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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 55. Der Landesfiskus von Elsaß-Lothringen.
landes verschwinden, so würde auch ohne Weiteres der Unterschied
zwischen den elsaß-lothringischen Landesbeamten und den Reichs-
beamten in Wegfall kommen.

Die für Elsaß-Lothringen erlassenen Gesetze brauchen regel-
mäßig für den reichsländischen Fiskus die Bezeichnung "Landes-
kasse"; an einzelnen Stellen wird jedoch auch der Ausdruck "Staat"
gebraucht; z. B. im Ges. 30. Dezemb. 1871 §. 19 Abs. 2 1) und
in dem Ges. v. 15. Oktob. 1873 über die Amts-Kautionen. Man
darf hieraus nicht schließen, daß die Reichsgesetzgebung Elsaß-
Lothringen als Staat anerkannt habe; denn es handelt sich an
diesen Stellen nicht um den Staat als Subjekt von obrigkeitlichen
Hoheitsrechten, sondern um den Staat als Subjekt von Ver-
mögensrechten, d. h. als Fiskus.

III. Auch die Kosten der Provinzial-Gesetzgebung,
welche mit der den Einzelstaaten zustehenden Autonomie correspon-
dirt, werden aus der Landeskasse getragen, nämlich die Her-
stellungskosten für das Gesetzblatt für Elsaß-Lothringen und die
durch den Landes-Ausschuß verursachten Ausgaben 2). Es ist
ferner die Feststellung des Landeshaushalts-Etats
selbst ein Gegenstand dieser Gesetzgebung. Der Etat von Elsaß-
Lothringen ist kein Bestandtheil des Reichs-Etats; er wird dem
Landes-Ausschuß zur Berathung vorgelegt, durch ein beson-
deres Gesetz festgestellt und im Gesetzblatt für Elsaß-Lothringen
verkündet.

IV. Obwohl das Reichsland, da es nicht Bundesglied ist,
weder Mit gliedschaftsrechte, noch Sonderrechte, noch
Pflichten dem Reiche gegenüber hat, so wird doch in allen ver-
mögensrechtlichen Beziehungen die Landeskasse von Elsaß-Lothringen
ganz ebenso behandelt, als wäre sie der Fiskus eines Bundes-
gliedes. Den Mitgliedschaftsrechten entsprechend hat sie den auf
das Reichsland entfallenden Antheil an den Reichskassenscheinen
erhalten 3); den Sonderrechten entsprechend zahlt die Landeskasse

1) G.-Bl. 1872 S. 55: "In die Bezirkshauptkasse fließen sämmtliche dem
Staate zukommende Einnahmen des Bezirks." Der Grund ist hier offenbar
ein stylistischer. Man wollte nicht sagen: In die Bezirkshauptkasse fließen
sämmtliche der Landeshauptkasse zukommende Einnahmen.
2) Etat für 1876. Ausgaben. Kapit. 4 Tit. 4. und Kapit. 13 Tit. 3.
3) Vgl. Ges. v. 25. Dez. 1874. §. 4. (G.-Bl. S. 58.)
Laband, Reichsstaatsrecht. I. 39

§. 55. Der Landesfiskus von Elſaß-Lothringen.
landes verſchwinden, ſo würde auch ohne Weiteres der Unterſchied
zwiſchen den elſaß-lothringiſchen Landesbeamten und den Reichs-
beamten in Wegfall kommen.

Die für Elſaß-Lothringen erlaſſenen Geſetze brauchen regel-
mäßig für den reichsländiſchen Fiskus die Bezeichnung „Landes-
kaſſe“; an einzelnen Stellen wird jedoch auch der Ausdruck „Staat“
gebraucht; z. B. im Geſ. 30. Dezemb. 1871 §. 19 Abſ. 2 1) und
in dem Geſ. v. 15. Oktob. 1873 über die Amts-Kautionen. Man
darf hieraus nicht ſchließen, daß die Reichsgeſetzgebung Elſaß-
Lothringen als Staat anerkannt habe; denn es handelt ſich an
dieſen Stellen nicht um den Staat als Subjekt von obrigkeitlichen
Hoheitsrechten, ſondern um den Staat als Subjekt von Ver-
mögensrechten, d. h. als Fiskus.

III. Auch die Koſten der Provinzial-Geſetzgebung,
welche mit der den Einzelſtaaten zuſtehenden Autonomie correſpon-
dirt, werden aus der Landeskaſſe getragen, nämlich die Her-
ſtellungskoſten für das Geſetzblatt für Elſaß-Lothringen und die
durch den Landes-Ausſchuß verurſachten Ausgaben 2). Es iſt
ferner die Feſtſtellung des Landeshaushalts-Etats
ſelbſt ein Gegenſtand dieſer Geſetzgebung. Der Etat von Elſaß-
Lothringen iſt kein Beſtandtheil des Reichs-Etats; er wird dem
Landes-Ausſchuß zur Berathung vorgelegt, durch ein beſon-
deres Geſetz feſtgeſtellt und im Geſetzblatt für Elſaß-Lothringen
verkündet.

