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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 74. Die Verwaltung des Münzwesens.
deln kann, sondern daß das Verhalten der Beamten und Behörden
durch Instruktionen oder Dienstanweisungen, d. h. nicht durch
Rechtsvorschriften sondern durch Verwaltungsvorschriften, geregelt
wird. Gerade in dem erwähnten Falle würde es von den äußer-
sten Uebelständen begleitet sein, wenn jeder einzelne Kassenbeamte
darüber zu befinden hätte, ob er eine ausländische Münze anneh-
men oder zurückweisen und zu welchem Betrage er sie annehmen
wolle. Es bedarf vielmehr hierüber einer allgemeinen Instruktion.
Der Erlaß dieser Verwaltungsvorschriften ist nun ebenfalls
den Einzelstaaten entzogen und ausschließlich dem Bundesrath vor-
behalten, damit in den Gebieten sämmtlicher Bundesstaaten und
bei allen öffentlichen Kassen, sowohl denen des Reiches als der Ein-
zelstaaten, ein übereinstimmendes Verfahren befolgt werde 1).

5. Die Beseitigung der Landeswährungen hatte die Einlö-
sung
der in diesen Währungen ausgeprägten Münzen zur Folge.
In rechtlicher Beziehung besteht aber zwischen der Außerkurssetzung
und der Einlösung von Münzen ein erheblicher Unterschied und
es ist nicht nothwendig, daß beide Maßregeln immer mit einander
verbunden sind. Eine Einlösung kann auch erfolgen ohne Außer-
kurssetzung dadurch, daß die öffentlichen Kassen eingehende Stücke
nicht wieder ausgeben und die ihnen präsentirten Stücke umtauschen,
z. B. wegen fehlerhafter oder häßlicher Prägung; und ebenso
kann eine Außerkurssetzung erfolgen ohne Einlösung. Während
die Außerkurssetzung ein Gesetzgebungsakt, eine Bethätigung der
Staatsgewalt ist, kömmt in der Einlösung kein staatliches Hoheits-
recht zur Anwendung, sie ist vielmehr ein Geschäft des Privat-
rechts
, die Erfüllung einer vermögensrechtlichen Verpflichtung des
Fiskus. Sie hat ihr Analogon in der Pflicht desjenigen, der In-
haberpapiere ausgegeben hat, dieselben einzulösen. Der Staat,
welcher Münzen prägt und mit der rechtlichen Eigenschaft des Geldes
versieht, giebt dieselben nicht nach ihrem Metallwerthe aus, son-
dern nach ihrem Geldwerthe d. h. gesetzlich fixirten Zah-
lungs
werth 2). Durch die Außerkurssetzung entzieht er ihnen
den letzteren für den allgemeinen Verkehr; dadurch entsteht für
ihn die Verpflichtung, sie zu dem gesetzlichen Zahlungswerthe

1) Münzges. Art. 13 Ziff. 2.
2) Derselbe kann sehr verschieden sein von ihrem Tauschwerthe. Siehe
oben S. 413.

§. 74. Die Verwaltung des Münzweſens.
deln kann, ſondern daß das Verhalten der Beamten und Behörden
durch Inſtruktionen oder Dienſtanweiſungen, d. h. nicht durch
Rechtsvorſchriften ſondern durch Verwaltungsvorſchriften, geregelt
wird. Gerade in dem erwähnten Falle würde es von den äußer-
ſten Uebelſtänden begleitet ſein, wenn jeder einzelne Kaſſenbeamte
darüber zu befinden hätte, ob er eine ausländiſche Münze anneh-
men oder zurückweiſen und zu welchem Betrage er ſie annehmen
wolle. Es bedarf vielmehr hierüber einer allgemeinen Inſtruktion.
Der Erlaß dieſer Verwaltungsvorſchriften iſt nun ebenfalls
den Einzelſtaaten entzogen und ausſchließlich dem Bundesrath vor-
behalten, damit in den Gebieten ſämmtlicher Bundesſtaaten und
bei allen öffentlichen Kaſſen, ſowohl denen des Reiches als der Ein-
zelſtaaten, ein übereinſtimmendes Verfahren befolgt werde 1).

