§. 316 Abs. 2. §. 318 Abs. 2. §. 319., endlich in den im §. 358 auf- geführten Fällen, soweit dieselben zu den uneigentlichen Amsdelicten gehören.
2. Die eigentlichen Amtsdelicte.
Die hierher gehörenden Verbrechen und Vergehen haben nicht nur durch ihren subjektiven, sondern auch durch ihren objektiven Thatbestand eine staatsrechtliche Bedeutung. Es sind Principien des Staatsrechts oder der Politik, welche in ihnen enthalten sind und welche eine rechtliche Anerkennung und rechtlichen Schutz da- durch eben empfangen, daß Handlungen, die mit ihnen im Wider- spruch stehen, mit Strafe bedroht sind. Man kann aus den ein- zelnen Vorschriften des Strafgesetzes durch Abstraction diese Grund- sätze gewinnen, welche logisch im Vergleich zu den strafrechtlichen Bestimmungen das prius sind, da die letzteren nur zu ihrem Schutze gegeben sind. Im Anschluß an die von Binding gewählte Aus- drucksweise kann man sagen, die Normen, welche den Strafbe- stimmungen über die eigentlichen Amtsdelicte zu Grunde liegen, sind staats rechtlichen Inhaltes. Eine Aufsuchung und Formuli- rung dieser Normen ist aber rechtlich nicht von erheblichem Werth.
Denn solche Normen sind in ihrer Allgemeinheit keine Rechtssätze, weder staatsrechtliche noch strafrechtliche 1). Nur in soweit, als einzelne, bestimmte Arten ihrer Verletzung zum That- bestand eines Delictes erklärt worden sind, erlangen diese allge- meineren Principien rechtliche Bedeutung; der ganze übrige Inhalt hat nur den Charakter eines moralischen oder politischen Princips, eines Gesetzgebungs-Motives. Solche Principien, welche an sich nicht zu Rechtssätzen erklärt sind, aber speziellen Rechts- Vorschriften zur gemeinsamen Grundlage dienen, sind folgende:
1) Kein Beamter soll aus dem ihm anvertrauten Amt rechts- widrigen Gewinn ziehen.
Darum ist mit Strafe bedroht die Annahme von Geschenken für amtliche Handlungen (§. 331), die Passiv-Bestechung (§. 332. 334), die Erhebung übermäßiger Gebühren oder Abgaben oder die Rückbehaltung ungerechtfertigter Abzüge (§. 352. 353).
2) Kein Beamter soll die ihm übertragene Amtsgewalt miß-
1) Insbesondere sind sie auch keine "Rechtssätze des ungesetzten Rechts" oder "durch konkludente Handlungen erklärte Rechtssätze" -- wie Binding Die Normen I. S. 66 fg. annimmt.
§. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung.
§. 316 Abſ. 2. §. 318 Abſ. 2. §. 319., endlich in den im §. 358 auf- geführten Fällen, ſoweit dieſelben zu den uneigentlichen Amsdelicten gehören.
2. Die eigentlichen Amtsdelicte.
Die hierher gehörenden Verbrechen und Vergehen haben nicht nur durch ihren ſubjektiven, ſondern auch durch ihren objektiven Thatbeſtand eine ſtaatsrechtliche Bedeutung. Es ſind Principien des Staatsrechts oder der Politik, welche in ihnen enthalten ſind und welche eine rechtliche Anerkennung und rechtlichen Schutz da- durch eben empfangen, daß Handlungen, die mit ihnen im Wider- ſpruch ſtehen, mit Strafe bedroht ſind. Man kann aus den ein- zelnen Vorſchriften des Strafgeſetzes durch Abſtraction dieſe Grund- ſätze gewinnen, welche logiſch im Vergleich zu den ſtrafrechtlichen Beſtimmungen das prius ſind, da die letzteren nur zu ihrem Schutze gegeben ſind. Im Anſchluß an die von Binding gewählte Aus- drucksweiſe kann man ſagen, die Normen, welche den Strafbe- ſtimmungen über die eigentlichen Amtsdelicte zu Grunde liegen, ſind ſtaats rechtlichen Inhaltes. Eine Aufſuchung und Formuli- rung dieſer Normen iſt aber rechtlich nicht von erheblichem Werth.