IV. Obwohl das Reichsland, da es nicht Bundesglied iſt,
weder Mit gliedſchaftsrechte, noch Sonderrechte, noch
Pflichten dem Reiche gegenüber hat, ſo wird doch in allen ver-
mögensrechtlichen Beziehungen die Landeskaſſe von Elſaß-Lothringen
ganz ebenſo behandelt, als wäre ſie der Fiskus eines Bundes-
gliedes. Den Mitgliedſchaftsrechten entſprechend hat ſie den auf
das Reichsland entfallenden Antheil an den Reichskaſſenſcheinen
erhalten 3); den Sonderrechten entſprechend zahlt die Landeskaſſe

1) G.-Bl. 1872 S. 55: „In die Bezirkshauptkaſſe fließen ſämmtliche dem
Staate zukommende Einnahmen des Bezirks.“ Der Grund iſt hier offenbar
ein ſtyliſtiſcher. Man wollte nicht ſagen: In die Bezirkshauptkaſſe fließen
ſämmtliche der Landeshauptkaſſe zukommende Einnahmen.
2) Etat für 1876. Ausgaben. Kapit. 4 Tit. 4. und Kapit. 13 Tit. 3.
3) Vgl. Geſ. v. 25. Dez. 1874. §. 4. (G.-Bl. S. 58.)
Laband, Reichsſtaatsrecht. I. 39
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[609/0629] §. 55. Der Landesfiskus von Elſaß-Lothringen. landes verſchwinden, ſo würde auch ohne Weiteres der Unterſchied zwiſchen den elſaß-lothringiſchen Landesbeamten und den Reichs- beamten in Wegfall kommen. Die für Elſaß-Lothringen erlaſſenen Geſetze brauchen regel- mäßig für den reichsländiſchen Fiskus die Bezeichnung „Landes- kaſſe“; an einzelnen Stellen wird jedoch auch der Ausdruck „Staat“ gebraucht; z. B. im Geſ. 30. Dezemb. 1871 §. 19 Abſ. 2 1) und in dem Geſ. v. 15. Oktob. 1873 über die Amts-Kautionen. Man darf hieraus nicht ſchließen, daß die Reichsgeſetzgebung Elſaß- Lothringen als Staat anerkannt habe; denn es handelt ſich an dieſen Stellen nicht um den Staat als Subjekt von obrigkeitlichen Hoheitsrechten, ſondern um den Staat als Subjekt von Ver- mögensrechten, d. h. als Fiskus. III. Auch die Koſten der Provinzial-Geſetzgebung, welche mit der den Einzelſtaaten zuſtehenden Autonomie correſpon- dirt, werden aus der Landeskaſſe getragen, nämlich die Her- ſtellungskoſten für das Geſetzblatt für Elſaß-Lothringen und die durch den Landes-Ausſchuß verurſachten Ausgaben 2). Es iſt ferner die Feſtſtellung des Landeshaushalts-Etats ſelbſt ein Gegenſtand dieſer Geſetzgebung. Der Etat von Elſaß- Lothringen iſt kein Beſtandtheil des Reichs-Etats; er wird dem Landes-Ausſchuß zur Berathung vorgelegt, durch ein beſon- deres Geſetz feſtgeſtellt und im Geſetzblatt für Elſaß-Lothringen verkündet. IV. Obwohl das Reichsland, da es nicht Bundesglied iſt, weder Mit gliedſchaftsrechte, noch Sonderrechte, noch Pflichten dem Reiche gegenüber hat, ſo wird doch in allen ver- mögensrechtlichen Beziehungen die Landeskaſſe von Elſaß-Lothringen ganz ebenſo behandelt, als wäre ſie der Fiskus eines Bundes- gliedes. Den Mitgliedſchaftsrechten entſprechend hat ſie den auf das Reichsland entfallenden Antheil an den Reichskaſſenſcheinen erhalten 3); den Sonderrechten entſprechend zahlt die Landeskaſſe 1) G.-Bl. 1872 S. 55: „In die Bezirkshauptkaſſe fließen ſämmtliche dem Staate zukommende Einnahmen des Bezirks.“ Der Grund iſt hier offenbar ein ſtyliſtiſcher. Man wollte nicht ſagen: In die Bezirkshauptkaſſe fließen ſämmtliche der Landeshauptkaſſe zukommende Einnahmen. 2) Etat für 1876. Ausgaben. Kapit. 4 Tit. 4. und Kapit. 13 Tit. 3. 3) Vgl. Geſ. v. 25. Dez. 1874. §. 4. (G.-Bl. S. 58.) Laband, Reichsſtaatsrecht. I. 39

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 609. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/629>, abgerufen am 24.11.2024.