Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.§. 49. Die Bildung des Reichstages. Das Wahlrecht. subjectiven Rechts, sondern um eine Mitwirkung bei Erfüllung der, denOrtsvorständen obliegenden Pflicht, die Wählerlisten so correct wie möglich herzustellen. Selbst wenn ein Wahlberechtigter, der in der Liste übergangen ist, ausdrücklich erklärt, daß er in dieselbe nicht aufgenommen werden wolle, so kann doch von jedem Anderen seine Aufnahme verlangt werden. Es steht somit Wahlvereinen oder einzelnen, für die Wahlen sich interessirenden Personen frei, die Listen einer umfassenden Revision zu unterwerfen und alle da- bei entdeckten Unrichtigkeiten und Unvollständigkeiten zur Anzeige zu bringen. Der Antrag ist binnen 8 Tagen nach dem Beginn der vor- Wird die Erinnerung sofort für begründet erachtet, so erfolgt 1) Daß sie eine Namens-Unterschrift haben, kann nicht als erforderlich erachtet werden, da die Befugniß zur Stellung solcher Anträge an keine Vor- aussetzung gebunden ist, es sonach unerheblich ist, von wem der Antrag aus- geht. 2) Welche Behörde dies ist, ergiebt sich aus der Anlage D zum Wahl- reglement. In den ländlichen Bezirken ist es regelmäßig die Kreisbehörde (Landrath, Amtmann, Kreisdirector, Bezirksamt), in den städtischen der Magi- strat; in den Stadtkreisen in Elsaß-Lothringen der Bezirkspräsident. 3) Wahlreglem. §. 3 Abs. 3.
§. 49. Die Bildung des Reichstages. Das Wahlrecht. ſubjectiven Rechts, ſondern um eine Mitwirkung bei Erfüllung der, denOrtsvorſtänden obliegenden Pflicht, die Wählerliſten ſo correct wie möglich herzuſtellen. Selbſt wenn ein Wahlberechtigter, der in der Liſte übergangen iſt, ausdrücklich erklärt, daß er in dieſelbe nicht aufgenommen werden wolle, ſo kann doch von jedem Anderen ſeine Aufnahme verlangt werden. Es ſteht ſomit Wahlvereinen oder einzelnen, für die Wahlen ſich intereſſirenden Perſonen frei, die Liſten einer umfaſſenden Reviſion zu unterwerfen und alle da- bei entdeckten Unrichtigkeiten und Unvollſtändigkeiten zur Anzeige zu bringen. Der Antrag iſt binnen 8 Tagen nach dem Beginn der vor- Wird die Erinnerung ſofort für begründet erachtet, ſo erfolgt 1) Daß ſie eine Namens-Unterſchrift haben, kann nicht als erforderlich erachtet werden, da die Befugniß zur Stellung ſolcher Anträge an keine Vor- ausſetzung gebunden iſt, es ſonach unerheblich iſt, von wem der Antrag aus- geht. 2) Welche Behörde dies iſt, ergiebt ſich aus der Anlage D zum Wahl- reglement. In den ländlichen Bezirken iſt es regelmäßig die Kreisbehörde (Landrath, Amtmann, Kreisdirector, Bezirksamt), in den ſtädtiſchen der Magi- ſtrat; in den Stadtkreiſen in Elſaß-Lothringen der Bezirkspräſident. 3) Wahlreglem. §. 3 Abſ. 3.
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§. 49. Die Bildung des Reichstages. Das Wahlrecht.
ſubjectiven Rechts, ſondern um eine Mitwirkung bei Erfüllung der, den
Ortsvorſtänden obliegenden Pflicht, die Wählerliſten ſo correct
wie möglich herzuſtellen. Selbſt wenn ein Wahlberechtigter, der
in der Liſte übergangen iſt, ausdrücklich erklärt, daß er in dieſelbe
nicht aufgenommen werden wolle, ſo kann doch von jedem Anderen
ſeine Aufnahme verlangt werden. Es ſteht ſomit Wahlvereinen
oder einzelnen, für die Wahlen ſich intereſſirenden Perſonen frei,
die Liſten einer umfaſſenden Reviſion zu unterwerfen und alle da-
bei entdeckten Unrichtigkeiten und Unvollſtändigkeiten zur Anzeige
zu bringen.
Der Antrag iſt binnen 8 Tagen nach dem Beginn der vor-
ſchriftsmäßig bekannt gemachten Auslegung der Liſten zu ſtellen.
Später erhobene Reclamationen brauchen nicht berückſichtigt zu
werden. Die Anträge ſind bei dem mit der Anfertigung der Liſte
betrauten Gemeindevorſtand zu ſtellen, dem es freiſteht, dafür einen
Kommiſſar zu ernennen oder eine Kommiſſion niederzuſetzen. Die
Anträge müſſen ſchriftlich eingereicht 1) oder zu Protokoll erklärt
werden und ſoweit ſie ſich auf Behauptungen ſtützen, welche nicht
notoriſch (ortskundig) ſind, mit den erforderlichen Beweismitteln
verſehen ſein.
Wird die Erinnerung ſofort für begründet erachtet, ſo erfolgt
ohne Weiteres die Berichtigung der Liſte. Iſt eine Prüfung er-
forderlich, ſo erfolgt eine Entſcheidung über den Antrag durch die
zuſtändige Behörde 2). Ein contradictoriſches Verfahren iſt in
keinem Falle vorgeſchrieben; jedoch iſt es nicht ausgeſchloſſen, den-
jenigen deſſen Streichung beantragt worden iſt, ſofern es thunlich
iſt, zu Gehör zu verſtatten. Die Entſcheidung iſt durch Vermitt-
lung des Gemeindevorſtandes den Betheiligten bekannt zu machen 3).
Unter den Betheiligten ſind wohl die Reclamanten und die auf
1) Daß ſie eine Namens-Unterſchrift haben, kann nicht als erforderlich
erachtet werden, da die Befugniß zur Stellung ſolcher Anträge an keine Vor-
ausſetzung gebunden iſt, es ſonach unerheblich iſt, von wem der Antrag aus-
geht.
2) Welche Behörde dies iſt, ergiebt ſich aus der Anlage D zum Wahl-
reglement. In den ländlichen Bezirken iſt es regelmäßig die Kreisbehörde
(Landrath, Amtmann, Kreisdirector, Bezirksamt), in den ſtädtiſchen der Magi-
ſtrat; in den Stadtkreiſen in Elſaß-Lothringen der Bezirkspräſident.
3) Wahlreglem. §. 3 Abſ. 3.
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