der Verwal-
tung der Reichsschulden verbundenen Geschäfte der Preußischen
"Hauptverwaltung der Staatsschulden" unter der obe-
ren Leitung des Reichskanzlers übertragen 1). Die amtliche Thä-
tigkeit und staatsrechtliche Stellung dieser Behörde ist bereits oben
Bd. I. S. 349 ff. erörtert worden.

b) Die Aufsicht über die Reichsschulden-Verwaltung liegt der
Reichsschulden-Kommission ob, deren Zusammensetzung
und Aufgabe Bd. I. S. 354 fg. dargestellt worden ist.

c) Die dem Reichskanzler obliegenden Geschäfte der Finanz-
verwaltung werden von dem ihm unterstellten "Reichsschatz-
amt
" wahrgenommen 2).

d) In allen Anleihegesetzen des Reiches ist vorgeschrieben,
daß über die Ausführung derselben dem Reichstage bei dessen
nächster Zusammenkunft Rechenschaft zu geben ist 3).

e) Endlich enthalten die Anleihegesetze übereinstimmend einen
Satz, der auf den ersten Blick selbstverständlich und inhaltslos er-
scheint, nämlich daß die zur Verzinsung und Tilgung der Anleihe,
sowie zur Einlösung der Schatzanweisungen erforderlichen Beträge
der Reichsschulden-Verwaltung aus den bereitesten Einkünften des
Reichs zur Verfallzeit zur Verfügung gestellt werden müssen 4);
indeß kann dieser Satz unter Umständen eine praktische Bedeutung
erlangen, die aber erst unten bei Darstellung des Budgetrechts
erörtert werden kann.


1) Preußen empfängt dafür vom Reich eine Vergütung von jährlich
12 500 M. als Beitrag zu den Kosten dieser Behörde.
2) Erl. v. 14. Juli 1879. R.G.Bl. S. 196.
3) Ges. v. 27. Januar 1875 §. 5 (R.G.Bl. S. 19). In den späteren An-
leihegesetzen in Bezug genommen.
4) Gesetz v. 27. Januar 1875 §. 4.
§. 109. Die Reichsſchulden.

3. Die Verwaltung der Reichsſchuld. Dieſelbe iſt
durch das Reichsgeſetz vom 19. Juni 1868 (B.G.Bl. S. 339 ff.)
geregelt worden; daſſelbe bezieht ſich zwar nur auf die Marine-
Anleihe des Nordd. Bundes, iſt aber auf alle ſpäteren Anleihen
des Reiches durch die betreffenden Anleihegeſetze für anwendbar
erklärt worden. Die in dieſem Geſetz aufgeſtellten Grundſätze ſind
folgende:

a) „Bis zum Erlaß eines definitiven Geſetzes über die Bundes-
ſchulden-Verwaltung“ iſt die Wahrnehmung der mit der Verwal-
tung der Reichsſchulden verbundenen Geſchäfte der Preußiſchen
Hauptverwaltung der Staatsſchulden“ unter der obe-
ren Leitung des Reichskanzlers übertragen 1). Die amtliche Thä-
tigkeit und ſtaatsrechtliche Stellung dieſer Behörde iſt bereits oben
Bd. I. S. 349 ff. erörtert worden.

b) Die Aufſicht über die Reichsſchulden-Verwaltung liegt der
Reichsſchulden-Kommiſſion ob, deren Zuſammenſetzung
und Aufgabe Bd. I. S. 354 fg. dargeſtellt worden iſt.

c) Die dem Reichskanzler obliegenden Geſchäfte der Finanz-
verwaltung werden von dem ihm unterſtellten „Reichsſchatz-
amt
“ wahrgenommen 2).

d) In allen Anleihegeſetzen des Reiches iſt vorgeſchrieben,
daß über die Ausführung derſelben dem Reichstage bei deſſen
nächſter Zuſammenkunft Rechenſchaft zu geben iſt 3).

