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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 89. Die freiwillig übernommene Militairdienstpflicht.
unter welchen Voraussetzungen dieses Recht verliehen wird, sind
nicht aufgestellt worden. In der Preußischen Armee ist es üblich,
daß bei einer Dienstzeit von mindestens 10 Jahren das Tragen
der Armee-Uniform, bei einer Dienstzeit von 15 Jahren oder bei
dem Ausscheiden in Folge einer im Kriege erhaltenen Verwundung
das Tragen der Regiments-Uniform gestattet wird 1), so daß die
mit Pension verabschiedeten Offiziere regelmäßig diese Befugniß
haben. Die Genehmigung ist von dem Bundesfürsten zu ertheilen,
von welchem die Offiziere desjenigen Kontingents ernannt werden,
in dem der Verabschiedete zuletzt aktiv gedient hat 2).

Alle mit Pension verabschiedeten Offiziere haben noch eine
subsidiäre und beschränkte Dienstpflicht, indem sie im Noth-
falle zu militairischen Diensten, zu welchen sie ihrem Gesundheits-
zustande nach geeignet sind, herangezogen werden können 3). Die
mit Pension verabschiedeten Offiziere werden deshalb zu den Mi-
litairpersonen gezählt; das Militair-Strafgesetzb. findet auf die-
selben Anwendung, soweit dies der Natur der Sache nach möglich
ist 4), sie unterliegen dem Militairgerichtsstande 5) und -- falls sie
das Recht haben, die Militairuniform zu tragen -- den Offiziers-
Ehrengerichten 6).

b) Ohne Anspruch auf Pension und Ehrenrechte.
Ein formelles Recht des Offiziers, seinen Abschied nach Belieben

1) v. Helldorff a. a. O. S. 41.
2) Mil.Ges. §. 7 Abs. 2.
3) Vgl. Milit.Pensions-Gesetz §. 34. Diese Offiziere werden alljährlich
befragt, ob sie geneigt sind, für den Fall einer Mobilmachung während des
nächstfolgenden Jahres in den Dienst zu treten. Die Aufstellung und Ein-
reichung von Listen dieser Offiziere gehört zu den jährlichen Mobilmachungs-
Arbeiten. Sie haben ihren Wohnsitz bei dem betreffenden Generalkommando
anzumelden. Vgl. v. Helldorff I, 4 S. 248.
4) Koppmann Das Militair-Strafgesetz-Buch des Deutschen Reichs.
1875 S. 53.
5) Mil.Strafgerichts-Ordn. v. 3. April 1845 §. 1 Ziff. 3.
6) Verordn. v. 2. Mai 1874 §. 4 Ziff. 5. Dagegen ist die Disciplinar-
strafordn
. nach §. 30 derselben auf verabschiedete Offiziere nicht an-
wendbar. Sobald sie aber wieder im Militairdienste verwendet werden, finden
selbstverständlich die Disciplinarvorschriften auf sie volle Anwendung und das-
selbe ist nach der ratio legis anzunehmen, wenn sie in der Militair-
uniform
gegen die Vorschriften im §. 23 Ziffer 2 und 3 der Disciplinar-
strafordn. sich vergehen.

§. 89. Die freiwillig übernommene Militairdienſtpflicht.
unter welchen Vorausſetzungen dieſes Recht verliehen wird, ſind
nicht aufgeſtellt worden. In der Preußiſchen Armee iſt es üblich,
daß bei einer Dienſtzeit von mindeſtens 10 Jahren das Tragen
der Armee-Uniform, bei einer Dienſtzeit von 15 Jahren oder bei
dem Ausſcheiden in Folge einer im Kriege erhaltenen Verwundung
das Tragen der Regiments-Uniform geſtattet wird 1), ſo daß die
mit Penſion verabſchiedeten Offiziere regelmäßig dieſe Befugniß
haben. Die Genehmigung iſt von dem Bundesfürſten zu ertheilen,
von welchem die Offiziere desjenigen Kontingents ernannt werden,
in dem der Verabſchiedete zuletzt aktiv gedient hat 2).

Alle mit Penſion verabſchiedeten Offiziere haben noch eine
ſubſidiäre und beſchränkte Dienſtpflicht, indem ſie im Noth-
falle zu militairiſchen Dienſten, zu welchen ſie ihrem Geſundheits-
zuſtande nach geeignet ſind, herangezogen werden können 3). Die
mit Penſion verabſchiedeten Offiziere werden deshalb zu den Mi-
litairperſonen gezählt; das Militair-Strafgeſetzb. findet auf die-
ſelben Anwendung, ſoweit dies der Natur der Sache nach möglich
iſt 4), ſie unterliegen dem Militairgerichtsſtande 5) und — falls ſie
das Recht haben, die Militairuniform zu tragen — den Offiziers-
Ehrengerichten 6).

b) Ohne Anſpruch auf Penſion und Ehrenrechte.
Ein formelles Recht des Offiziers, ſeinen Abſchied nach Belieben

