Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 90. Einfluß d. Militairdienst-Verhältnisses auf and. Rechtsverhältnisse.

a) Hinsichtlich der Staatssteuern. Das Militaireinkom-
men der Personen des Unteroffizier- und Gemeinenstandes, sowie
für den Fall einer Mobilmachung das Militaireinkommen aller An-
gehörigen des aktiven Heeres ist bei der Veranlagung bezw. Er-
hebung von Staatssteuern außer Betracht zu lassen 1). Für die
Besteuerung des Militaireinkommens der Offiziere und der andern
im Offiziersrang stehenden Militairpersonen, sowie für die Be-
steuerung des aus andern Quellen herfließenden Einkommens sämmt-
licher Militairpersonen enthält die Reichsgesetzgebung keine Vor-
schrift 2); ebenso ist die Feststellung eines angemessenen Steuer-
nachlasses für die Unteroffiziere und Gemeinen des Beurlaubten-
standes und deren Famlilien für die Monate, in welchen jene sich
im aktiven Dienst befinden, der Landesgesetzgebung überlassen 3).

b) Hinsichtlich der Kommunalsteuern enthält zwar weder
das Reichsmilitairgesetz noch ein anderes Reichsgesetz eine Anord-
nung 4), dessen ungeachtet besteht aber in dem größten Theile des
deutschen Bundesgebietes eine gleichmäßige weitreichende Befreiung
der Militairpersonen von den Gemeinde-, Kreis- und andern Kom-
munalsteuern. Auf Grund des Art. 61 der Verf. des Nordd.
Bundes, welcher die ungesäumte Einführung der gesammten "Preu-
ßischen Militairgesetzgebung" im ganzen Bundesgebiete vorschreibt,
wurden nämlich durch Verordnung des Bundes-Präsidiums vom
22. Dezemb. 1868 die in Preußen geltenden Vorschriften über die
Heranziehung der Militairpersonen zu Kommunalauflagen im gan-

1) Mil.Ges. §. 46 Abs. 2. Auch die Militair-Konventionen enthielten be-
reits durchweg die Bestimmung, daß das Diensteinkommen der Militairpersonen
unter Offizierrang überhaupt nicht, weder zu Staats- noch zu Gemeindezwecken
besteuert werden darf.
2) Gegenwärtig besteht in dieser Hinsicht eine sehr große Mannigfaltigkeit
der steuergesetzlichen Anordnungen. Eine Zusammenstellung einiger der wich-
tigsten Partikulargesetze hierüber findet sich in den Motiven zum Mil.Gesetz
S. 44. (Drucksachen des Reichstags I Sess. 1874 Nro. 9.)
3) Diese Bestimmung des Mil.Ges. §. 46 findet sich bereits wörtlich in
sämmtlichen Militair-Konventionen, welche im Jahre 1873 geschlossen worden
sind. Für Preußen vgl. das Gesetz über die Klassen- und Einkommensteuer
v. 25. Mai 1873 Art. I §. 5 und Art. II. (Ges. S. 213.)
4) Der von der Regierung vorgelegte Entwurf des Militairgesetzes ver-
suchte zwar die Freiheit der Militairpersonen von den Kommunalsteuern zur
formellen Anerkennung zu bringen, der Reichstag verweigerte aber seine Zu-
stimmung. Stenogr. Ber. 1874 S. 886 ff. 890 ff.
§. 90. Einfluß d. Militairdienſt-Verhältniſſes auf and. Rechtsverhältniſſe.

