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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 81. Die Militairhoheitsrechte der Einzelstaaten.
Kontingente fällt sie von selbst fort wegen der Identität des
Dienstherrn und des Kaisers. Auf Bayern ist die Anwendung des
Art. 64 Abs. 3 verfassungsmäßig ausgeschlossen; vertragsmäßig
ist dieselbe zwar für einige Offiziersstellen in Ulm in Geltung ge-
setzt worden, jedoch mit der Maßgabe, daß der Kaiser diese Stellen
auf Vorschlag der Bayerischen Regierung besetzt und bei der
Ernennung zum Ausdruck bringt, daß dieselbe entsprechend dem
Vorschlage des Königs von Bayern erfolgt sei 1). Württemberg
ist die Zusicherung ertheilt worden, daß der Kaiser, wenn er für
eine von ihm zu besetzende Stelle einen Offizier aus dem Württem-
bergischen Armeekorps wählen will, sich mit dem König von Würt-
temberg vorher ins Vernehmen setzen werde 2). Mit Sachsen
ist vereinbart worden, daß der Kaiser von dem in Rede stehenden
Recht nur dann Gebrauch machen wolle, wenn mit der Verwendung
des Sächsischen Offiziers im Reichsdienste eine Beförderung ver-
bunden ist 3). Thatsächlich wird wol diese Schranke auch den
Offizieren des Braunschweigischen Kontingents gegenüber
beobachtet, obwohl es hier an einer verpflichtenden Zusage fehlt.

Im Zusammenhange mit dem im Art. 64 Abs. 3 der R.V.
dem Kaiser eingeräumten Rechte steht die Aufstellung jährlicher
Personal- und Qualifikationsberichte über die Offiziere des Würt-
tembergischen und des Sächsischen Armeekorps vom Stabsoffizier
aufwärts nach Preußischem Schema und die Einsendung dieser
Berichte an den Kaiser 4).

Keine Ausnahme von der Dienstgewalt der Kontingentsherren,
sondern eine Bestätigung und Anerkennung derselben ist die Fest-
setzung, daß zur Beförderung der Gleichmäßigkeit in der Ausbil-
dung und dem inneren Dienst der Truppen nach gegenseitiger
Verabredung
einige Sächsische und Württembergische Offiziere

1) Ulmer Separat-Protokoll vom 16. Juni 1874 Art. 2 Abs. 1. Diese
im Reichsdienste verwendeten Bayerischen Offiziere und Militairbeamte werden
für den Kaiser vereidigt. Hauptprotokoll vom 16. Juni 1874 Art. II Abs. 4
und Separat-Protok. Art. 2. -- Vgl. R.V. Art. 64 Abs. 2.
2) Württemb. Milit.-Konv. Art. 7 Abs. 1 und Art. 8.
3) Sächs. Milit.-Konv. Nachtragsprotokoll vom 8. Febr. 1867.
4) Vgl. für Württemberg die Mil.-Konv. Art. 7 Abs. 2; für Sachsen
die Mil.-Konv. Art. 7 Abs. 2. Dasselbe ist vereinbart für die im Reichsdienste
(in Ulm) verwendeten Bayerischen Offiziere und Beamten im Separat-
Protok. vom 16. Juni 1874 Art. 9.
5*

§. 81. Die Militairhoheitsrechte der Einzelſtaaten.
Kontingente fällt ſie von ſelbſt fort wegen der Identität des
Dienſtherrn und des Kaiſers. Auf Bayern iſt die Anwendung des
Art. 64 Abſ. 3 verfaſſungsmäßig ausgeſchloſſen; vertragsmäßig
iſt dieſelbe zwar für einige Offiziersſtellen in Ulm in Geltung ge-
ſetzt worden, jedoch mit der Maßgabe, daß der Kaiſer dieſe Stellen
auf Vorſchlag der Bayeriſchen Regierung beſetzt und bei der
Ernennung zum Ausdruck bringt, daß dieſelbe entſprechend dem
Vorſchlage des Königs von Bayern erfolgt ſei 1). Württemberg
iſt die Zuſicherung ertheilt worden, daß der Kaiſer, wenn er für
eine von ihm zu beſetzende Stelle einen Offizier aus dem Württem-
bergiſchen Armeekorps wählen will, ſich mit dem König von Würt-
temberg vorher ins Vernehmen ſetzen werde 2). Mit Sachſen
iſt vereinbart worden, daß der Kaiſer von dem in Rede ſtehenden
Recht nur dann Gebrauch machen wolle, wenn mit der Verwendung
des Sächſiſchen Offiziers im Reichsdienſte eine Beförderung ver-
bunden iſt 3). Thatſächlich wird wol dieſe Schranke auch den
Offizieren des Braunſchweigiſchen Kontingents gegenüber
beobachtet, obwohl es hier an einer verpflichtenden Zuſage fehlt.

Im Zuſammenhange mit dem im Art. 64 Abſ. 3 der R.V.
dem Kaiſer eingeräumten Rechte ſteht die Aufſtellung jährlicher
Perſonal- und Qualifikationsberichte über die Offiziere des Würt-
tembergiſchen und des Sächſiſchen Armeekorps vom Stabsoffizier
aufwärts nach Preußiſchem Schema und die Einſendung dieſer
Berichte an den Kaiſer 4).

