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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 88. Die gesetzliche Wehrpflicht.

Die Dienstpflichten der Reserve- und Landwehroffiziere
sind im Allgemeinen nicht analog denjenigen der Berufsoffiziere,
sondern denjenigen der Mannschaften des Beurlaubtenstandes, d. h.
sie sind im Frieden nur verpflichtet zur Meldung des
Wohnungswechsels, zur Gestellung zu Kontrolver-
sammlungen und zur Theilnahme an Uebungen
1).
Hinsichtlich der Meldungen besteht nur die aus dem Rangver-
hältniß sich ergebende Modifikation, daß sie nicht an den Bezirks-
feldwebel, sondern an das Landwehr-Bezirkskommando zu richten
sind 2). In Betreff der Kontrolversammlungen gilt für
die Offiziere des Beurlaubtenstandes die Vorschrift, daß sie in
Uniform zu erscheinen haben 3). Wenn sie zur Gestellung in das
Stabsquartier des Landw.-Bezirkskommandeurs beordert werden,
haben sie keinen Anspruch auf Gebühren 4). Die Verpflichtung
zur Theilnahme an den Uebungen ist dem Umfange nach er-
weitert, indem Offiziere der Reserve während der Dauer des Re-
serveverhältnisses dreimal zu vier- bis achtwöchentlichen Uebun-
gen, die Offiziere der Landwehr außer zu den gewöhnlichen Land-
wehr-Uebungen auch zu Uebungen bei Linien-Truppentheilen behufs
Darlegung ihrer Qualifikation zur Weiterbeförderung heranzuziehen
sind 5). Die Einberufung zum Dienst bei außergewöhnlicher Ver-
anlassung (Mobilmachung u. s. w.) ist als eine Uebung anzu-
rechnen 6).


1) Die Dienstverhältnisse der Offiziere des Beurlaubtenstandes sind ge-
regelt durch die V. v. 4. Juli 1868, welche in den übrigen Kontingenten zur
Einführung gelangt ist (in Württemberg durch Erl. v. 5. Dezemb. 1871, in
Bayern durch V. v. 24. Oktob. 1872); dieselbe ist aber formell aufgehoben
durch die Heerordnung, in welche ihre Anordnungen größtentheils über-
gegangen sind. Für die Marine sind die entsprechenden Vorschriften ent-
halten in der Verordn. v. 2. Juni 1874. (Beilage zu Nro. 12 des Marine-
V.Bl. 1874.)
2) W.O. II §. 10 Ziff. 9. H.O. II §. 27 Ziff. 2.
3) H.O. II §. 27 Ziff. 3.
4) Vgl. die Motive zu §. 2 u. 3 des Entw. des Kontrolgesetzes. (Drucks.
des Reichst. II Sess. 1874 Nro. 13 S. 6.) Es wird dies damit begründet,
daß die Offiziere des Beurlaubtenstandes mancherlei besondere Pflichten zu er-
füllen haben, "denen sie sich aber freiwillig unterwerfen, da sie nur mit
ihrer Zustimmung
zu Offizieren ernannt werden."
5) W.G. §. 12.
6) Kontrolges. §. 5.
§. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht.

Die Dienſtpflichten der Reſerve- und Landwehroffiziere
ſind im Allgemeinen nicht analog denjenigen der Berufsoffiziere,
ſondern denjenigen der Mannſchaften des Beurlaubtenſtandes, d. h.
ſie ſind im Frieden nur verpflichtet zur Meldung des
Wohnungswechſels, zur Geſtellung zu Kontrolver-
ſammlungen und zur Theilnahme an Uebungen
1).
Hinſichtlich der Meldungen beſteht nur die aus dem Rangver-
hältniß ſich ergebende Modifikation, daß ſie nicht an den Bezirks-
feldwebel, ſondern an das Landwehr-Bezirkskommando zu richten
ſind 2). In Betreff der Kontrolverſammlungen gilt für
die Offiziere des Beurlaubtenſtandes die Vorſchrift, daß ſie in
Uniform zu erſcheinen haben 3). Wenn ſie zur Geſtellung in das
Stabsquartier des Landw.-Bezirkskommandeurs beordert werden,
haben ſie keinen Anſpruch auf Gebühren 4). Die Verpflichtung
zur Theilnahme an den Uebungen iſt dem Umfange nach er-
weitert, indem Offiziere der Reſerve während der Dauer des Re-
ſerveverhältniſſes dreimal zu vier- bis achtwöchentlichen Uebun-
gen, die Offiziere der Landwehr außer zu den gewöhnlichen Land-
wehr-Uebungen auch zu Uebungen bei Linien-Truppentheilen behufs
Darlegung ihrer Qualifikation zur Weiterbeförderung heranzuziehen
ſind 5). Die Einberufung zum Dienſt bei außergewöhnlicher Ver-
anlaſſung (Mobilmachung u. ſ. w.) iſt als eine Uebung anzu-
rechnen 6).