a) Hinſichtlich der Staatsſteuern. Das Militaireinkom-
men der Perſonen des Unteroffizier- und Gemeinenſtandes, ſowie
für den Fall einer Mobilmachung das Militaireinkommen aller An-
gehörigen des aktiven Heeres iſt bei der Veranlagung bezw. Er-
hebung von Staatsſteuern außer Betracht zu laſſen 1). Für die
Beſteuerung des Militaireinkommens der Offiziere und der andern
im Offiziersrang ſtehenden Militairperſonen, ſowie für die Be-
ſteuerung des aus andern Quellen herfließenden Einkommens ſämmt-
licher Militairperſonen enthält die Reichsgeſetzgebung keine Vor-
ſchrift 2); ebenſo iſt die Feſtſtellung eines angemeſſenen Steuer-
nachlaſſes für die Unteroffiziere und Gemeinen des Beurlaubten-
ſtandes und deren Famlilien für die Monate, in welchen jene ſich
im aktiven Dienſt befinden, der Landesgeſetzgebung überlaſſen 3).

b) Hinſichtlich der Kommunalſteuern enthält zwar weder
das Reichsmilitairgeſetz noch ein anderes Reichsgeſetz eine Anord-
nung 4), deſſen ungeachtet beſteht aber in dem größten Theile des
deutſchen Bundesgebietes eine gleichmäßige weitreichende Befreiung
der Militairperſonen von den Gemeinde-, Kreis- und andern Kom-
munalſteuern. Auf Grund des Art. 61 der Verf. des Nordd.
Bundes, welcher die ungeſäumte Einführung der geſammten „Preu-
ßiſchen Militairgeſetzgebung“ im ganzen Bundesgebiete vorſchreibt,
wurden nämlich durch Verordnung des Bundes-Präſidiums vom
22. Dezemb. 1868 die in Preußen geltenden Vorſchriften über die
Heranziehung der Militairperſonen zu Kommunalauflagen im gan-

1) Mil.Geſ. §. 46 Abſ. 2. Auch die Militair-Konventionen enthielten be-
reits durchweg die Beſtimmung, daß das Dienſteinkommen der Militairperſonen
unter Offizierrang überhaupt nicht, weder zu Staats- noch zu Gemeindezwecken
beſteuert werden darf.
2) Gegenwärtig beſteht in dieſer Hinſicht eine ſehr große Mannigfaltigkeit
der ſteuergeſetzlichen Anordnungen. Eine Zuſammenſtellung einiger der wich-
tigſten Partikulargeſetze hierüber findet ſich in den Motiven zum Mil.Geſetz
S. 44. (Druckſachen des Reichstags I Seſſ. 1874 Nro. 9.)
3) Dieſe Beſtimmung des Mil.Geſ. §. 46 findet ſich bereits wörtlich in
ſämmtlichen Militair-Konventionen, welche im Jahre 1873 geſchloſſen worden
ſind. Für Preußen vgl. das Geſetz über die Klaſſen- und Einkommenſteuer
v. 25. Mai 1873 Art. I §. 5 und Art. II. (Geſ. S. 213.)
4) Der von der Regierung vorgelegte Entwurf des Militairgeſetzes ver-
ſuchte zwar die Freiheit der Militairperſonen von den Kommunalſteuern zur
formellen Anerkennung zu bringen, der Reichstag verweigerte aber ſeine Zu-
ſtimmung. Stenogr. Ber. 1874 S. 886 ff. 890 ff.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0275" n="265"/>
              <fw place="top" type="header">§. 90. Einfluß d. Militairdien&#x017F;t-Verhältni&#x017F;&#x017F;es auf and. Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e.</fw><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">a</hi>) Hin&#x017F;ichtlich der <hi rendition="#g">Staats&#x017F;teuern</hi>. Das Militaireinkom-<lb/>
men der Per&#x017F;onen des Unteroffizier- und Gemeinen&#x017F;tandes, &#x017F;owie<lb/>
für den Fall einer Mobilmachung das Militaireinkommen aller An-<lb/>
