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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 91. Die Versorgung der Militairpersonen und ihrer Hinterbliebenen.
weit nicht die älteren Bestimmungen für die Pensionäre günstiger
sind 1).

2. Die Verpflichtung des Staates zur Versorgung der Mili-
tairpersonen beruht darauf, daß der Militairdienst den Betrieb
einer andern Erwerbsthätigkeit stört oder ganz verhindert. Dies
geschieht aber in doppelter Weise, theils dadurch, daß während
der Leistung des Militairdienstes, also während der Dienstzeit,
die Erfüllung jedes andern Lebensberufes unthunlich ist, theils da-
durch, daß der Militairdienst mit Gefahren für die Gesundheit
verbunden ist, daß also in Folge desselben eine dauernde Störung
der Erwerbsfähigkeit und unter Umständen noch überdies eine be-
sondere Pflegebedürftigkeit eintreten kann. Das Pensionsgesetz er-
kennt demgemäß zwei verschiedene Grundlagen für die Versorgungs-
Ansprüche an, die Dienstzeit und die Dienstbeschädi-
gung
.

Der erste dieser Gründe der staatlichen Versorgungspflicht steht
in einer engen Beziehung zum Rechtsgrunde der Militairdienst-
pflicht. Die Störung in dem Aufsuchen von Erwerbsquellen durch
den Militairdienst wird nämlich nur dann als erheblich genug er-
achtet um eine Versorgungspflicht des Staates zu begründen, wenn
der Dienst lange Zeit hindurch geleistet worden ist. Sowie den
Beamten nach dem Reichsges. v. 31. März 1873 § 34 der An-
spruch auf Pension nur nach einer Dienstzeit von wenigstens 10
Jahren zusteht, so auch den Offizieren nur nach 10jähriger, den
zur Klasse der Unteroffiziere und Gemeinen gehörenden Personen
nach achtjähriger Dienstzeit 2). Diese Zeiträume sind bedeutend
größer als die Zeit des aktiven Militairdienstes auf Grund der
gesetzlichen Wehrpflicht im Frieden; die gesetzliche aktive Friedens-
Dienstzeit ist in allen Fällen viel zu kurz, als daß der Staat
durch sie einen Versorgungs-Anspruch für rechtlich begründet aner-
kennt. Das Militairverhältniß der Personen des Beurlaubten-
standes aber involvirt überhaupt keine so eingreifende Beschränkung

1) Pens.Ges. §. 33 c und 47 Abs. 2. §§. 99--108 und §. 112 Abs. 2.
Nov. v. 4. Apr. 1874 §. 17.
2) Pens.Ges. §. 2. 58. Vor Vollendung dieser Dienstzeit kann jedoch
im Falle der Bedürftigkeit eine Pension entweder auf bestimmte Zeit
oder lebenslänglich bewilligt werden. Pens.Ges. §. 5. §. 9 Abs. 3 u. §. 110.

§. 91. Die Verſorgung der Militairperſonen und ihrer Hinterbliebenen.
weit nicht die älteren Beſtimmungen für die Penſionäre günſtiger
ſind 1).

2. Die Verpflichtung des Staates zur Verſorgung der Mili-
tairperſonen beruht darauf, daß der Militairdienſt den Betrieb
einer andern Erwerbsthätigkeit ſtört oder ganz verhindert. Dies
geſchieht aber in doppelter Weiſe, theils dadurch, daß während
der Leiſtung des Militairdienſtes, alſo während der Dienſtzeit,
die Erfüllung jedes andern Lebensberufes unthunlich iſt, theils da-
durch, daß der Militairdienſt mit Gefahren für die Geſundheit
verbunden iſt, daß alſo in Folge desſelben eine dauernde Störung
der Erwerbsfähigkeit und unter Umſtänden noch überdies eine be-
ſondere Pflegebedürftigkeit eintreten kann. Das Penſionsgeſetz er-
kennt demgemäß zwei verſchiedene Grundlagen für die Verſorgungs-
Anſprüche an, die Dienſtzeit und die Dienſtbeſchädi-
gung
.