Keine Ausnahme von der Dienſtgewalt der Kontingentsherren,
ſondern eine Beſtätigung und Anerkennung derſelben iſt die Feſt-
ſetzung, daß zur Beförderung der Gleichmäßigkeit in der Ausbil-
dung und dem inneren Dienſt der Truppen nach gegenſeitiger
Verabredung
einige Sächſiſche und Württembergiſche Offiziere

1) Ulmer Separat-Protokoll vom 16. Juni 1874 Art. 2 Abſ. 1. Dieſe
im Reichsdienſte verwendeten Bayeriſchen Offiziere und Militairbeamte werden
für den Kaiſer vereidigt. Hauptprotokoll vom 16. Juni 1874 Art. II Abſ. 4
und Separat-Protok. Art. 2. — Vgl. R.V. Art. 64 Abſ. 2.
2) Württemb. Milit.-Konv. Art. 7 Abſ. 1 und Art. 8.
3) Sächſ. Milit.-Konv. Nachtragsprotokoll vom 8. Febr. 1867.
4) Vgl. für Württemberg die Mil.-Konv. Art. 7 Abſ. 2; für Sachſen
die Mil.-Konv. Art. 7 Abſ. 2. Daſſelbe iſt vereinbart für die im Reichsdienſte
(in Ulm) verwendeten Bayeriſchen Offiziere und Beamten im Separat-
Protok. vom 16. Juni 1874 Art. 9.
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[67/0077] §. 81. Die Militairhoheitsrechte der Einzelſtaaten. Kontingente fällt ſie von ſelbſt fort wegen der Identität des Dienſtherrn und des Kaiſers. Auf Bayern iſt die Anwendung des Art. 64 Abſ. 3 verfaſſungsmäßig ausgeſchloſſen; vertragsmäßig iſt dieſelbe zwar für einige Offiziersſtellen in Ulm in Geltung ge- ſetzt worden, jedoch mit der Maßgabe, daß der Kaiſer dieſe Stellen auf Vorſchlag der Bayeriſchen Regierung beſetzt und bei der Ernennung zum Ausdruck bringt, daß dieſelbe entſprechend dem Vorſchlage des Königs von Bayern erfolgt ſei 1). Württemberg iſt die Zuſicherung ertheilt worden, daß der Kaiſer, wenn er für eine von ihm zu beſetzende Stelle einen Offizier aus dem Württem- bergiſchen Armeekorps wählen will, ſich mit dem König von Würt- temberg vorher ins Vernehmen ſetzen werde 2). Mit Sachſen iſt vereinbart worden, daß der Kaiſer von dem in Rede ſtehenden Recht nur dann Gebrauch machen wolle, wenn mit der Verwendung des Sächſiſchen Offiziers im Reichsdienſte eine Beförderung ver- bunden iſt 3). Thatſächlich wird wol dieſe Schranke auch den Offizieren des Braunſchweigiſchen Kontingents gegenüber beobachtet, obwohl es hier an einer verpflichtenden Zuſage fehlt. Im Zuſammenhange mit dem im Art. 64 Abſ. 3 der R.V. dem Kaiſer eingeräumten Rechte ſteht die Aufſtellung jährlicher Perſonal- und Qualifikationsberichte über die Offiziere des Würt- tembergiſchen und des Sächſiſchen Armeekorps vom Stabsoffizier aufwärts nach Preußiſchem Schema und die Einſendung dieſer Berichte an den Kaiſer 4). Keine Ausnahme von der Dienſtgewalt der Kontingentsherren, ſondern eine Beſtätigung und Anerkennung derſelben iſt die Feſt- ſetzung, daß zur Beförderung der Gleichmäßigkeit in der Ausbil- dung und dem inneren Dienſt der Truppen nach gegenſeitiger Verabredung einige Sächſiſche und Württembergiſche Offiziere 1) Ulmer Separat-Protokoll vom 16. Juni 1874 Art. 2 Abſ. 1. Dieſe im Reichsdienſte verwendeten Bayeriſchen Offiziere und Militairbeamte werden für den Kaiſer vereidigt. Hauptprotokoll vom 16. Juni 1874 Art. II Abſ. 4 und Separat-Protok. Art. 2. — Vgl. R.V. Art. 64 Abſ. 2. 2) Württemb. Milit.-Konv. Art. 7 Abſ. 1 und Art. 8. 3) Sächſ. Milit.-Konv. Nachtragsprotokoll vom 8. Febr. 1867. 4) Vgl. für Württemberg die Mil.-Konv. Art. 7 Abſ. 2; für Sachſen die Mil.-Konv. Art. 7 Abſ. 2. Daſſelbe iſt vereinbart für die im Reichsdienſte (in Ulm) verwendeten Bayeriſchen Offiziere und Beamten im Separat- Protok. vom 16. Juni 1874 Art. 9. 5*

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/77>, abgerufen am 24.11.2024.