gehörigen des aktiven Heeres i&#x017F;t bei der Veranlagung bezw. Er-<lb/>
hebung von Staats&#x017F;teuern außer Betracht zu la&#x017F;&#x017F;en <note place="foot" n="1)">Mil.Ge&#x017F;. §. 46 Ab&#x017F;. 2. Auch die Militair-Konventionen enthielten be-<lb/>
reits durchweg die Be&#x017F;timmung, daß das Dien&#x017F;teinkommen der Militairper&#x017F;onen<lb/>
unter Offizierrang überhaupt nicht, weder zu Staats- noch zu Gemeindezwecken<lb/>
be&#x017F;teuert werden darf.</note>. Für die<lb/>
Be&#x017F;teuerung des Militaireinkommens der Offiziere und der andern<lb/>
im Offiziersrang &#x017F;tehenden Militairper&#x017F;onen, &#x017F;owie für die Be-<lb/>
&#x017F;teuerung des aus andern Quellen herfließenden Einkommens &#x017F;ämmt-<lb/>
licher Militairper&#x017F;onen enthält die Reichsge&#x017F;etzgebung keine Vor-<lb/>
&#x017F;chrift <note place="foot" n="2)">Gegenwärtig be&#x017F;teht in die&#x017F;er Hin&#x017F;icht eine &#x017F;ehr große Mannigfaltigkeit<lb/>
der &#x017F;teuerge&#x017F;etzlichen Anordnungen. Eine Zu&#x017F;ammen&#x017F;tellung einiger der wich-<lb/>
tig&#x017F;ten Partikularge&#x017F;etze hierüber findet &#x017F;ich in den <hi rendition="#g">Motiven</hi> zum Mil.Ge&#x017F;etz<lb/>
S. 44. (Druck&#x017F;achen des Reichstags <hi rendition="#aq">I</hi> Se&#x017F;&#x017F;. 1874 Nro. 9.)</note>; eben&#x017F;o i&#x017F;t die Fe&#x017F;t&#x017F;tellung eines angeme&#x017F;&#x017F;enen Steuer-<lb/>
nachla&#x017F;&#x017F;es für die Unteroffiziere und Gemeinen des Beurlaubten-<lb/>
&#x017F;tandes und deren Famlilien für die Monate, in welchen jene &#x017F;ich<lb/>
im aktiven Dien&#x017F;t befinden, der Landesge&#x017F;etzgebung überla&#x017F;&#x017F;en <note place="foot" n="3)">Die&#x017F;e Be&#x017F;timmung des Mil.Ge&#x017F;. §. 46 findet &#x017F;ich bereits wörtlich in<lb/>
&#x017F;ämmtlichen Militair-Konventionen, welche im Jahre 1873 ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en worden<lb/>
&#x017F;ind. Für Preußen vgl. das Ge&#x017F;etz über die Kla&#x017F;&#x017F;en- und Einkommen&#x017F;teuer<lb/>
v. 25. Mai 1873 Art. <hi rendition="#aq">I</hi> §. 5 und Art. <hi rendition="#aq">II.</hi> (Ge&#x017F;. S. 213.)</note>.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">b</hi>) Hin&#x017F;ichtlich der <hi rendition="#g">Kommunal&#x017F;teuern</hi> enthält zwar weder<lb/>
das Reichsmilitairge&#x017F;etz noch ein anderes Reichsge&#x017F;etz eine Anord-<lb/>
nung <note place="foot" n="4)">Der von der Regierung vorgelegte Entwurf des Militairge&#x017F;etzes ver-<lb/>
&#x017F;uchte zwar die Freiheit der Militairper&#x017F;onen von den Kommunal&#x017F;teuern zur<lb/>
formellen Anerkennung zu bringen, der Reichstag verweigerte aber &#x017F;eine Zu-<lb/>
&#x017F;timmung. Stenogr. Ber. 1874 S. 886 ff. 890 ff.</note>, de&#x017F;&#x017F;en ungeachtet be&#x017F;teht aber in dem größten Theile des<lb/>
deut&#x017F;chen Bundesgebietes eine gleichmäßige weitreichende Befreiung<lb/>
der Militairper&#x017F;onen von den Gemeinde-, Kreis- und andern Kom-<lb/>
munal&#x017F;teuern. Auf Grund des Art. 61 der Verf. des Nordd.<lb/>
Bundes, welcher die unge&#x017F;äumte Einführung der ge&#x017F;ammten &#x201E;Preu-<lb/>
