Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.§. 88. Die gesetzliche Wehrpflicht. setzungen zum Eintritt in das Heer und in die Marine, nämlichkörperliche Tauglichkeit und Unbescholtenheit 1), ist erforderlich der Nachweis wissenschaftlicher Bildung und die Uebernahme der Ver- pflichtung zur Selbstverpflegung 2). a) Der Nachweis wissenschaftlicher Bildung kann geführt wer- Die Lehranstalten, welche berechtigt sind, Befähigungszeugnisse tigen, sollen gemäß Mil.Ges. §. 14 Abs. 3 durch Gesetz geregelt werden. Dasselbe ist noch nicht ergangen und soll erst nach erfolgter Normirung des höheren Unterrichtswesens erlassen werden. Vgl. Stenogr. Ber. des Reichstags I Sess. 1874 S. 850 fg. Bis zum Erlaß dieses Gesetzes sind die Anordnungen der Wehr-Ordnung maßgebend. 1) Siehe oben S. 161 fg. 2) W.G. §. 11. 3) Ueber Zusammensetzung, Geschäftsgang und Prüfungsreglement vgl. W.O. I §. 91, 92 und Anlage 2 hierzu. 4) W.O. I §. 90. Die Lehranstalten zerfallen in 4 Klassen: a) solche, bei
welchen der einjährige erfolgreiche Besuch der Sekunda genügt (Gymnasien, Lyceen, Realschulen I. Ordnung), b) solche, bei welchen der einjährige erfolg- reiche Besuch der Prima genügt (Progymnasien, Realschulen II. Ordnung, höhere Bürgerschulen), c) solche, bei denen das Bestehen der Entlassungs-Prü- fung gefordert wird (höhere Bürgerschulen, Realanstalten, Industrie-, Handels- Landwirthschaftl. Schulen), d) solche, für welche besondere Bedingungen fest- gestellt worden sind (Gewerbeschulen u. a.). Reifezeugnisse für die Universität und für die derselben gleichgestellten Hochschulen, sowie Reifezeugnisse für die Prima der Gymnasien u. s. w. machen die Beibringung besonderer Befähigungs- zeugnisse entbehrlich. Auch der einjährige Besuch der 2. Klasse des Kadetten- korps genügt. Um Gleichmäßigkeit in den Anforderungen für die sämmtlichen Bundesstaaten zu sichern, besteht beim Bundesrath eine besondere Reichs- Schulkommission. Vgl. über dieselbe Bd. I S. 324. §. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht. ſetzungen zum Eintritt in das Heer und in die Marine, nämlichkörperliche Tauglichkeit und Unbeſcholtenheit 1), iſt erforderlich der Nachweis wiſſenſchaftlicher Bildung und die Uebernahme der Ver- pflichtung zur Selbſtverpflegung 2). a) Der Nachweis wiſſenſchaftlicher Bildung kann geführt wer- Die Lehranſtalten, welche berechtigt ſind, Befähigungszeugniſſe tigen, ſollen gemäß Mil.Geſ. §. 14 Abſ. 3 durch Geſetz geregelt werden. Daſſelbe iſt noch nicht ergangen und ſoll erſt nach erfolgter Normirung des höheren Unterrichtsweſens erlaſſen werden. Vgl. Stenogr. Ber. des Reichstags I Seſſ. 1874 S. 850 fg. Bis zum Erlaß dieſes Geſetzes ſind die Anordnungen der Wehr-Ordnung maßgebend. 1) Siehe oben S. 161 fg. 2) W.G. §. 11. 3) Ueber Zuſammenſetzung, Geſchäftsgang und Prüfungsreglement vgl. W.O. I §. 91, 92 und Anlage 2 hierzu. 4) W.O. I §. 90. Die Lehranſtalten zerfallen in 4 Klaſſen: a) ſolche, bei
welchen der einjährige erfolgreiche Beſuch der Sekunda genügt (Gymnaſien, Lyceen, Realſchulen I. Ordnung), b) ſolche, bei welchen der einjährige erfolg- reiche Beſuch der Prima genügt (Progymnaſien, Realſchulen II. Ordnung, höhere Bürgerſchulen), c) ſolche, bei denen das Beſtehen der Entlaſſungs-Prü- fung gefordert wird (höhere Bürgerſchulen, Realanſtalten, Induſtrie-, Handels- Landwirthſchaftl. Schulen), d) ſolche, für welche beſondere Bedingungen feſt- geſtellt worden ſind (Gewerbeſchulen u. a.). Reifezeugniſſe für die Univerſität und für die derſelben gleichgeſtellten Hochſchulen, ſowie Reifezeugniſſe für die Prima der Gymnaſien u. ſ. w. machen die Beibringung beſonderer Befähigungs- zeugniſſe entbehrlich. Auch der einjährige Beſuch der 2. Klaſſe des Kadetten- korps genügt. Um Gleichmäßigkeit in den Anforderungen für die ſämmtlichen Bundesſtaaten zu ſichern, beſteht beim Bundesrath eine beſondere Reichs- Schulkommiſſion. Vgl. über dieſelbe Bd. I S. 324. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0210" n="200"/><fw place="top" type="header">§. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht.</fw><lb/> ſetzungen zum Eintritt in das Heer und in die Marine, nämlich<lb/> körperliche Tauglichkeit und Unbeſcholtenheit <note place="foot" n="1)">Siehe oben S. 161 fg.</note>, iſt erforderlich der<lb/> Nachweis wiſſenſchaftlicher Bildung und die Uebernahme der Ver-<lb/> pflichtung zur Selbſtverpflegung <note place="foot" n="2)">W.G. §. 11.</note>.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">a)</hi> Der Nachweis wiſſenſchaftlicher Bildung kann geführt wer-<lb/> den entweder durch Ablegung einer Prüfung oder durch Schul-<lb/> zeugiſſe. Für die Prüfung beſtehen beſondere Kommiſſionen unter<lb/> dem Vorſitz des Civilvorſitzenden der Ober-Erſatzkommiſſion, welche<lb/> jährlich zwei Mal, im Frühjahr und im Herbſt, die Prüfungen<lb/> abhalten <note place="foot" n="3)">Ueber Zuſammenſetzung, Geſchäftsgang und Prüfungsreglement vgl.<lb/> W.O. <hi rendition="#aq">I</hi> §. 91, 92 und Anlage 2 hierzu.</note>.</p><lb/> <p>Die Lehranſtalten, welche berechtigt ſind, Befähigungszeugniſſe<lb/> für den einjährig-freiwilligen Dienſt auszuſtellen, werden durch den<lb/> Reichskanzler bezeichnet und durch das Centralblatt f. das D. R.<lb/> veröffentlicht <note place="foot" n="4)">W.O. <hi rendition="#aq">I</hi> §. 90. Die Lehranſtalten zerfallen in 4 Klaſſen: <hi rendition="#aq">a)</hi> ſolche, bei<lb/> welchen der einjährige erfolgreiche Beſuch der Sekunda genügt (Gymnaſien,<lb/> Lyceen, Realſchulen <hi rendition="#aq">I.</hi> Ordnung), <hi rendition="#aq">b)</hi> ſolche, bei welchen der einjährige erfolg-<lb/> reiche Beſuch der Prima genügt (Progymnaſien, Realſchulen <hi rendition="#aq">II.</hi> Ordnung,<lb/> höhere Bürgerſchulen), <hi rendition="#aq">c)</hi> ſolche, bei denen das Beſtehen der Entlaſſungs-Prü-<lb/> fung gefordert wird (höhere Bürgerſchulen, Realanſtalten, Induſtrie-, Handels-<lb/> Landwirthſchaftl. Schulen), <hi rendition="#aq">d)</hi> ſolche, für welche beſondere Bedingungen feſt-<lb/> geſtellt worden ſind (Gewerbeſchulen u. a.). Reifezeugniſſe für die Univerſität<lb/> und für die derſelben gleichgeſtellten Hochſchulen, ſowie Reifezeugniſſe für die<lb/> Prima der Gymnaſien u. ſ. w. machen die Beibringung beſonderer Befähigungs-<lb/> zeugniſſe entbehrlich. Auch der einjährige Beſuch der 2. Klaſſe des Kadetten-<lb/> korps genügt. Um Gleichmäßigkeit in den Anforderungen für die ſämmtlichen<lb/> Bundesſtaaten zu ſichern, beſteht beim Bundesrath eine beſondere <hi rendition="#g">Reichs-<lb/> Schulkommiſſion</hi>. Vgl. über dieſelbe Bd. <hi rendition="#aq">I</hi> S. 324.</note>. Von dem Nachweis der wiſſenſchaftlichen Befähi-<lb/> gung dürfen entbunden werden junge Leute, welche in einem Zweige<lb/> der Wiſſenſchaft oder Kunſt, des Kunſthandwerks oder der mecha-<lb/> niſchen Arbeiten, oder in einer andern dem Gemeinweſen zu Gute<lb/><note xml:id="seg2pn_25_2" prev="#seg2pn_25_1" place="foot" n="5)">tigen, ſollen gemäß Mil.Geſ. §. 14 Abſ. 3 durch <hi rendition="#g">Geſetz</hi> geregelt werden.<lb/> Daſſelbe iſt noch nicht ergangen und ſoll erſt nach erfolgter Normirung des<lb/> höheren Unterrichtsweſens erlaſſen werden. Vgl. Stenogr. Ber. des Reichstags<lb/><hi rendition="#aq">I</hi> Seſſ. 1874 S. 850 fg. Bis zum Erlaß dieſes Geſetzes ſind die Anordnungen<lb/> der Wehr-Ordnung maßgebend.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [200/0210]
§. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht.