5. Die Beſeitigung der Landeswährungen hatte die Einlö-
ſung
der in dieſen Währungen ausgeprägten Münzen zur Folge.
In rechtlicher Beziehung beſteht aber zwiſchen der Außerkursſetzung
und der Einlöſung von Münzen ein erheblicher Unterſchied und
es iſt nicht nothwendig, daß beide Maßregeln immer mit einander
verbunden ſind. Eine Einlöſung kann auch erfolgen ohne Außer-
kursſetzung dadurch, daß die öffentlichen Kaſſen eingehende Stücke
nicht wieder ausgeben und die ihnen präſentirten Stücke umtauſchen,
z. B. wegen fehlerhafter oder häßlicher Prägung; und ebenſo
kann eine Außerkursſetzung erfolgen ohne Einlöſung. Während
die Außerkursſetzung ein Geſetzgebungsakt, eine Bethätigung der
Staatsgewalt iſt, kömmt in der Einlöſung kein ſtaatliches Hoheits-
recht zur Anwendung, ſie iſt vielmehr ein Geſchäft des Privat-
rechts
, die Erfüllung einer vermögensrechtlichen Verpflichtung des
Fiskus. Sie hat ihr Analogon in der Pflicht desjenigen, der In-
haberpapiere ausgegeben hat, dieſelben einzulöſen. Der Staat,
welcher Münzen prägt und mit der rechtlichen Eigenſchaft des Geldes
verſieht, giebt dieſelben nicht nach ihrem Metallwerthe aus, ſon-
dern nach ihrem Geldwerthe d. h. geſetzlich fixirten Zah-
lungs
werth 2). Durch die Außerkursſetzung entzieht er ihnen
den letzteren für den allgemeinen Verkehr; dadurch entſteht für
ihn die Verpflichtung, ſie zu dem geſetzlichen Zahlungswerthe

1) Münzgeſ. Art. 13 Ziff. 2.
2) Derſelbe kann ſehr verſchieden ſein von ihrem Tauſchwerthe. Siehe
oben S. 413.
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[421/0435] §. 74. Die Verwaltung des Münzweſens. deln kann, ſondern daß das Verhalten der Beamten und Behörden durch Inſtruktionen oder Dienſtanweiſungen, d. h. nicht durch Rechtsvorſchriften ſondern durch Verwaltungsvorſchriften, geregelt wird. Gerade in dem erwähnten Falle würde es von den äußer- ſten Uebelſtänden begleitet ſein, wenn jeder einzelne Kaſſenbeamte darüber zu befinden hätte, ob er eine ausländiſche Münze anneh- men oder zurückweiſen und zu welchem Betrage er ſie annehmen wolle. Es bedarf vielmehr hierüber einer allgemeinen Inſtruktion. Der Erlaß dieſer Verwaltungsvorſchriften iſt nun ebenfalls den Einzelſtaaten entzogen und ausſchließlich dem Bundesrath vor- behalten, damit in den Gebieten ſämmtlicher Bundesſtaaten und bei allen öffentlichen Kaſſen, ſowohl denen des Reiches als der Ein- zelſtaaten, ein übereinſtimmendes Verfahren befolgt werde 1). 5. Die Beſeitigung der Landeswährungen hatte die Einlö- ſung der in dieſen Währungen ausgeprägten Münzen zur Folge. In rechtlicher Beziehung beſteht aber zwiſchen der Außerkursſetzung und der Einlöſung von Münzen ein erheblicher Unterſchied und es iſt nicht nothwendig, daß beide Maßregeln immer mit einander verbunden ſind. Eine Einlöſung kann auch erfolgen ohne Außer- kursſetzung dadurch, daß die öffentlichen Kaſſen eingehende Stücke nicht wieder ausgeben und die ihnen präſentirten Stücke umtauſchen, z. B. wegen fehlerhafter oder häßlicher Prägung; und ebenſo kann eine Außerkursſetzung erfolgen ohne Einlöſung. Während die Außerkursſetzung ein Geſetzgebungsakt, eine Bethätigung der Staatsgewalt iſt, kömmt in der Einlöſung kein ſtaatliches Hoheits- recht zur Anwendung, ſie iſt vielmehr ein Geſchäft des Privat- rechts, die Erfüllung einer vermögensrechtlichen Verpflichtung des Fiskus. Sie hat ihr Analogon in der Pflicht desjenigen, der In- haberpapiere ausgegeben hat, dieſelben einzulöſen. Der Staat, welcher Münzen prägt und mit der rechtlichen Eigenſchaft des Geldes verſieht, giebt dieſelben nicht nach ihrem Metallwerthe aus, ſon- dern nach ihrem Geldwerthe d. h. geſetzlich fixirten Zah- lungswerth 2). Durch die Außerkursſetzung entzieht er ihnen den letzteren für den allgemeinen Verkehr; dadurch entſteht für ihn die Verpflichtung, ſie zu dem geſetzlichen Zahlungswerthe 1) Münzgeſ. Art. 13 Ziff. 2. 2) Derſelbe kann ſehr verſchieden ſein von ihrem Tauſchwerthe. Siehe oben S. 413.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/435>, abgerufen am 25.05.2024.