hatte. Durch das Ges. v. 25. Mai 1873 §. 1 ist daher ausge- sprochen, daß alle Vermögensobjekte, welche dem Preußischen Ma- rinefiskus vor Errichtung des Norddeutschen Bundes gehört haben, Fahrzeuge aller Art und ihre Ausrüstung, Magazine, Werften, Hafenanlagen, Docks u. s. w., in das Eigenthum des Reiches übergegangen sind.
b) Die Verwaltung der auswärtigen Angelegen- heiten. Hinsichtlich des Konsulatwesens ist es ebenfalls zweifellos, daß die Verwaltung desselben eine unmittelbare, auf Kosten des Reiches geführte und ausschließliche Reichsverwaltung ist, und daß sonach alle Vermögensobjekte der Einzelstaaten, welche vor Eintritt derselben in den Bund zum Dienste der Konsulats- verwaltung bestimmt waren, Reichseigenthum geworden sind. Auf die süddeutschen Staaten findet dies jedoch thatsächlich keine An- wendung, da bei dem Eintritt derselben in den Bund die Organi- sation der Norddeutschen Bundeskonsulate bereits durchgeführt war und nach der Reichsgründung dieselben einfach in Reichskonsulate umgewandelt wurden. Unter den Staaten des Nordd. Bundes aber kam wieder nur Preußen in Betracht, da die etwa vorhan- denen Ausrüstungsgegenstände der Landeskonsulate der übrigen Staaten nicht in Anspruch genommen wurden.
Zweifelhafter ist die Anwendung des Gesetzes auf die diplo- matische Vertretung. Denn da den Einzelstaaten das active Gesandtschaftsrecht durch die Reichsverfassung nicht entzogen wor- den, vielmehr das Nebeneinanderbestehen von Reichs- und Landes- gesandtschaften gestattet ist, so kann man, streng genommen, nicht sagen, daß die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten von den Einzelstaaten auf das Reich übergegangen ist; es ist viel- mehr die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten des Rei- ches als ein neues Verwaltungsressort des Reiches neben die (de jure fortbestehenden) Verwaltungen der auswärtigen Ange- legenheiten der einzelnen Bundesstaaten getreten. In der That haben ja auch einzelne Staaten, insbesondere Bayern, ihr actives Gesandtschaftsrecht und demgemäß ihre Verwaltung der auswär- tigen Angelegenheiten in beschränktem Umfange fortgeführt. Von der Anwendung des Gesetzes vom 25. Mai 1873 auf das Inven- tar der auswärtigen Aemter und Gesandtschaften dieser Staaten ist auch niemals die Rede gewesen. Dasselbe muß nun auch für
§. 108. Das active Reichsvermögen.
hatte. Durch das Geſ. v. 25. Mai 1873 §. 1 iſt daher ausge- ſprochen, daß alle Vermögensobjekte, welche dem Preußiſchen Ma- rinefiskus vor Errichtung des Norddeutſchen Bundes gehört haben, Fahrzeuge aller Art und ihre Ausrüſtung, Magazine, Werften, Hafenanlagen, Docks u. ſ. w., in das Eigenthum des Reiches übergegangen ſind.
b) Die Verwaltung der auswärtigen Angelegen- heiten. Hinſichtlich des Konſulatweſens iſt es ebenfalls zweifellos, daß die Verwaltung deſſelben eine unmittelbare, auf Koſten des Reiches geführte und ausſchließliche Reichsverwaltung iſt, und daß ſonach alle Vermögensobjekte der Einzelſtaaten, welche vor Eintritt derſelben in den Bund zum Dienſte der Konſulats- verwaltung beſtimmt waren, Reichseigenthum geworden ſind. Auf die ſüddeutſchen Staaten findet dies jedoch thatſächlich keine An- wendung, da bei dem Eintritt derſelben in den Bund die Organi- ſation der Norddeutſchen Bundeskonſulate bereits durchgeführt war und nach der Reichsgründung dieſelben einfach in Reichskonſulate umgewandelt wurden. Unter den Staaten des Nordd. Bundes aber kam wieder nur Preußen in Betracht, da die etwa vorhan- denen Ausrüſtungsgegenſtände der Landeskonſulate der übrigen Staaten nicht in Anſpruch genommen wurden.
