Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 83. Das stehende Heer.
Kaiserl. Verordnung erhöht werden; es ist hierzu ein Reichsgesetz
erforderlich.

Dagegen bleiben von dieser gesetzlichen Feststellung unberührt
die sogenannten "besonderen Formationen"; dazu gehören die Ei-
senbahntruppen, die Landwehr-Bezirks-Kommandos, die Garnison-
Kompagnien in Bayern, das Lehrbataillon, die Unteroffizierschulen,
Schießschulen, die Kadettenkorps und andere Militair-Erziehungs-
und Bildungs-Anstalten 1). In dem Militairgesetz sind dieselben
nicht erwähnt und es ist unterlassen, einen Vorbehalt rücksichtlich
derselben zu machen. Aus den Motiven zum §. 2 des Militair-
gesetzes und aus den Verhandlungen des Reichstages ergibt sich
aber, daß diese Formationen neben den im §§. 2 u. 3 des Mi-
litairgesetzes erwähnten bestehen und sie sind auch in den jährlichen
Etats-Gesetzen des Reiches anerkannt worden. Hinsichtlich dieser
besonderen Formationen besteht das verfassungsmäßige Organisa-
tionsrecht des Kaisers ungeschmälert fort und es findet seine
Schranke lediglich in dem Budgetrecht des Bundesrathes und des
Reichstages.

3. Die nächst höhere Einheit ist das Regiment; die For-
mation derselben ist dem Kaiser (in Bayern dem Könige) über-
lassen und es ist nur angeordnet 2), daß "in der Regel" ein Re-
giment gebildet wird

bei der Infanterie aus 3 Bataillonen 3)
bei der Kavallerie aus 5 Eskadrons
bei der Artillerie aus 2 bis 3 Abtheilungen resp. Bataillonen.

4. Zwei oder drei Regimenter (derselben Waffengattung) wer-
den zu einer Brigade, zwei oder drei Brigaden der Infanterie
und Kavallerie zu einer Division vereinigt 4). Weder die Zahl
noch die Zusammensetzung der Brigaden und Divisionen ist gesetz-
lich fixirt, also von der Anordnung des Kaisers (resp. des Königs
von Bayern) abhängig; jedoch enthalten die Anlagen zu den Mi-

1) Vgl. Motive a. a. O. Ueber diese Schulen vgl. §. 86. VIII.
2) Milit.Ges. §. 2 Abs. 2.
3) Für die Jägerbataillone bestehen keine Regimentsverbände.
Sämmtliche Infanterie-Regimenter haben 3 Bataillone mit alleiniger Aus-
nahme des 2. Großherz. Hessischen Nr. 116, welches nur 2 Bataillone hat.
Vgl. Anl. zu Art. 2 der Hess. Militair-Konvent. v. 1871.
4) Mil.Ges. §. 3 Abs. 1.
Laband, Reichsstaatsrecht. III. 6

§. 83. Das ſtehende Heer.
Kaiſerl. Verordnung erhöht werden; es iſt hierzu ein Reichsgeſetz
erforderlich.

Dagegen bleiben von dieſer geſetzlichen Feſtſtellung unberührt
die ſogenannten „beſonderen Formationen“; dazu gehören die Ei-
ſenbahntruppen, die Landwehr-Bezirks-Kommandos, die Garniſon-
Kompagnien in Bayern, das Lehrbataillon, die Unteroffizierſchulen,
Schießſchulen, die Kadettenkorps und andere Militair-Erziehungs-
und Bildungs-Anſtalten 1). In dem Militairgeſetz ſind dieſelben
nicht erwähnt und es iſt unterlaſſen, einen Vorbehalt rückſichtlich
derſelben zu machen. Aus den Motiven zum §. 2 des Militair-
geſetzes und aus den Verhandlungen des Reichstages ergibt ſich
aber, daß dieſe Formationen neben den im §§. 2 u. 3 des Mi-
litairgeſetzes erwähnten beſtehen und ſie ſind auch in den jährlichen
Etats-Geſetzen des Reiches anerkannt worden. Hinſichtlich dieſer
beſonderen Formationen beſteht das verfaſſungsmäßige Organiſa-
tionsrecht des Kaiſers ungeſchmälert fort und es findet ſeine
Schranke lediglich in dem Budgetrecht des Bundesrathes und des
Reichstages.

3. Die nächſt höhere Einheit iſt das Regiment; die For-
mation derſelben iſt dem Kaiſer (in Bayern dem Könige) über-
laſſen und es iſt nur angeordnet 2), daß „in der Regel“ ein Re-
giment gebildet wird

bei der Infanterie aus 3 Bataillonen 3)
bei der Kavallerie aus 5 Eskadrons
bei der Artillerie aus 2 bis 3 Abtheilungen reſp. Bataillonen.