1) Die Dienſtverhältniſſe der Offiziere des Beurlaubtenſtandes ſind ge-
regelt durch die V. v. 4. Juli 1868, welche in den übrigen Kontingenten zur
Einführung gelangt iſt (in Württemberg durch Erl. v. 5. Dezemb. 1871, in
Bayern durch V. v. 24. Oktob. 1872); dieſelbe iſt aber formell aufgehoben
durch die Heerordnung, in welche ihre Anordnungen größtentheils über-
gegangen ſind. Für die Marine ſind die entſprechenden Vorſchriften ent-
halten in der Verordn. v. 2. Juni 1874. (Beilage zu Nro. 12 des Marine-
V.Bl. 1874.)
2) W.O. II §. 10 Ziff. 9. H.O. II §. 27 Ziff. 2.
3) H.O. II §. 27 Ziff. 3.
4) Vgl. die Motive zu §. 2 u. 3 des Entw. des Kontrolgeſetzes. (Druckſ.
des Reichst. II Seſſ. 1874 Nro. 13 S. 6.) Es wird dies damit begründet,
daß die Offiziere des Beurlaubtenſtandes mancherlei beſondere Pflichten zu er-
füllen haben, „denen ſie ſich aber freiwillig unterwerfen, da ſie nur mit
ihrer Zuſtimmung
zu Offizieren ernannt werden.“
5) W.G. §. 12.
6) Kontrolgeſ. §. 5.
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[206/0216] §. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht. Die Dienſtpflichten der Reſerve- und Landwehroffiziere ſind im Allgemeinen nicht analog denjenigen der Berufsoffiziere, ſondern denjenigen der Mannſchaften des Beurlaubtenſtandes, d. h. ſie ſind im Frieden nur verpflichtet zur Meldung des Wohnungswechſels, zur Geſtellung zu Kontrolver- ſammlungen und zur Theilnahme an Uebungen 1). Hinſichtlich der Meldungen beſteht nur die aus dem Rangver- hältniß ſich ergebende Modifikation, daß ſie nicht an den Bezirks- feldwebel, ſondern an das Landwehr-Bezirkskommando zu richten ſind 2). In Betreff der Kontrolverſammlungen gilt für die Offiziere des Beurlaubtenſtandes die Vorſchrift, daß ſie in Uniform zu erſcheinen haben 3). Wenn ſie zur Geſtellung in das Stabsquartier des Landw.-Bezirkskommandeurs beordert werden, haben ſie keinen Anſpruch auf Gebühren 4). Die Verpflichtung zur Theilnahme an den Uebungen iſt dem Umfange nach er- weitert, indem Offiziere der Reſerve während der Dauer des Re- ſerveverhältniſſes dreimal zu vier- bis achtwöchentlichen Uebun- gen, die Offiziere der Landwehr außer zu den gewöhnlichen Land- wehr-Uebungen auch zu Uebungen bei Linien-Truppentheilen behufs Darlegung ihrer Qualifikation zur Weiterbeförderung heranzuziehen ſind 5). Die Einberufung zum Dienſt bei außergewöhnlicher Ver- anlaſſung (Mobilmachung u. ſ. w.) iſt als eine Uebung anzu- rechnen 6). 1) Die Dienſtverhältniſſe der Offiziere des Beurlaubtenſtandes ſind ge- regelt durch die V. v. 4. Juli 1868, welche in den übrigen Kontingenten zur Einführung gelangt iſt (in Württemberg durch Erl. v. 5. Dezemb. 1871, in Bayern durch V. v. 24. Oktob. 1872); dieſelbe iſt aber formell aufgehoben durch die Heerordnung, in welche ihre Anordnungen größtentheils über- gegangen ſind. Für die Marine ſind die entſprechenden Vorſchriften ent- halten in der Verordn. v. 2. Juni 1874. (Beilage zu Nro. 12 des Marine- V.Bl. 1874.) 2) W.O. II §. 10 Ziff. 9. H.O. II §. 27 Ziff. 2. 3) H.O. II §. 27 Ziff. 3. 4) Vgl. die Motive zu §. 2 u. 3 des Entw. des Kontrolgeſetzes. (Druckſ. des Reichst. II Seſſ. 1874 Nro. 13 S. 6.) Es wird dies damit begründet, daß die Offiziere des Beurlaubtenſtandes mancherlei beſondere Pflichten zu er- füllen haben, „denen ſie ſich aber freiwillig unterwerfen, da ſie nur mit ihrer Zuſtimmung zu Offizieren ernannt werden.“ 5) W.G. §. 12. 6) Kontrolgeſ. §. 5.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/216>, abgerufen am 24.11.2024.