Zweifelhafter iſt die Anwendung des Geſetzes auf die diplo- matiſche Vertretung. Denn da den Einzelſtaaten das active Geſandtſchaftsrecht durch die Reichsverfaſſung nicht entzogen wor- den, vielmehr das Nebeneinanderbeſtehen von Reichs- und Landes- geſandtſchaften geſtattet iſt, ſo kann man, ſtreng genommen, nicht ſagen, daß die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten von den Einzelſtaaten auf das Reich übergegangen iſt; es iſt viel- mehr die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten des Rei- ches als ein neues Verwaltungsreſſort des Reiches neben die (de jure fortbeſtehenden) Verwaltungen der auswärtigen Ange- legenheiten der einzelnen Bundesſtaaten getreten. In der That haben ja auch einzelne Staaten, insbeſondere Bayern, ihr actives Geſandtſchaftsrecht und demgemäß ihre Verwaltung der auswär- tigen Angelegenheiten in beſchränktem Umfange fortgeführt. Von der Anwendung des Geſetzes vom 25. Mai 1873 auf das Inven- tar der auswärtigen Aemter und Geſandtſchaften dieſer Staaten iſt auch niemals die Rede geweſen. Daſſelbe muß nun auch für
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0232"n="222"/><fwplace="top"type="header">§. 108. Das active Reichsvermögen.</fw><lb/>
hatte. Durch das Geſ. v. 25. Mai 1873 §. 1 iſt daher ausge-<lb/>ſprochen, daß alle Vermögensobjekte, welche dem Preußiſchen Ma-<lb/>
rinefiskus vor Errichtung des Norddeutſchen Bundes gehört haben,<lb/>
Fahrzeuge aller Art und ihre Ausrüſtung, Magazine, Werften,<lb/>
Hafenanlagen, Docks u. ſ. w., in das Eigenthum des Reiches<lb/>
übergegangen ſind.</p><lb/><p><hirendition="#aq">b</hi>) Die <hirendition="#g">Verwaltung der auswärtigen Angelegen-<lb/>
heiten</hi>. Hinſichtlich des <hirendition="#g">Konſulatweſens</hi> iſt es ebenfalls<lb/>
zweifellos, daß die Verwaltung deſſelben eine unmittelbare, auf<lb/>
Koſten des Reiches geführte und ausſchließliche Reichsverwaltung<lb/>
iſt, und daß ſonach alle Vermögensobjekte der Einzelſtaaten, welche<lb/>
vor Eintritt derſelben in den Bund zum Dienſte der Konſulats-<lb/>
verwaltung beſtimmt waren, Reichseigenthum geworden ſind. Auf<lb/>
die ſüddeutſchen Staaten findet dies jedoch thatſächlich keine An-<lb/>
wendung, da bei dem Eintritt derſelben in den Bund die Organi-<lb/>ſation der Norddeutſchen Bundeskonſulate bereits durchgeführt war<lb/>
und nach der Reichsgründung dieſelben einfach in Reichskonſulate<lb/>
umgewandelt wurden. Unter den Staaten des Nordd. Bundes<lb/>
aber kam wieder nur Preußen in Betracht, da die etwa vorhan-<lb/>
denen Ausrüſtungsgegenſtände der Landeskonſulate der übrigen<lb/>
Staaten nicht in Anſpruch genommen wurden.</p><lb/><p>Zweifelhafter iſt die Anwendung des Geſetzes auf die <hirendition="#g">diplo-<lb/>
matiſche</hi> Vertretung. Denn da den Einzelſtaaten das active<lb/>
Geſandtſchaftsrecht durch die Reichsverfaſſung nicht entzogen wor-<lb/>
den, vielmehr das Nebeneinanderbeſtehen von Reichs- und Landes-<lb/>
geſandtſchaften geſtattet iſt, ſo kann man, ſtreng genommen, nicht<lb/>ſagen, daß die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten von<lb/>
den Einzelſtaaten auf das Reich <hirendition="#g">übergegangen</hi> iſt; es iſt viel-<lb/>
mehr die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten <hirendition="#g">des Rei-<lb/>
ches</hi> als ein neues Verwaltungsreſſort des Reiches <hirendition="#g">neben</hi> die<lb/>
(<hirendition="#aq">de jure</hi> fortbeſtehenden) Verwaltungen der auswärtigen Ange-<lb/>
legenheiten der einzelnen Bundesſtaaten getreten. In der That<lb/>
haben ja auch einzelne Staaten, insbeſondere Bayern, ihr actives<lb/>
Geſandtſchaftsrecht und demgemäß ihre Verwaltung der auswär-<lb/>
tigen Angelegenheiten in beſchränktem Umfange fortgeführt. Von<lb/>
der Anwendung des Geſetzes vom 25. Mai 1873 auf das Inven-<lb/>
tar der auswärtigen Aemter und Geſandtſchaften dieſer Staaten<lb/>
iſt auch niemals die Rede geweſen. Daſſelbe muß nun auch für<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[222/0232]
§. 108. Das active Reichsvermögen.
