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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 90. Einfluß d. Militairdienst-Verhältnisses auf and. Rechtsverhältnisse.
zen Gebiet des Norddeutschen Bundes, soweit sie in demselben
noch nicht Geltung hatten, eingeführt 1). Die Rechtsgültigkeit dieser
Verordnung wurde zwar sofort und von vielen Seiten bestritten 2),
von der Bundesregierung aber aufrecht erhalten. Die Entschei-
dung der Frage hängt theoretisch lediglich davon ab, ob man unter
dem Ausdruck "Militairgesetzgebung" auch die Vorschriften über
Veranlagung und Erhebung von Kommunalsteuern hinsichtlich der
Militairpersonen mitbegreifen kann. Da der Ausdruck "Militair-
gesetzgebung" eine fest bestimmte technische Bedeutung nicht hat und
die Protokolle und Reichstags-Verhandlungen über den Entw. der
Norddeutschen Bundesverf. eine Erläuterung des Umfangs dieses
Begriffes nicht enthalten, so läßt sich eine zweifellose und unbe-
dingte Beantwortung dieser Frage nicht gewinnen; nach dem Wort-
sinn und gewöhnlichen Sprachgebrauch wird man allerdings ge-
neigt sein, den Ausdruck auf die Steuergesetzgebung nicht aus-
zudehnen, wie ja auch kein Versuch gemacht wurde, die Vorschrif-
ten des Preuß. Rechts über die Heranziehung der Militairpersonen
zu den Staatssteuern im Wege der Präsidialverordnung auf
das Bundesgebiet auszudehnen. Thatsächlich ist jedoch die Ver-
ordn. v. 22. Dezemb. 1868 im Gebiet des ehemal. Nordd. Bun-
des in Geltung geblieben und durch die Militair-Konventionen 3)
ist ihr diese Geltung bis zu einer Regelung im Wege der Reichs-
gesetzgebung auch rechtlich gesichert worden; auf Grund der Mili-
tairkonventionen ist außerdem im ganzen Gebiet des Großherz.
Hessen und in Baden die Freiheit der Militairpersonen von Kom-
munalsteuern in demselben Umfange, in dem dieselbe in Preußen
besteht, gesetzlich anerkannt worden 4).


1) B.G.Bl. 1868 S. 571. Vgl. hierzu oben S. 20 fg.
2) Insbesondere auch im Reichstage des Nordd. Bundes. Vgl. Stenogr.
Berichte 1869 S. 220 ff. 1117 ff.
3) Mecklenburg v. 1868 Art. 9. (In Mecklenburg bestand bereits
gesetzlich für das Großherz. Militair Freiheit von Kommunal-Abgaben.) Ol-
denburg
Art. 18. Thüringen Art. 13. Anhalt Art. 13. Schwarzb.-
Sondershausen
Art. 11. Lippe-Detmold Art. 11. Schaum-
burg-Lippe
Art. 10. Waldeck v. 24. Nov. 1877 Art. 10. Lübeck
Art. 5 Abs. 4. Hamburg §. 10. Bremen §. 8. In allen diesen Kon-
ventionen ist übrigens die Steuerbefreiung nur denjenigen Militairpersonen
zugesichert, welche nicht Unterthanen des betreffenden Staates
sind
.
4) Diese Konventionen sind von den Ständen der beiden Großherzog-

§. 90. Einfluß d. Militairdienſt-Verhältniſſes auf and. Rechtsverhältniſſe.
zen Gebiet des Norddeutſchen Bundes, ſoweit ſie in demſelben
noch nicht Geltung hatten, eingeführt 1). Die Rechtsgültigkeit dieſer
Verordnung wurde zwar ſofort und von vielen Seiten beſtritten 2),
von der Bundesregierung aber aufrecht erhalten. Die Entſchei-
dung der Frage hängt theoretiſch lediglich davon ab, ob man unter
dem Ausdruck „Militairgeſetzgebung“ auch die Vorſchriften über
Veranlagung und Erhebung von Kommunalſteuern hinſichtlich der
Militairperſonen mitbegreifen kann. Da der Ausdruck „Militair-
geſetzgebung“ eine feſt beſtimmte techniſche Bedeutung nicht hat und
die Protokolle und Reichstags-Verhandlungen über den Entw. der
Norddeutſchen Bundesverf. eine Erläuterung des Umfangs dieſes
Begriffes nicht enthalten, ſo läßt ſich eine zweifelloſe und unbe-
dingte Beantwortung dieſer Frage nicht gewinnen; nach dem Wort-
ſinn und gewöhnlichen Sprachgebrauch wird man allerdings ge-
neigt ſein, den Ausdruck auf die Steuergeſetzgebung nicht aus-
zudehnen, wie ja auch kein Verſuch gemacht wurde, die Vorſchrif-
ten des Preuß. Rechts über die Heranziehung der Militairperſonen
zu den Staatsſteuern im Wege der Präſidialverordnung auf
das Bundesgebiet auszudehnen. Thatſächlich iſt jedoch die Ver-
ordn. v. 22. Dezemb. 1868 im Gebiet des ehemal. Nordd. Bun-
des in Geltung geblieben und durch die Militair-Konventionen 3)
iſt ihr dieſe Geltung bis zu einer Regelung im Wege der Reichs-
geſetzgebung auch rechtlich geſichert worden; auf Grund der Mili-
tairkonventionen iſt außerdem im ganzen Gebiet des Großherz.
Heſſen und in Baden die Freiheit der Militairperſonen von Kom-
munalſteuern in demſelben Umfange, in dem dieſelbe in Preußen
beſteht, geſetzlich anerkannt worden 4).


