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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 109. Die Reichsschulden.
Schatzscheinen das Darlehn, bei Emission von Schuldverschrei-
bungen ohne Fälligkeit die Rentenschuld; beide in derjenigen
juristischen Gestaltung, welche durch die Obligationsform der
"Werthpapiere" (Scripturobligationen) gegeben ist. Die in Be-
tracht kommenden Rechtssätze ergeben sich aus der Natur der Sache
und den Vorschriften des Civilrechts. Das einzelne Anleihegesetz
ist an und für sich nicht der geeignete Platz, um sie zu sanctio-
niren, da es nicht die Regelung, sondern die Benutzung des Rechts-
instituts zum Zweck hat. Indeß hat die Reichsgesetzgebung ein-
zelne
Punkte, in Ermangelung eines gemeinen Civilgesetzes, in
den Anleihegesetzen normirt. Es sind folgende zwei:

a) Die Verjährung. Nicht erhobene Zinsen (Renten) ver-
jähren in vier Jahren, von der Verfallzeit an gerechnet 1); ebenso
die Zinsen auf Schatzanweisungen; die in Schatzanweisungen ver-
schriebenen Kapitalbeträge verjähren binnen 30 Jahren nach Ein-
tritt des in jeder Schatzanweisung angegebenen Fälligkeitstermins 2).

b) Das Aufgebot und die Amortisation verlorener
oder vernichteter Schuldurkunden. Dasselbe ist geregelt in dem
Gesetz vom 9. Nov. 1867 §. 6 und dem Ges. v. 12. Mai 1873 3),
deren Anordnungen in den einzelnen Anleihegesetzen des Reiches
ausdrücklich in Bezug genommen sind. Diese Anordnungen wer-
den nunmehr ergänzt durch die Civilprozeß-Ordn. §§. 823 ff., sind
aber, sofern sie abweichende Vorschriften enthalten, der Civilproz.
Ordn. gegenüber in Kraft erhalten durch §. 13 des Einf.Ges. zur
Civilproz.Ordnung.

Im Uebrigen beruhen die Rechte der Gläubiger auf vertrags-
mäßiger Abrede (dem Begebungsvertrag), nicht auf Gesetz, und
wenn auch scheinbar in den Anleihegesetzen und kaiserlichen Er-
lassen gewisse Seiten des Rechtsverhältnisses geregelt werden, so
sind diese Vorschriften doch zunächst nur Befehle an den Reichs-
kanzler, wie er contrahiren solle, und mithin ist ihr Inhalt aller-
dings identisch mit den Vertragsabreden 4).


1) Ges. v. 6. April 1870 §. 5 Abs. 2. (In sämmtlichen Anleihegesetzen
wiederholt.)
2) Ges. v. 9. Nov. 1867 §. 8 Abs. 2. (In sämmtlichen Anleihegesetzen
wiederholt.)
3) Reichs-Ges.Bl. 1873 S. 91.
4) Vgl. über Gesetze dieser Art Bd. II. S. 214 ff.

§. 109. Die Reichsſchulden.
Schatzſcheinen das Darlehn, bei Emiſſion von Schuldverſchrei-
bungen ohne Fälligkeit die Rentenſchuld; beide in derjenigen
juriſtiſchen Geſtaltung, welche durch die Obligationsform der
„Werthpapiere“ (Scripturobligationen) gegeben iſt. Die in Be-
tracht kommenden Rechtsſätze ergeben ſich aus der Natur der Sache
und den Vorſchriften des Civilrechts. Das einzelne Anleihegeſetz
iſt an und für ſich nicht der geeignete Platz, um ſie zu ſanctio-
niren, da es nicht die Regelung, ſondern die Benutzung des Rechts-
inſtituts zum Zweck hat. Indeß hat die Reichsgeſetzgebung ein-
zelne
Punkte, in Ermangelung eines gemeinen Civilgeſetzes, in
den Anleihegeſetzen normirt. Es ſind folgende zwei:

a) Die Verjährung. Nicht erhobene Zinſen (Renten) ver-
jähren in vier Jahren, von der Verfallzeit an gerechnet 1); ebenſo
die Zinſen auf Schatzanweiſungen; die in Schatzanweiſungen ver-
ſchriebenen Kapitalbeträge verjähren binnen 30 Jahren nach Ein-
tritt des in jeder Schatzanweiſung angegebenen Fälligkeitstermins 2).

b) Das Aufgebot und die Amortiſation verlorener
oder vernichteter Schuldurkunden. Daſſelbe iſt geregelt in dem
Geſetz vom 9. Nov. 1867 §. 6 und dem Geſ. v. 12. Mai 1873 3),
deren Anordnungen in den einzelnen Anleihegeſetzen des Reiches
ausdrücklich in Bezug genommen ſind. Dieſe Anordnungen wer-
den nunmehr ergänzt durch die Civilprozeß-Ordn. §§. 823 ff., ſind
aber, ſofern ſie abweichende Vorſchriften enthalten, der Civilproz.
Ordn. gegenüber in Kraft erhalten durch §. 13 des Einf.Geſ. zur
Civilproz.Ordnung.

