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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 2. Die Gründung des nordd. Bundes.
norddeutschen Bundes war noch nicht erfolgt; von
allen anderen Gründen abgesehen schon deshalb nicht, weil dem
Reichstage durch die Mehrzahl der Wahlgesetze nur die Befugniß
zur Berathung einer Bundesverfassung ertheilt worden war.
Unter den verbündeten Staaten bestand vielmehr dasjenige Rechts-
verhältniß, welches durch das Augustbündniß und die dasselbe in
Bezug nehmenden Friedensverträge geschaffen war, im Wesentlichen
unverändert fort. Nur war der Art. 5 desselben erledigt durch
vollständige Erfüllung und der Art. 2 war inhaltlich näher be-
stimmt; die Verpflichtung und Berechtigung der Staaten, einem
Bunde anzugehören, dessen Verfassung unter Mitwirkung eines
gemeinschaftlich zu berufenden Parlaments vereinbart werden sollte,
hatte sich spezialisirt zu der Pflicht und dem Recht, einem Bunde
mit der am 16. April 1867 festgestellten Verfassung anzugehören.
Es war nunmehr eine Verfassung den Bestimmungen des August-
Bündnisses gemäß vereinbart worden; die wechselseitige Pflicht,
einen Bund zu gründen, konnte jetzt durch diese Gründung selbst
erfüllt werden.

Hierzu aber waren die Regierungen der verbündeten Staaten
nach dem Staatsrecht der letzteren ohne Zustimmung der Landes-
vertretungen nicht befugt. Sie konnten nicht in einen Bund ein-
treten, der nach Maaßgabe der Verfassung vom 16. April 1867
organisirt war, ohne eine in der Form des verfassungsändernden
Gesetzes ertheilte Ermächtigung, weil durch diesen Eintritt die
Verfassung jedes Einzelstaates auf das Tiefste verändert und dem
Staate wie seinen Angehörigen finanzielle Lasten auferlegt wurden.
Demgemäß bedurfte die von ihnen erklärte Annahme der Bundes-
verfassung mindestens der nachträglichen, ordnungsmäßigen Ge-
nehmigung der Gesetzgebungsfactoren ihrer resp. Staaten 1).

In allen zum Norddeutschen Bunde gehörenden Staaten ist
diese Genehmigung unter Beobachtung der verfassungsmäßigen
Form-Vorschriften ertheilt und in allen einzelnen Staaten ist die
Verfassung des Norddeutschen Bundes in der für Gesetzes-Pub-
likationen vorgeschriebenen Form verkündet worden 2). Alle diese

1) Voraus war die landständische Genehmigung ertheilt worden in Braun-
schweig und Bremen.
2) Sämmtliche Publikations-Patente sind abgedruckt in Glaser's Archiv
des Nordd. Bundes I. Heft 4. S. 117 ff.

§. 2. Die Gründung des nordd. Bundes.
norddeutſchen Bundes war noch nicht erfolgt; von
allen anderen Gründen abgeſehen ſchon deshalb nicht, weil dem
Reichstage durch die Mehrzahl der Wahlgeſetze nur die Befugniß
zur Berathung einer Bundesverfaſſung ertheilt worden war.
Unter den verbündeten Staaten beſtand vielmehr dasjenige Rechts-
verhältniß, welches durch das Auguſtbündniß und die daſſelbe in
Bezug nehmenden Friedensverträge geſchaffen war, im Weſentlichen
unverändert fort. Nur war der Art. 5 deſſelben erledigt durch
vollſtändige Erfüllung und der Art. 2 war inhaltlich näher be-
ſtimmt; die Verpflichtung und Berechtigung der Staaten, einem
Bunde anzugehören, deſſen Verfaſſung unter Mitwirkung eines
gemeinſchaftlich zu berufenden Parlaments vereinbart werden ſollte,
hatte ſich ſpezialiſirt zu der Pflicht und dem Recht, einem Bunde
mit der am 16. April 1867 feſtgeſtellten Verfaſſung anzugehören.
Es war nunmehr eine Verfaſſung den Beſtimmungen des Auguſt-
Bündniſſes gemäß vereinbart worden; die wechſelſeitige Pflicht,
einen Bund zu gründen, konnte jetzt durch dieſe Gründung ſelbſt
erfüllt werden.