ßi&#x017F;chen Militairge&#x017F;etzgebung&#x201C; im ganzen Bundesgebiete vor&#x017F;chreibt,<lb/>
wurden nämlich durch Verordnung des Bundes-Prä&#x017F;idiums vom<lb/>
22. Dezemb. 1868 die in Preußen geltenden Vor&#x017F;chriften über die<lb/>
Heranziehung der Militairper&#x017F;onen zu Kommunalauflagen im gan-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[265/0275] §. 90. Einfluß d. Militairdienſt-Verhältniſſes auf and. Rechtsverhältniſſe. a) Hinſichtlich der Staatsſteuern. Das Militaireinkom- men der Perſonen des Unteroffizier- und Gemeinenſtandes, ſowie für den Fall einer Mobilmachung das Militaireinkommen aller An- gehörigen des aktiven Heeres iſt bei der Veranlagung bezw. Er- hebung von Staatsſteuern außer Betracht zu laſſen 1). Für die Beſteuerung des Militaireinkommens der Offiziere und der andern im Offiziersrang ſtehenden Militairperſonen, ſowie für die Be- ſteuerung des aus andern Quellen herfließenden Einkommens ſämmt- licher Militairperſonen enthält die Reichsgeſetzgebung keine Vor- ſchrift 2); ebenſo iſt die Feſtſtellung eines angemeſſenen Steuer- nachlaſſes für die Unteroffiziere und Gemeinen des Beurlaubten- ſtandes und deren Famlilien für die Monate, in welchen jene ſich im aktiven Dienſt befinden, der Landesgeſetzgebung überlaſſen 3). b) Hinſichtlich der Kommunalſteuern enthält zwar weder das Reichsmilitairgeſetz noch ein anderes Reichsgeſetz eine Anord- nung 4), deſſen ungeachtet beſteht aber in dem größten Theile des deutſchen Bundesgebietes eine gleichmäßige weitreichende Befreiung der Militairperſonen von den Gemeinde-, Kreis- und andern Kom- munalſteuern. Auf Grund des Art. 61 der Verf. des Nordd. Bundes, welcher die ungeſäumte Einführung der geſammten „Preu- ßiſchen Militairgeſetzgebung“ im ganzen Bundesgebiete vorſchreibt, wurden nämlich durch Verordnung des Bundes-Präſidiums vom 22. Dezemb. 1868 die in Preußen geltenden Vorſchriften über die Heranziehung der Militairperſonen zu Kommunalauflagen im gan- 1) Mil.Geſ. §. 46 Abſ. 2. Auch die Militair-Konventionen enthielten be- reits durchweg die Beſtimmung, daß das Dienſteinkommen der Militairperſonen unter Offizierrang überhaupt nicht, weder zu Staats- noch zu Gemeindezwecken beſteuert werden darf. 2) Gegenwärtig beſteht in dieſer Hinſicht eine ſehr große Mannigfaltigkeit der ſteuergeſetzlichen Anordnungen. Eine Zuſammenſtellung einiger der wich- tigſten Partikulargeſetze hierüber findet ſich in den Motiven zum Mil.Geſetz S. 44. (Druckſachen des Reichstags I Seſſ. 1874 Nro. 9.) 3) Dieſe Beſtimmung des Mil.Geſ. §. 46 findet ſich bereits wörtlich in ſämmtlichen Militair-Konventionen, welche im Jahre 1873 geſchloſſen worden ſind. Für Preußen vgl. das Geſetz über die Klaſſen- und Einkommenſteuer v. 25. Mai 1873 Art. I §. 5 und Art. II. (Geſ. S. 213.) 4) Der von der Regierung vorgelegte Entwurf des Militairgeſetzes ver- ſuchte zwar die Freiheit der Militairperſonen von den Kommunalſteuern zur formellen Anerkennung zu bringen, der Reichstag verweigerte aber ſeine Zu- ſtimmung. Stenogr. Ber. 1874 S. 886 ff. 890 ff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/275
Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/275>, abgerufen am 17.05.2024.