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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 76. Die Verwaltung des Gewerbewesens.
geboten erscheint, der Patentinhaber aber gleichwohl sich weigert,
diese Erlaubniß gegen angemessene Vergütung und ge-
nügende Sicherstellung zu ertheilen 1). Die Frage, ob ein öffent-
liches Interesse vorhanden sei, welches die Mitbenutzung der paten-
tirten Erfindung durch einen Andern als geboten erscheinen läßt,
und ob derjenige, der diese Mitbenutzung in Anspruch nimmt, dem
Patentinhaber eine Vergütung und Sicherstellung angeboten habe,
welche für angemessen und genügend zu erachten ist, hat das Pa-
tentamt nach seinem Ermessen zu entscheiden 2); bevor aber aus
diesem Grunde die Zurücknahme des Patentes erfolgen kann, muß
das Patentamt dieselbe dem Patentinhaber unter Angabe von
Gründen und unter Festsetzung einer angemessenen Frist androhen 3).

Die Zurücknahme kann nur auf Antrag erfolgen. Ueber den
Antrag, über das von dem Patentamt zu beobachtende Verfahren
und über die Berufung gegen die Entscheidung des Patentamtes
an das Reichs-Oberhandelsgericht gelten dieselben Regeln, welche
bei der Nichtigkeits-Erklärung eines Patentes Anwendung finden.

d) Der Patentschutz kann beschränkt resp. aufgehoben
werden, wenn die Erfindung für das Heer oder für die Flotte oder
sonst im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt benutzt werden soll.
Dieser Fall ist nach seiner juristischen Natur eine Art von Expro-
priation 4) und entspricht der Ablösung von Gewerbe-Privilegien
und anderen Untersagungs-Rechten.

Der Patentinhaber muß sich die Einschränkung oder Aufhebung
seines Monopols zwar wider seinen Willen gefallen lassen; er
hat aber Anspruch auf angemessene Vergütung gegenüber dem
Reiche oder dem Staate, welcher in seinem besonderen Interesse
die Beschränkung des Patentes beantragt hat. Ueber die Frage,
ob ein Interesse des Heeres, der Flotte oder der öffentlichen Wohl-
fahrt vorhanden ist, sowie über den Umfang, in welchem der Pa-
tentschutz zu beschränken oder aufzuheben ist, entscheidet ausschließ-

1) §. 11 Z. 2. Man nennt die Verpflichtung eines Patentinhabers, auch
Anderen gegen Entschädigung die Mitbenutzung der Erfindung zu gestatten, den
Licenzzwang. Vgl. über die jurist. Natur desselben Klostermann S. 161.
2) Vgl. über die Stellung des Patentamtes bei Beurtheilung der Ange-
gemessenheit der angebotenen Vergütung den Kommissionsbericht S. 38 fg.
3) §. 29 Abs. 3.
4) Vgl. auch Landraf S. 44. 45 und Gareis S. 107.

§. 76. Die Verwaltung des Gewerbeweſens.
geboten erſcheint, der Patentinhaber aber gleichwohl ſich weigert,
dieſe Erlaubniß gegen angemeſſene Vergütung und ge-
nügende Sicherſtellung zu ertheilen 1). Die Frage, ob ein öffent-
liches Intereſſe vorhanden ſei, welches die Mitbenutzung der paten-
tirten Erfindung durch einen Andern als geboten erſcheinen läßt,
und ob derjenige, der dieſe Mitbenutzung in Anſpruch nimmt, dem
Patentinhaber eine Vergütung und Sicherſtellung angeboten habe,
welche für angemeſſen und genügend zu erachten iſt, hat das Pa-
tentamt nach ſeinem Ermeſſen zu entſcheiden 2); bevor aber aus
dieſem Grunde die Zurücknahme des Patentes erfolgen kann, muß
das Patentamt dieſelbe dem Patentinhaber unter Angabe von
Gründen und unter Feſtſetzung einer angemeſſenen Friſt androhen 3).

Die Zurücknahme kann nur auf Antrag erfolgen. Ueber den
Antrag, über das von dem Patentamt zu beobachtende Verfahren
und über die Berufung gegen die Entſcheidung des Patentamtes
an das Reichs-Oberhandelsgericht gelten dieſelben Regeln, welche
bei der Nichtigkeits-Erklärung eines Patentes Anwendung finden.

d) Der Patentſchutz kann beſchränkt reſp. aufgehoben
werden, wenn die Erfindung für das Heer oder für die Flotte oder
ſonſt im Intereſſe der öffentlichen Wohlfahrt benutzt werden ſoll.
Dieſer Fall iſt nach ſeiner juriſtiſchen Natur eine Art von Expro-
priation 4) und entſpricht der Ablöſung von Gewerbe-Privilegien
und anderen Unterſagungs-Rechten.