Hierzu aber waren die Regierungen der verbündeten Staaten
nach dem Staatsrecht der letzteren ohne Zuſtimmung der Landes-
vertretungen nicht befugt. Sie konnten nicht in einen Bund ein-
treten, der nach Maaßgabe der Verfaſſung vom 16. April 1867
organiſirt war, ohne eine in der Form des verfaſſungsändernden
Geſetzes ertheilte Ermächtigung, weil durch dieſen Eintritt die
Verfaſſung jedes Einzelſtaates auf das Tiefſte verändert und dem
Staate wie ſeinen Angehörigen finanzielle Laſten auferlegt wurden.
Demgemäß bedurfte die von ihnen erklärte Annahme der Bundes-
verfaſſung mindeſtens der nachträglichen, ordnungsmäßigen Ge-
nehmigung der Geſetzgebungsfactoren ihrer reſp. Staaten 1).

In allen zum Norddeutſchen Bunde gehörenden Staaten iſt
dieſe Genehmigung unter Beobachtung der verfaſſungsmäßigen
Form-Vorſchriften ertheilt und in allen einzelnen Staaten iſt die
Verfaſſung des Norddeutſchen Bundes in der für Geſetzes-Pub-
likationen vorgeſchriebenen Form verkündet worden 2). Alle dieſe

1) Voraus war die landſtändiſche Genehmigung ertheilt worden in Braun-
ſchweig und Bremen.
2) Sämmtliche Publikations-Patente ſind abgedruckt in Glaſer’s Archiv
des Nordd. Bundes I. Heft 4. S. 117 ff.
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[26/0046] §. 2. Die Gründung des nordd. Bundes. norddeutſchen Bundes war noch nicht erfolgt; von allen anderen Gründen abgeſehen ſchon deshalb nicht, weil dem Reichstage durch die Mehrzahl der Wahlgeſetze nur die Befugniß zur Berathung einer Bundesverfaſſung ertheilt worden war. Unter den verbündeten Staaten beſtand vielmehr dasjenige Rechts- verhältniß, welches durch das Auguſtbündniß und die daſſelbe in Bezug nehmenden Friedensverträge geſchaffen war, im Weſentlichen unverändert fort. Nur war der Art. 5 deſſelben erledigt durch vollſtändige Erfüllung und der Art. 2 war inhaltlich näher be- ſtimmt; die Verpflichtung und Berechtigung der Staaten, einem Bunde anzugehören, deſſen Verfaſſung unter Mitwirkung eines gemeinſchaftlich zu berufenden Parlaments vereinbart werden ſollte, hatte ſich ſpezialiſirt zu der Pflicht und dem Recht, einem Bunde mit der am 16. April 1867 feſtgeſtellten Verfaſſung anzugehören. Es war nunmehr eine Verfaſſung den Beſtimmungen des Auguſt- Bündniſſes gemäß vereinbart worden; die wechſelſeitige Pflicht, einen Bund zu gründen, konnte jetzt durch dieſe Gründung ſelbſt erfüllt werden. Hierzu aber waren die Regierungen der verbündeten Staaten nach dem Staatsrecht der letzteren ohne Zuſtimmung der Landes- vertretungen nicht befugt. Sie konnten nicht in einen Bund ein- treten, der nach Maaßgabe der Verfaſſung vom 16. April 1867 organiſirt war, ohne eine in der Form des verfaſſungsändernden Geſetzes ertheilte Ermächtigung, weil durch dieſen Eintritt die Verfaſſung jedes Einzelſtaates auf das Tiefſte verändert und dem Staate wie ſeinen Angehörigen finanzielle Laſten auferlegt wurden. Demgemäß bedurfte die von ihnen erklärte Annahme der Bundes- verfaſſung mindeſtens der nachträglichen, ordnungsmäßigen Ge- nehmigung der Geſetzgebungsfactoren ihrer reſp. Staaten 1). In allen zum Norddeutſchen Bunde gehörenden Staaten iſt dieſe Genehmigung unter Beobachtung der verfaſſungsmäßigen Form-Vorſchriften ertheilt und in allen einzelnen Staaten iſt die Verfaſſung des Norddeutſchen Bundes in der für Geſetzes-Pub- likationen vorgeſchriebenen Form verkündet worden 2). Alle dieſe 1) Voraus war die landſtändiſche Genehmigung ertheilt worden in Braun- ſchweig und Bremen. 2) Sämmtliche Publikations-Patente ſind abgedruckt in Glaſer’s Archiv des Nordd. Bundes I. Heft 4. S. 117 ff.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/46>, abgerufen am 22.11.2024.