4. Zwei oder drei Regimenter (derſelben Waffengattung) wer-
den zu einer Brigade, zwei oder drei Brigaden der Infanterie
und Kavallerie zu einer Diviſion vereinigt 4). Weder die Zahl
noch die Zuſammenſetzung der Brigaden und Diviſionen iſt geſetz-
lich fixirt, alſo von der Anordnung des Kaiſers (reſp. des Königs
von Bayern) abhängig; jedoch enthalten die Anlagen zu den Mi-

1) Vgl. Motive a. a. O. Ueber dieſe Schulen vgl. §. 86. VIII.
2) Milit.Geſ. §. 2 Abſ. 2.
3) Für die Jägerbataillone beſtehen keine Regimentsverbände.
Sämmtliche Infanterie-Regimenter haben 3 Bataillone mit alleiniger Aus-
nahme des 2. Großherz. Heſſiſchen Nr. 116, welches nur 2 Bataillone hat.
Vgl. Anl. zu Art. 2 der Heſſ. Militair-Konvent. v. 1871.
4) Mil.Geſ. §. 3 Abſ. 1.
Laband, Reichsſtaatsrecht. III. 6
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0091" n="81"/><fw place="top" type="header">§. 83. Das &#x017F;tehende Heer.</fw><lb/>
Kai&#x017F;erl. Verordnung erhöht werden; es i&#x017F;t hierzu ein Reichsge&#x017F;etz<lb/>
erforderlich.</p><lb/>
              <p>Dagegen bleiben von die&#x017F;er ge&#x017F;etzlichen Fe&#x017F;t&#x017F;tellung unberührt<lb/>
die &#x017F;ogenannten &#x201E;be&#x017F;onderen Formationen&#x201C;; dazu gehören die Ei-<lb/>
&#x017F;enbahntruppen, die Landwehr-Bezirks-Kommandos, die Garni&#x017F;on-<lb/>
Kompagnien in Bayern, das Lehrbataillon, die Unteroffizier&#x017F;chulen,<lb/>
Schieß&#x017F;chulen, die Kadettenkorps und andere Militair-Erziehungs-<lb/>
und Bildungs-An&#x017F;talten <note place="foot" n="1)">Vgl. Motive a. a. O. Ueber die&#x017F;e Schulen vgl. §. 86. <hi rendition="#aq">VIII.</hi></note>. In dem Militairge&#x017F;etz &#x017F;ind die&#x017F;elben<lb/>
nicht erwähnt und es i&#x017F;t unterla&#x017F;&#x017F;en, einen Vorbehalt rück&#x017F;ichtlich<lb/>
der&#x017F;elben zu machen. Aus den Motiven zum §. 2 des Militair-<lb/>
ge&#x017F;etzes und aus den Verhandlungen des Reichstages ergibt &#x017F;ich<lb/>
aber, daß die&#x017F;e Formationen <hi rendition="#g">neben</hi> den im §§. 2 u. 3 des Mi-<lb/>
litairge&#x017F;etzes erwähnten be&#x017F;tehen und &#x017F;ie &#x017F;ind auch in den jährlichen<lb/>
Etats-Ge&#x017F;etzen des Reiches anerkannt worden. Hin&#x017F;ichtlich die&#x017F;er<lb/>
be&#x017F;onderen Formationen be&#x017F;teht das verfa&#x017F;&#x017F;ungsmäßige Organi&#x017F;a-<lb/>
tionsrecht des Kai&#x017F;ers unge&#x017F;chmälert fort und es findet &#x017F;eine<lb/>
Schranke lediglich in dem Budgetrecht des Bundesrathes und des<lb/>
Reichstages.</p><lb/>
              <p>3. Die näch&#x017F;t höhere Einheit i&#x017F;t das <hi rendition="#g">Regiment</hi>; die For-<lb/>
mation der&#x017F;elben i&#x017F;t dem Kai&#x017F;er (in Bayern dem Könige) über-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en und es i&#x017F;t nur angeordnet <note place="foot" n="2)">Milit.Ge&#x017F;. §. 2 Ab&#x017F;. 2.</note>, daß &#x201E;in der Regel&#x201C; ein Re-<lb/>
giment gebildet wird</p><lb/>
              <list>
                <item>bei der Infanterie aus 3 Bataillonen <note place="foot" n="3)">Für die <hi rendition="#g">Jägerbataillone</hi> be&#x017F;tehen keine Regimentsverbände.<lb/>
Sämmtliche Infanterie-Regimenter haben 3 Bataillone mit alleiniger Aus-<lb/>
nahme des 2. Großherz. He&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Nr. 116, welches nur 2 Bataillone hat.<lb/>