ſetzungen zum Eintritt in das Heer und in die Marine, nämlich
körperliche Tauglichkeit und Unbeſcholtenheit 1), iſt erforderlich der
Nachweis wiſſenſchaftlicher Bildung und die Uebernahme der Ver-
pflichtung zur Selbſtverpflegung 2).
a) Der Nachweis wiſſenſchaftlicher Bildung kann geführt wer-
den entweder durch Ablegung einer Prüfung oder durch Schul-
zeugiſſe. Für die Prüfung beſtehen beſondere Kommiſſionen unter
dem Vorſitz des Civilvorſitzenden der Ober-Erſatzkommiſſion, welche
jährlich zwei Mal, im Frühjahr und im Herbſt, die Prüfungen
abhalten 3).
Die Lehranſtalten, welche berechtigt ſind, Befähigungszeugniſſe
für den einjährig-freiwilligen Dienſt auszuſtellen, werden durch den
Reichskanzler bezeichnet und durch das Centralblatt f. das D. R.
veröffentlicht 4). Von dem Nachweis der wiſſenſchaftlichen Befähi-
gung dürfen entbunden werden junge Leute, welche in einem Zweige
der Wiſſenſchaft oder Kunſt, des Kunſthandwerks oder der mecha-
niſchen Arbeiten, oder in einer andern dem Gemeinweſen zu Gute
5)
1) Siehe oben S. 161 fg.
2) W.G. §. 11.
3) Ueber Zuſammenſetzung, Geſchäftsgang und Prüfungsreglement vgl.
W.O. I §. 91, 92 und Anlage 2 hierzu.
4) W.O. I §. 90. Die Lehranſtalten zerfallen in 4 Klaſſen: a) ſolche, bei
welchen der einjährige erfolgreiche Beſuch der Sekunda genügt (Gymnaſien,
Lyceen, Realſchulen I. Ordnung), b) ſolche, bei welchen der einjährige erfolg-
reiche Beſuch der Prima genügt (Progymnaſien, Realſchulen II. Ordnung,
höhere Bürgerſchulen), c) ſolche, bei denen das Beſtehen der Entlaſſungs-Prü-
fung gefordert wird (höhere Bürgerſchulen, Realanſtalten, Induſtrie-, Handels-
Landwirthſchaftl. Schulen), d) ſolche, für welche beſondere Bedingungen feſt-
geſtellt worden ſind (Gewerbeſchulen u. a.). Reifezeugniſſe für die Univerſität
und für die derſelben gleichgeſtellten Hochſchulen, ſowie Reifezeugniſſe für die
Prima der Gymnaſien u. ſ. w. machen die Beibringung beſonderer Befähigungs-
zeugniſſe entbehrlich. Auch der einjährige Beſuch der 2. Klaſſe des Kadetten-
korps genügt. Um Gleichmäßigkeit in den Anforderungen für die ſämmtlichen
Bundesſtaaten zu ſichern, beſteht beim Bundesrath eine beſondere Reichs-
Schulkommiſſion. Vgl. über dieſelbe Bd. I S. 324.
5) tigen, ſollen gemäß Mil.Geſ. §. 14 Abſ. 3 durch Geſetz geregelt werden.
Daſſelbe iſt noch nicht ergangen und ſoll erſt nach erfolgter Normirung des
höheren Unterrichtsweſens erlaſſen werden. Vgl. Stenogr. Ber. des Reichstags
I Seſſ. 1874 S. 850 fg. Bis zum Erlaß dieſes Geſetzes ſind die Anordnungen
der Wehr-Ordnung maßgebend.
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