1) B.G.Bl. 1868 S. 571. Vgl. hierzu oben S. 20 fg.
2) Insbeſondere auch im Reichstage des Nordd. Bundes. Vgl. Stenogr.
Berichte 1869 S. 220 ff. 1117 ff.
3) Mecklenburg v. 1868 Art. 9. (In Mecklenburg beſtand bereits
geſetzlich für das Großherz. Militair Freiheit von Kommunal-Abgaben.) Ol-
denburg
Art. 18. Thüringen Art. 13. Anhalt Art. 13. Schwarzb.-
Sondershauſen
Art. 11. Lippe-Detmold Art. 11. Schaum-
burg-Lippe
Art. 10. Waldeck v. 24. Nov. 1877 Art. 10. Lübeck
Art. 5 Abſ. 4. Hamburg §. 10. Bremen §. 8. In allen dieſen Kon-
ventionen iſt übrigens die Steuerbefreiung nur denjenigen Militairperſonen
zugeſichert, welche nicht Unterthanen des betreffenden Staates
ſind
.
4) Dieſe Konventionen ſind von den Ständen der beiden Großherzog-
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[266/0276] §. 90. Einfluß d. Militairdienſt-Verhältniſſes auf and. Rechtsverhältniſſe. zen Gebiet des Norddeutſchen Bundes, ſoweit ſie in demſelben noch nicht Geltung hatten, eingeführt 1). Die Rechtsgültigkeit dieſer Verordnung wurde zwar ſofort und von vielen Seiten beſtritten 2), von der Bundesregierung aber aufrecht erhalten. Die Entſchei- dung der Frage hängt theoretiſch lediglich davon ab, ob man unter dem Ausdruck „Militairgeſetzgebung“ auch die Vorſchriften über Veranlagung und Erhebung von Kommunalſteuern hinſichtlich der Militairperſonen mitbegreifen kann. Da der Ausdruck „Militair- geſetzgebung“ eine feſt beſtimmte techniſche Bedeutung nicht hat und die Protokolle und Reichstags-Verhandlungen über den Entw. der Norddeutſchen Bundesverf. eine Erläuterung des Umfangs dieſes Begriffes nicht enthalten, ſo läßt ſich eine zweifelloſe und unbe- dingte Beantwortung dieſer Frage nicht gewinnen; nach dem Wort- ſinn und gewöhnlichen Sprachgebrauch wird man allerdings ge- neigt ſein, den Ausdruck auf die Steuergeſetzgebung nicht aus- zudehnen, wie ja auch kein Verſuch gemacht wurde, die Vorſchrif- ten des Preuß. Rechts über die Heranziehung der Militairperſonen zu den Staatsſteuern im Wege der Präſidialverordnung auf das Bundesgebiet auszudehnen. Thatſächlich iſt jedoch die Ver- ordn. v. 22. Dezemb. 1868 im Gebiet des ehemal. Nordd. Bun- des in Geltung geblieben und durch die Militair-Konventionen 3) iſt ihr dieſe Geltung bis zu einer Regelung im Wege der Reichs- geſetzgebung auch rechtlich geſichert worden; auf Grund der Mili- tairkonventionen iſt außerdem im ganzen Gebiet des Großherz. Heſſen und in Baden die Freiheit der Militairperſonen von Kom- munalſteuern in demſelben Umfange, in dem dieſelbe in Preußen beſteht, geſetzlich anerkannt worden 4). 1) B.G.Bl. 1868 S. 571. Vgl. hierzu oben S. 20 fg. 2) Insbeſondere auch im Reichstage des Nordd. Bundes. Vgl. Stenogr. Berichte 1869 S. 220 ff. 1117 ff. 3) Mecklenburg v. 1868 Art. 9. (In Mecklenburg beſtand bereits geſetzlich für das Großherz. Militair Freiheit von Kommunal-Abgaben.) Ol- denburg Art. 18. Thüringen Art. 13. Anhalt Art. 13. Schwarzb.- Sondershauſen Art. 11. Lippe-Detmold Art. 11. Schaum- burg-Lippe Art. 10. Waldeck v. 24. Nov. 1877 Art. 10. Lübeck Art. 5 Abſ. 4. Hamburg §. 10. Bremen §. 8. In allen dieſen Kon- ventionen iſt übrigens die Steuerbefreiung nur denjenigen Militairperſonen zugeſichert, welche nicht Unterthanen des betreffenden Staates ſind. 4) Dieſe Konventionen ſind von den Ständen der beiden Großherzog-

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/276>, abgerufen am 25.11.2024.