Der Patentinhaber muß ſich die Einſchränkung oder Aufhebung
ſeines Monopols zwar wider ſeinen Willen gefallen laſſen; er
hat aber Anſpruch auf angemeſſene Vergütung gegenüber dem
Reiche oder dem Staate, welcher in ſeinem beſonderen Intereſſe
die Beſchränkung des Patentes beantragt hat. Ueber die Frage,
ob ein Intereſſe des Heeres, der Flotte oder der öffentlichen Wohl-
fahrt vorhanden iſt, ſowie über den Umfang, in welchem der Pa-
tentſchutz zu beſchränken oder aufzuheben iſt, entſcheidet ausſchließ-

1) §. 11 Z. 2. Man nennt die Verpflichtung eines Patentinhabers, auch
Anderen gegen Entſchädigung die Mitbenutzung der Erfindung zu geſtatten, den
Licenzzwang. Vgl. über die juriſt. Natur deſſelben Kloſtermann S. 161.
2) Vgl. über die Stellung des Patentamtes bei Beurtheilung der Ange-
gemeſſenheit der angebotenen Vergütung den Kommiſſionsbericht S. 38 fg.
3) §. 29 Abſ. 3.
4) Vgl. auch Landraf S. 44. 45 und Gareis S. 107.
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[488/0502] §. 76. Die Verwaltung des Gewerbeweſens. geboten erſcheint, der Patentinhaber aber gleichwohl ſich weigert, dieſe Erlaubniß gegen angemeſſene Vergütung und ge- nügende Sicherſtellung zu ertheilen 1). Die Frage, ob ein öffent- liches Intereſſe vorhanden ſei, welches die Mitbenutzung der paten- tirten Erfindung durch einen Andern als geboten erſcheinen läßt, und ob derjenige, der dieſe Mitbenutzung in Anſpruch nimmt, dem Patentinhaber eine Vergütung und Sicherſtellung angeboten habe, welche für angemeſſen und genügend zu erachten iſt, hat das Pa- tentamt nach ſeinem Ermeſſen zu entſcheiden 2); bevor aber aus dieſem Grunde die Zurücknahme des Patentes erfolgen kann, muß das Patentamt dieſelbe dem Patentinhaber unter Angabe von Gründen und unter Feſtſetzung einer angemeſſenen Friſt androhen 3). Die Zurücknahme kann nur auf Antrag erfolgen. Ueber den Antrag, über das von dem Patentamt zu beobachtende Verfahren und über die Berufung gegen die Entſcheidung des Patentamtes an das Reichs-Oberhandelsgericht gelten dieſelben Regeln, welche bei der Nichtigkeits-Erklärung eines Patentes Anwendung finden. d) Der Patentſchutz kann beſchränkt reſp. aufgehoben werden, wenn die Erfindung für das Heer oder für die Flotte oder ſonſt im Intereſſe der öffentlichen Wohlfahrt benutzt werden ſoll. Dieſer Fall iſt nach ſeiner juriſtiſchen Natur eine Art von Expro- priation 4) und entſpricht der Ablöſung von Gewerbe-Privilegien und anderen Unterſagungs-Rechten. Der Patentinhaber muß ſich die Einſchränkung oder Aufhebung ſeines Monopols zwar wider ſeinen Willen gefallen laſſen; er hat aber Anſpruch auf angemeſſene Vergütung gegenüber dem Reiche oder dem Staate, welcher in ſeinem beſonderen Intereſſe die Beſchränkung des Patentes beantragt hat. Ueber die Frage, ob ein Intereſſe des Heeres, der Flotte oder der öffentlichen Wohl- fahrt vorhanden iſt, ſowie über den Umfang, in welchem der Pa- tentſchutz zu beſchränken oder aufzuheben iſt, entſcheidet ausſchließ- 1) §. 11 Z. 2. Man nennt die Verpflichtung eines Patentinhabers, auch Anderen gegen Entſchädigung die Mitbenutzung der Erfindung zu geſtatten, den Licenzzwang. Vgl. über die juriſt. Natur deſſelben Kloſtermann S. 161. 2) Vgl. über die Stellung des Patentamtes bei Beurtheilung der Ange- gemeſſenheit der angebotenen Vergütung den Kommiſſionsbericht S. 38 fg. 3) §. 29 Abſ. 3. 4) Vgl. auch Landraf S. 44. 45 und Gareis S. 107.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/502>, abgerufen am 24.11.2024.