Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.§. 82. Die Festungen und Kriegshäfen. sind im Frieden auch rücksichtlich der Bayerischen Festungen ausge-schlossen 1) und es steht ihm nur ein Recht zur Inspektion derselben in demjenigen Umfange zu, der oben S. 40 für die Inspektion des Bayerischen Kontingents festgestellt worden ist. Die Erhaltung der Festungen Ingolstadt und Germersheim und der im Bayerischen Gebiete auf Kosten des Reiches etwa künftig errichteten Festungen in vollkommen vertheidigungsfähigem Stande ist eine verfassungs- mäßige Pflicht Bayerns, die es gemäß der ihm eingeräumten mili- tairischen Sonderstellung unabhängig und selbstständig zu erfüllen hat 2). Im Kriege dagegen, d. h. mit Anordnung der Kriegsbe- reitschaft (Mobilisirung) des Bayerischen Kontingents erstreckt sich der militairische Oberbefehl des Kaisers auch auf die Bayerischen Festungen. Das Preuß. Gesetz über den Belagerungszustand findet in Bayern aber auch im Fall des Krieges keine Anwendung 3). 4. Alle im Bundesgebiet vorhandenen Festungswerke, mögen 1) In Betreff der Fortifikation von Neu-Ulm siehe unten Nro. 5. 2) Schlußprotokoll vom 23. Nov. 1870 Art. XIV §. 1. 3) Siehe oben S. 48. 4) R.G. vom 25. Mai 1873 §. 1 (R.G.Bl. S. 113). Ueber die Rückgabe entbehrlich werdender Festungsgrundstücke vgl. §. 7 u. 8 desselben Gesetzes und Art. IV Abs. 1 und V des R.G. vom 30. Mai 1873 (R.G.Bl. S. 124). 5) Vertr. vom 23. Nov. 1870 III §. 5 (Zusatz zu Art. 58 der R.V.). 6) Schlußprotok. vom 23. Nov. 1870 §. 2. Auf solches mobiles Festungs-
§. 82. Die Feſtungen und Kriegshäfen. ſind im Frieden auch rückſichtlich der Bayeriſchen Feſtungen ausge-ſchloſſen 1) und es ſteht ihm nur ein Recht zur Inſpektion derſelben in demjenigen Umfange zu, der oben S. 40 für die Inſpektion des Bayeriſchen Kontingents feſtgeſtellt worden iſt. Die Erhaltung der Feſtungen Ingolſtadt und Germersheim und der im Bayeriſchen Gebiete auf Koſten des Reiches etwa künftig errichteten Feſtungen in vollkommen vertheidigungsfähigem Stande iſt eine verfaſſungs- mäßige Pflicht Bayerns, die es gemäß der ihm eingeräumten mili- tairiſchen Sonderſtellung unabhängig und ſelbſtſtändig zu erfüllen hat 2). Im Kriege dagegen, d. h. mit Anordnung der Kriegsbe- reitſchaft (Mobiliſirung) des Bayeriſchen Kontingents erſtreckt ſich der militairiſche Oberbefehl des Kaiſers auch auf die Bayeriſchen Feſtungen. Das Preuß. Geſetz über den Belagerungszuſtand findet in Bayern aber auch im Fall des Krieges keine Anwendung 3). 4. Alle im Bundesgebiet vorhandenen Feſtungswerke, mögen 1) In Betreff der Fortifikation von Neu-Ulm ſiehe unten Nro. 5. 2) Schlußprotokoll vom 23. Nov. 1870 Art. XIV §. 1. 3) Siehe oben S. 48. 4) R.G. vom 25. Mai 1873 §. 1 (R.G.Bl. S. 113). Ueber die Rückgabe entbehrlich werdender Feſtungsgrundſtücke vgl. §. 7 u. 8 deſſelben Geſetzes und Art. IV Abſ. 1 und V des R.G. vom 30. Mai 1873 (R.G.Bl. S. 124). 5) Vertr. vom 23. Nov. 1870 III §. 5 (Zuſatz zu Art. 58 der R.V.). 6) Schlußprotok. vom 23. Nov. 1870 §. 2. Auf ſolches mobiles Feſtungs-
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§. 82. Die Feſtungen und Kriegshäfen.
ſind im Frieden auch rückſichtlich der Bayeriſchen Feſtungen ausge-
ſchloſſen 1) und es ſteht ihm nur ein Recht zur Inſpektion derſelben
in demjenigen Umfange zu, der oben S. 40 für die Inſpektion
des Bayeriſchen Kontingents feſtgeſtellt worden iſt. Die Erhaltung
der Feſtungen Ingolſtadt und Germersheim und der im Bayeriſchen
Gebiete auf Koſten des Reiches etwa künftig errichteten Feſtungen
in vollkommen vertheidigungsfähigem Stande iſt eine verfaſſungs-
mäßige Pflicht Bayerns, die es gemäß der ihm eingeräumten mili-
tairiſchen Sonderſtellung unabhängig und ſelbſtſtändig zu erfüllen
hat 2). Im Kriege dagegen, d. h. mit Anordnung der Kriegsbe-
reitſchaft (Mobiliſirung) des Bayeriſchen Kontingents erſtreckt ſich
der militairiſche Oberbefehl des Kaiſers auch auf die Bayeriſchen
Feſtungen. Das Preuß. Geſetz über den Belagerungszuſtand findet
in Bayern aber auch im Fall des Krieges keine Anwendung 3).
4. Alle im Bundesgebiet vorhandenen Feſtungswerke, mögen
dieſelben bei Gründung des Norddeutſchen Bundes beziehentl. des
Deutſchen Reiches ſchon vorhanden geweſen oder erſt ſpäter herge-
ſtellt worden ſein, nebſt allen dazu gehörenden Gebäuden, Grund-
ſtücken und Ausrüſtungsgegenſtänden ſind Eigenthum des
Deutſchen Reichs 4). Dagegen iſt das geſammte in Bayern
befindliche Feſtungs-Material an unbeweglichen und beweg-
lichen Gegenſtänden Eigenthum des Königreichs Bayern, da die
Verwaltung der Bayeriſchen Feſtungen, ihre Ausrüſtung, Erhaltung
u. ſ. w. nicht aus Reichsmitteln erfolgt, ſondern Bayern dieſe
Koſten ausſchließlich und allein trägt 5). Auch für den Fall, daß
in Bayern auf gemeinſchaftliche Koſten neue Befeſtigungen ange-
legt werden ſollten, iſt verabredet worden, daß dieſelben bezüglich
ihres immobilen Materials in das ausſchließliche Eigenthum Bayerns
treten, während das bewegliche Material gemeinſames Eigenthum
der Staaten des Bundes, das heißt Miteigenthum des Reiches
und Bayerns, wird 6).
1) In Betreff der Fortifikation von Neu-Ulm ſiehe unten Nro. 5.
2) Schlußprotokoll vom 23. Nov. 1870 Art. XIV §. 1.
3) Siehe oben S. 48.
4) R.G. vom 25. Mai 1873 §. 1 (R.G.Bl. S. 113). Ueber die Rückgabe
entbehrlich werdender Feſtungsgrundſtücke vgl. §. 7 u. 8 deſſelben Geſetzes und
Art. IV Abſ. 1 und V des R.G. vom 30. Mai 1873 (R.G.Bl. S. 124).
5) Vertr. vom 23. Nov. 1870 III §. 5 (Zuſatz zu Art. 58 der R.V.).
6) Schlußprotok. vom 23. Nov. 1870 §. 2. Auf ſolches mobiles Feſtungs-
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