hatte. Durch das Geſ. v. 25. Mai 1873 §. 1 iſt daher ausge-
ſprochen, daß alle Vermögensobjekte, welche dem Preußiſchen Ma-
rinefiskus vor Errichtung des Norddeutſchen Bundes gehört haben,
Fahrzeuge aller Art und ihre Ausrüſtung, Magazine, Werften,
Hafenanlagen, Docks u. ſ. w., in das Eigenthum des Reiches
übergegangen ſind.
b) Die Verwaltung der auswärtigen Angelegen-
heiten. Hinſichtlich des Konſulatweſens iſt es ebenfalls
zweifellos, daß die Verwaltung deſſelben eine unmittelbare, auf
Koſten des Reiches geführte und ausſchließliche Reichsverwaltung
iſt, und daß ſonach alle Vermögensobjekte der Einzelſtaaten, welche
vor Eintritt derſelben in den Bund zum Dienſte der Konſulats-
verwaltung beſtimmt waren, Reichseigenthum geworden ſind. Auf
die ſüddeutſchen Staaten findet dies jedoch thatſächlich keine An-
wendung, da bei dem Eintritt derſelben in den Bund die Organi-
ſation der Norddeutſchen Bundeskonſulate bereits durchgeführt war
und nach der Reichsgründung dieſelben einfach in Reichskonſulate
umgewandelt wurden. Unter den Staaten des Nordd. Bundes
aber kam wieder nur Preußen in Betracht, da die etwa vorhan-
denen Ausrüſtungsgegenſtände der Landeskonſulate der übrigen
Staaten nicht in Anſpruch genommen wurden.
Zweifelhafter iſt die Anwendung des Geſetzes auf die diplo-
matiſche Vertretung. Denn da den Einzelſtaaten das active
Geſandtſchaftsrecht durch die Reichsverfaſſung nicht entzogen wor-
den, vielmehr das Nebeneinanderbeſtehen von Reichs- und Landes-
geſandtſchaften geſtattet iſt, ſo kann man, ſtreng genommen, nicht
ſagen, daß die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten von
den Einzelſtaaten auf das Reich übergegangen iſt; es iſt viel-
mehr die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten des Rei-
ches als ein neues Verwaltungsreſſort des Reiches neben die
(de jure fortbeſtehenden) Verwaltungen der auswärtigen Ange-
legenheiten der einzelnen Bundesſtaaten getreten. In der That
haben ja auch einzelne Staaten, insbeſondere Bayern, ihr actives
Geſandtſchaftsrecht und demgemäß ihre Verwaltung der auswär-
tigen Angelegenheiten in beſchränktem Umfange fortgeführt. Von
der Anwendung des Geſetzes vom 25. Mai 1873 auf das Inven-
tar der auswärtigen Aemter und Geſandtſchaften dieſer Staaten
iſt auch niemals die Rede geweſen. Daſſelbe muß nun auch für
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/232>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.