1) v. Helldorff a. a. O. S. 41.
2) Mil.Geſ. §. 7 Abſ. 2.
3) Vgl. Milit.Penſions-Geſetz §. 34. Dieſe Offiziere werden alljährlich
befragt, ob ſie geneigt ſind, für den Fall einer Mobilmachung während des
nächſtfolgenden Jahres in den Dienſt zu treten. Die Aufſtellung und Ein-
reichung von Liſten dieſer Offiziere gehört zu den jährlichen Mobilmachungs-
Arbeiten. Sie haben ihren Wohnſitz bei dem betreffenden Generalkommando
anzumelden. Vgl. v. Helldorff I, 4 S. 248.
4) Koppmann Das Militair-Strafgeſetz-Buch des Deutſchen Reichs.
1875 S. 53.
5) Mil.Strafgerichts-Ordn. v. 3. April 1845 §. 1 Ziff. 3.
6) Verordn. v. 2. Mai 1874 §. 4 Ziff. 5. Dagegen iſt die Disciplinar-
ſtrafordn
. nach §. 30 derſelben auf verabſchiedete Offiziere nicht an-
wendbar. Sobald ſie aber wieder im Militairdienſte verwendet werden, finden
ſelbſtverſtändlich die Disciplinarvorſchriften auf ſie volle Anwendung und das-
ſelbe iſt nach der ratio legis anzunehmen, wenn ſie in der Militair-
uniform
gegen die Vorſchriften im §. 23 Ziffer 2 und 3 der Disciplinar-
ſtrafordn. ſich vergehen.
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[235/0245] §. 89. Die freiwillig übernommene Militairdienſtpflicht. unter welchen Vorausſetzungen dieſes Recht verliehen wird, ſind nicht aufgeſtellt worden. In der Preußiſchen Armee iſt es üblich, daß bei einer Dienſtzeit von mindeſtens 10 Jahren das Tragen der Armee-Uniform, bei einer Dienſtzeit von 15 Jahren oder bei dem Ausſcheiden in Folge einer im Kriege erhaltenen Verwundung das Tragen der Regiments-Uniform geſtattet wird 1), ſo daß die mit Penſion verabſchiedeten Offiziere regelmäßig dieſe Befugniß haben. Die Genehmigung iſt von dem Bundesfürſten zu ertheilen, von welchem die Offiziere desjenigen Kontingents ernannt werden, in dem der Verabſchiedete zuletzt aktiv gedient hat 2). Alle mit Penſion verabſchiedeten Offiziere haben noch eine ſubſidiäre und beſchränkte Dienſtpflicht, indem ſie im Noth- falle zu militairiſchen Dienſten, zu welchen ſie ihrem Geſundheits- zuſtande nach geeignet ſind, herangezogen werden können 3). Die mit Penſion verabſchiedeten Offiziere werden deshalb zu den Mi- litairperſonen gezählt; das Militair-Strafgeſetzb. findet auf die- ſelben Anwendung, ſoweit dies der Natur der Sache nach möglich iſt 4), ſie unterliegen dem Militairgerichtsſtande 5) und — falls ſie das Recht haben, die Militairuniform zu tragen — den Offiziers- Ehrengerichten 6). b) Ohne Anſpruch auf Penſion und Ehrenrechte. Ein formelles Recht des Offiziers, ſeinen Abſchied nach Belieben 1) v. Helldorff a. a. O. S. 41. 2) Mil.Geſ. §. 7 Abſ. 2. 3) Vgl. Milit.Penſions-Geſetz §. 34. Dieſe Offiziere werden alljährlich befragt, ob ſie geneigt ſind, für den Fall einer Mobilmachung während des nächſtfolgenden Jahres in den Dienſt zu treten. Die Aufſtellung und Ein- reichung von Liſten dieſer Offiziere gehört zu den jährlichen Mobilmachungs- Arbeiten. Sie haben ihren Wohnſitz bei dem betreffenden Generalkommando anzumelden. Vgl. v. Helldorff I, 4 S. 248. 4) Koppmann Das Militair-Strafgeſetz-Buch des Deutſchen Reichs. 1875 S. 53. 5) Mil.Strafgerichts-Ordn. v. 3. April 1845 §. 1 Ziff. 3. 6) Verordn. v. 2. Mai 1874 §. 4 Ziff. 5. Dagegen iſt die Disciplinar- ſtrafordn. nach §. 30 derſelben auf verabſchiedete Offiziere nicht an- wendbar. Sobald ſie aber wieder im Militairdienſte verwendet werden, finden ſelbſtverſtändlich die Disciplinarvorſchriften auf ſie volle Anwendung und das- ſelbe iſt nach der ratio legis anzunehmen, wenn ſie in der Militair- uniform gegen die Vorſchriften im §. 23 Ziffer 2 und 3 der Disciplinar- ſtrafordn. ſich vergehen.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/245>, abgerufen am 02.05.2024.