Vgl. Anl. zu Art. 2 der He&#x017F;&#x017F;. Militair-Konvent. v. 1871.</note></item><lb/>
                <item>bei der Kavallerie aus 5 Eskadrons</item><lb/>
                <item>bei der Artillerie aus 2 bis 3 Abtheilungen re&#x017F;p. Bataillonen.</item>
              </list><lb/>
              <p>4. Zwei oder drei Regimenter (der&#x017F;elben Waffengattung) wer-<lb/>
den zu einer <hi rendition="#g">Brigade</hi>, zwei oder drei Brigaden der Infanterie<lb/>
und Kavallerie zu einer <hi rendition="#g">Divi&#x017F;ion</hi> vereinigt <note place="foot" n="4)">Mil.Ge&#x017F;. §. 3 Ab&#x017F;. 1.</note>. Weder die Zahl<lb/>
noch die Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung der Brigaden und Divi&#x017F;ionen i&#x017F;t ge&#x017F;etz-<lb/>
lich fixirt, al&#x017F;o von der Anordnung des Kai&#x017F;ers (re&#x017F;p. des Königs<lb/>
von Bayern) abhängig; jedoch enthalten die Anlagen zu den Mi-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Laband</hi>, Reichs&#x017F;taatsrecht. <hi rendition="#aq">III.</hi> 6</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0091] §. 83. Das ſtehende Heer. Kaiſerl. Verordnung erhöht werden; es iſt hierzu ein Reichsgeſetz erforderlich. Dagegen bleiben von dieſer geſetzlichen Feſtſtellung unberührt die ſogenannten „beſonderen Formationen“; dazu gehören die Ei- ſenbahntruppen, die Landwehr-Bezirks-Kommandos, die Garniſon- Kompagnien in Bayern, das Lehrbataillon, die Unteroffizierſchulen, Schießſchulen, die Kadettenkorps und andere Militair-Erziehungs- und Bildungs-Anſtalten 1). In dem Militairgeſetz ſind dieſelben nicht erwähnt und es iſt unterlaſſen, einen Vorbehalt rückſichtlich derſelben zu machen. Aus den Motiven zum §. 2 des Militair- geſetzes und aus den Verhandlungen des Reichstages ergibt ſich aber, daß dieſe Formationen neben den im §§. 2 u. 3 des Mi- litairgeſetzes erwähnten beſtehen und ſie ſind auch in den jährlichen Etats-Geſetzen des Reiches anerkannt worden. Hinſichtlich dieſer beſonderen Formationen beſteht das verfaſſungsmäßige Organiſa- tionsrecht des Kaiſers ungeſchmälert fort und es findet ſeine Schranke lediglich in dem Budgetrecht des Bundesrathes und des Reichstages. 3. Die nächſt höhere Einheit iſt das Regiment; die For- mation derſelben iſt dem Kaiſer (in Bayern dem Könige) über- laſſen und es iſt nur angeordnet 2), daß „in der Regel“ ein Re- giment gebildet wird bei der Infanterie aus 3 Bataillonen 3) bei der Kavallerie aus 5 Eskadrons bei der Artillerie aus 2 bis 3 Abtheilungen reſp. Bataillonen. 4. Zwei oder drei Regimenter (derſelben Waffengattung) wer- den zu einer Brigade, zwei oder drei Brigaden der Infanterie und Kavallerie zu einer Diviſion vereinigt 4). Weder die Zahl noch die Zuſammenſetzung der Brigaden und Diviſionen iſt geſetz- lich fixirt, alſo von der Anordnung des Kaiſers (reſp. des Königs von Bayern) abhängig; jedoch enthalten die Anlagen zu den Mi- 1) Vgl. Motive a. a. O. Ueber dieſe Schulen vgl. §. 86. VIII. 2) Milit.Geſ. §. 2 Abſ. 2. 3) Für die Jägerbataillone beſtehen keine Regimentsverbände. Sämmtliche Infanterie-Regimenter haben 3 Bataillone mit alleiniger Aus- nahme des 2. Großherz. Heſſiſchen Nr. 116, welches nur 2 Bataillone hat. Vgl. Anl. zu Art. 2 der Heſſ. Militair-Konvent. v. 1871. 4) Mil.Geſ. §. 3 Abſ. 1. Laband, Reichsſtaatsrecht. III. 6

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/91
Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/91>, abgerufen am 24.11.2024.