Der erſte dieſer Gründe der ſtaatlichen Verſorgungspflicht ſteht
in einer engen Beziehung zum Rechtsgrunde der Militairdienſt-
pflicht. Die Störung in dem Aufſuchen von Erwerbsquellen durch
den Militairdienſt wird nämlich nur dann als erheblich genug er-
achtet um eine Verſorgungspflicht des Staates zu begründen, wenn
der Dienſt lange Zeit hindurch geleiſtet worden iſt. Sowie den
Beamten nach dem Reichsgeſ. v. 31. März 1873 § 34 der An-
ſpruch auf Penſion nur nach einer Dienſtzeit von wenigſtens 10
Jahren zuſteht, ſo auch den Offizieren nur nach 10jähriger, den
zur Klaſſe der Unteroffiziere und Gemeinen gehörenden Perſonen
nach achtjähriger Dienſtzeit 2). Dieſe Zeiträume ſind bedeutend
größer als die Zeit des aktiven Militairdienſtes auf Grund der
geſetzlichen Wehrpflicht im Frieden; die geſetzliche aktive Friedens-
Dienſtzeit iſt in allen Fällen viel zu kurz, als daß der Staat
durch ſie einen Verſorgungs-Anſpruch für rechtlich begründet aner-
kennt. Das Militairverhältniß der Perſonen des Beurlaubten-
ſtandes aber involvirt überhaupt keine ſo eingreifende Beſchränkung

1) Penſ.Geſ. §. 33 c und 47 Abſ. 2. §§. 99—108 und §. 112 Abſ. 2.
Nov. v. 4. Apr. 1874 §. 17.
2) Penſ.Geſ. §. 2. 58. Vor Vollendung dieſer Dienſtzeit kann jedoch
im Falle der Bedürftigkeit eine Penſion entweder auf beſtimmte Zeit
oder lebenslänglich bewilligt werden. Penſ.Geſ. §. 5. §. 9 Abſ. 3 u. §. 110.
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[278/0288] §. 91. Die Verſorgung der Militairperſonen und ihrer Hinterbliebenen. weit nicht die älteren Beſtimmungen für die Penſionäre günſtiger ſind 1). 2. Die Verpflichtung des Staates zur Verſorgung der Mili- tairperſonen beruht darauf, daß der Militairdienſt den Betrieb einer andern Erwerbsthätigkeit ſtört oder ganz verhindert. Dies geſchieht aber in doppelter Weiſe, theils dadurch, daß während der Leiſtung des Militairdienſtes, alſo während der Dienſtzeit, die Erfüllung jedes andern Lebensberufes unthunlich iſt, theils da- durch, daß der Militairdienſt mit Gefahren für die Geſundheit verbunden iſt, daß alſo in Folge desſelben eine dauernde Störung der Erwerbsfähigkeit und unter Umſtänden noch überdies eine be- ſondere Pflegebedürftigkeit eintreten kann. Das Penſionsgeſetz er- kennt demgemäß zwei verſchiedene Grundlagen für die Verſorgungs- Anſprüche an, die Dienſtzeit und die Dienſtbeſchädi- gung. Der erſte dieſer Gründe der ſtaatlichen Verſorgungspflicht ſteht in einer engen Beziehung zum Rechtsgrunde der Militairdienſt- pflicht. Die Störung in dem Aufſuchen von Erwerbsquellen durch den Militairdienſt wird nämlich nur dann als erheblich genug er- achtet um eine Verſorgungspflicht des Staates zu begründen, wenn der Dienſt lange Zeit hindurch geleiſtet worden iſt. Sowie den Beamten nach dem Reichsgeſ. v. 31. März 1873 § 34 der An- ſpruch auf Penſion nur nach einer Dienſtzeit von wenigſtens 10 Jahren zuſteht, ſo auch den Offizieren nur nach 10jähriger, den zur Klaſſe der Unteroffiziere und Gemeinen gehörenden Perſonen nach achtjähriger Dienſtzeit 2). Dieſe Zeiträume ſind bedeutend größer als die Zeit des aktiven Militairdienſtes auf Grund der geſetzlichen Wehrpflicht im Frieden; die geſetzliche aktive Friedens- Dienſtzeit iſt in allen Fällen viel zu kurz, als daß der Staat durch ſie einen Verſorgungs-Anſpruch für rechtlich begründet aner- kennt. Das Militairverhältniß der Perſonen des Beurlaubten- ſtandes aber involvirt überhaupt keine ſo eingreifende Beſchränkung 1) Penſ.Geſ. §. 33 c und 47 Abſ. 2. §§. 99—108 und §. 112 Abſ. 2. Nov. v. 4. Apr. 1874 §. 17. 2) Penſ.Geſ. §. 2. 58. Vor Vollendung dieſer Dienſtzeit kann jedoch im Falle der Bedürftigkeit eine Penſion entweder auf beſtimmte Zeit oder lebenslänglich bewilligt werden. Penſ.Geſ. §. 5. §. 9 Abſ. 3 u. §. 110.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/288>, abgerufen am 22.11.2024.