Im Uebrigen beruhen die Rechte der Gläubiger auf vertrags-
mäßiger Abrede (dem Begebungsvertrag), nicht auf Geſetz, und
wenn auch ſcheinbar in den Anleihegeſetzen und kaiſerlichen Er-
laſſen gewiſſe Seiten des Rechtsverhältniſſes geregelt werden, ſo
ſind dieſe Vorſchriften doch zunächſt nur Befehle an den Reichs-
kanzler, wie er contrahiren ſolle, und mithin iſt ihr Inhalt aller-
dings identiſch mit den Vertragsabreden 4).


1) Geſ. v. 6. April 1870 §. 5 Abſ. 2. (In ſämmtlichen Anleihegeſetzen
wiederholt.)
2) Geſ. v. 9. Nov. 1867 §. 8 Abſ. 2. (In ſämmtlichen Anleihegeſetzen
wiederholt.)
3) Reichs-Geſ.Bl. 1873 S. 91.
4) Vgl. über Geſetze dieſer Art Bd. II. S. 214 ff.
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[238/0248] §. 109. Die Reichsſchulden. Schatzſcheinen das Darlehn, bei Emiſſion von Schuldverſchrei- bungen ohne Fälligkeit die Rentenſchuld; beide in derjenigen juriſtiſchen Geſtaltung, welche durch die Obligationsform der „Werthpapiere“ (Scripturobligationen) gegeben iſt. Die in Be- tracht kommenden Rechtsſätze ergeben ſich aus der Natur der Sache und den Vorſchriften des Civilrechts. Das einzelne Anleihegeſetz iſt an und für ſich nicht der geeignete Platz, um ſie zu ſanctio- niren, da es nicht die Regelung, ſondern die Benutzung des Rechts- inſtituts zum Zweck hat. Indeß hat die Reichsgeſetzgebung ein- zelne Punkte, in Ermangelung eines gemeinen Civilgeſetzes, in den Anleihegeſetzen normirt. Es ſind folgende zwei: a) Die Verjährung. Nicht erhobene Zinſen (Renten) ver- jähren in vier Jahren, von der Verfallzeit an gerechnet 1); ebenſo die Zinſen auf Schatzanweiſungen; die in Schatzanweiſungen ver- ſchriebenen Kapitalbeträge verjähren binnen 30 Jahren nach Ein- tritt des in jeder Schatzanweiſung angegebenen Fälligkeitstermins 2). b) Das Aufgebot und die Amortiſation verlorener oder vernichteter Schuldurkunden. Daſſelbe iſt geregelt in dem Geſetz vom 9. Nov. 1867 §. 6 und dem Geſ. v. 12. Mai 1873 3), deren Anordnungen in den einzelnen Anleihegeſetzen des Reiches ausdrücklich in Bezug genommen ſind. Dieſe Anordnungen wer- den nunmehr ergänzt durch die Civilprozeß-Ordn. §§. 823 ff., ſind aber, ſofern ſie abweichende Vorſchriften enthalten, der Civilproz. Ordn. gegenüber in Kraft erhalten durch §. 13 des Einf.Geſ. zur Civilproz.Ordnung. Im Uebrigen beruhen die Rechte der Gläubiger auf vertrags- mäßiger Abrede (dem Begebungsvertrag), nicht auf Geſetz, und wenn auch ſcheinbar in den Anleihegeſetzen und kaiſerlichen Er- laſſen gewiſſe Seiten des Rechtsverhältniſſes geregelt werden, ſo ſind dieſe Vorſchriften doch zunächſt nur Befehle an den Reichs- kanzler, wie er contrahiren ſolle, und mithin iſt ihr Inhalt aller- dings identiſch mit den Vertragsabreden 4). 1) Geſ. v. 6. April 1870 §. 5 Abſ. 2. (In ſämmtlichen Anleihegeſetzen wiederholt.) 2) Geſ. v. 9. Nov. 1867 §. 8 Abſ. 2. (In ſämmtlichen Anleihegeſetzen wiederholt.) 3) Reichs-Geſ.Bl. 1873 S. 91. 4) Vgl. über Geſetze dieſer Art Bd. II. S. 214 ff.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/248>, abgerufen am 25.11.2024.