e) Endlich enthalten die Anleihegeſetze übereinſtimmend einen
Satz, der auf den erſten Blick ſelbſtverſtändlich und inhaltslos er-
ſcheint, nämlich daß die zur Verzinſung und Tilgung der Anleihe,
ſowie zur Einlöſung der Schatzanweiſungen erforderlichen Beträge
der Reichsſchulden-Verwaltung aus den bereiteſten Einkünften des
Reichs zur Verfallzeit zur Verfügung geſtellt werden müſſen 4);
indeß kann dieſer Satz unter Umſtänden eine praktiſche Bedeutung
erlangen, die aber erſt unten bei Darſtellung des Budgetrechts
erörtert werden kann.


1) Preußen empfängt dafür vom Reich eine Vergütung von jährlich
12 500 M. als Beitrag zu den Koſten dieſer Behörde.
2) Erl. v. 14. Juli 1879. R.G.Bl. S. 196.
3) Geſ. v. 27. Januar 1875 §. 5 (R.G.Bl. S. 19). In den ſpäteren An-
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4) Geſetz v. 27. Januar 1875 §. 4.
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[239/0249] §. 109. Die Reichsſchulden. 3. Die Verwaltung der Reichsſchuld. Dieſelbe iſt durch das Reichsgeſetz vom 19. Juni 1868 (B.G.Bl. S. 339 ff.) geregelt worden; daſſelbe bezieht ſich zwar nur auf die Marine- Anleihe des Nordd. Bundes, iſt aber auf alle ſpäteren Anleihen des Reiches durch die betreffenden Anleihegeſetze für anwendbar erklärt worden. Die in dieſem Geſetz aufgeſtellten Grundſätze ſind folgende: a) „Bis zum Erlaß eines definitiven Geſetzes über die Bundes- ſchulden-Verwaltung“ iſt die Wahrnehmung der mit der Verwal- tung der Reichsſchulden verbundenen Geſchäfte der Preußiſchen „Hauptverwaltung der Staatsſchulden“ unter der obe- ren Leitung des Reichskanzlers übertragen 1). Die amtliche Thä- tigkeit und ſtaatsrechtliche Stellung dieſer Behörde iſt bereits oben Bd. I. S. 349 ff. erörtert worden. b) Die Aufſicht über die Reichsſchulden-Verwaltung liegt der Reichsſchulden-Kommiſſion ob, deren Zuſammenſetzung und Aufgabe Bd. I. S. 354 fg. dargeſtellt worden iſt. c) Die dem Reichskanzler obliegenden Geſchäfte der Finanz- verwaltung werden von dem ihm unterſtellten „Reichsſchatz- amt“ wahrgenommen 2). d) In allen Anleihegeſetzen des Reiches iſt vorgeſchrieben, daß über die Ausführung derſelben dem Reichstage bei deſſen nächſter Zuſammenkunft Rechenſchaft zu geben iſt 3). e) Endlich enthalten die Anleihegeſetze übereinſtimmend einen Satz, der auf den erſten Blick ſelbſtverſtändlich und inhaltslos er- ſcheint, nämlich daß die zur Verzinſung und Tilgung der Anleihe, ſowie zur Einlöſung der Schatzanweiſungen erforderlichen Beträge der Reichsſchulden-Verwaltung aus den bereiteſten Einkünften des Reichs zur Verfallzeit zur Verfügung geſtellt werden müſſen 4); indeß kann dieſer Satz unter Umſtänden eine praktiſche Bedeutung erlangen, die aber erſt unten bei Darſtellung des Budgetrechts erörtert werden kann. 1) Preußen empfängt dafür vom Reich eine Vergütung von jährlich 12 500 M. als Beitrag zu den Koſten dieſer Behörde. 2) Erl. v. 14. Juli 1879. R.G.Bl. S. 196. 3) Geſ. v. 27. Januar 1875 §. 5 (R.G.Bl. S. 19). In den ſpäteren An- leihegeſetzen in Bezug genommen. 4) Geſetz v. 27. Januar 1875 §. 4.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/249>, abgerufen am 22.11.2024.