Denn ſolche Normen ſind in ihrer Allgemeinheit keine Rechtsſätze, weder ſtaatsrechtliche noch ſtrafrechtliche 1). Nur in ſoweit, als einzelne, beſtimmte Arten ihrer Verletzung zum That- beſtand eines Delictes erklärt worden ſind, erlangen dieſe allge- meineren Principien rechtliche Bedeutung; der ganze übrige Inhalt hat nur den Charakter eines moraliſchen oder politiſchen Princips, eines Geſetzgebungs-Motives. Solche Principien, welche an ſich nicht zu Rechtsſätzen erklärt ſind, aber ſpeziellen Rechts- Vorſchriften zur gemeinſamen Grundlage dienen, ſind folgende:
1) Kein Beamter ſoll aus dem ihm anvertrauten Amt rechts- widrigen Gewinn ziehen.
Darum iſt mit Strafe bedroht die Annahme von Geſchenken für amtliche Handlungen (§. 331), die Paſſiv-Beſtechung (§. 332. 334), die Erhebung übermäßiger Gebühren oder Abgaben oder die Rückbehaltung ungerechtfertigter Abzüge (§. 352. 353).
2) Kein Beamter ſoll die ihm übertragene Amtsgewalt miß-
1) Insbeſondere ſind ſie auch keine „Rechtsſätze des ungeſetzten Rechts“ oder „durch konkludente Handlungen erklärte Rechtsſätze“ — wie Binding Die Normen I. S. 66 fg. annimmt.
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§. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung.
§. 316 Abſ. 2. §. 318 Abſ. 2. §. 319., endlich in den im §. 358 auf-
geführten Fällen, ſoweit dieſelben zu den uneigentlichen Amsdelicten
gehören.
2. Die eigentlichen Amtsdelicte.
Die hierher gehörenden Verbrechen und Vergehen haben nicht
nur durch ihren ſubjektiven, ſondern auch durch ihren objektiven
Thatbeſtand eine ſtaatsrechtliche Bedeutung. Es ſind Principien
des Staatsrechts oder der Politik, welche in ihnen enthalten ſind
und welche eine rechtliche Anerkennung und rechtlichen Schutz da-
durch eben empfangen, daß Handlungen, die mit ihnen im Wider-
ſpruch ſtehen, mit Strafe bedroht ſind. Man kann aus den ein-
zelnen Vorſchriften des Strafgeſetzes durch Abſtraction dieſe Grund-
ſätze gewinnen, welche logiſch im Vergleich zu den ſtrafrechtlichen
Beſtimmungen das prius ſind, da die letzteren nur zu ihrem Schutze
gegeben ſind. Im Anſchluß an die von Binding gewählte Aus-
drucksweiſe kann man ſagen, die Normen, welche den Strafbe-
ſtimmungen über die eigentlichen Amtsdelicte zu Grunde liegen,
ſind ſtaats rechtlichen Inhaltes. Eine Aufſuchung und Formuli-
rung dieſer Normen iſt aber rechtlich nicht von erheblichem Werth.
Denn ſolche Normen ſind in ihrer Allgemeinheit keine
Rechtsſätze, weder ſtaatsrechtliche noch ſtrafrechtliche 1). Nur
in ſoweit, als einzelne, beſtimmte Arten ihrer Verletzung zum That-
beſtand eines Delictes erklärt worden ſind, erlangen dieſe allge-
meineren Principien rechtliche Bedeutung; der ganze übrige
Inhalt hat nur den Charakter eines moraliſchen oder politiſchen
Princips, eines Geſetzgebungs-Motives. Solche Principien, welche
an ſich nicht zu Rechtsſätzen erklärt ſind, aber ſpeziellen Rechts-
Vorſchriften zur gemeinſamen Grundlage dienen, ſind folgende:
1) Kein Beamter ſoll aus dem ihm anvertrauten Amt rechts-
widrigen Gewinn ziehen.
Darum iſt mit Strafe bedroht die Annahme von Geſchenken
für amtliche Handlungen (§. 331), die Paſſiv-Beſtechung (§. 332.
334), die Erhebung übermäßiger Gebühren oder Abgaben oder
die Rückbehaltung ungerechtfertigter Abzüge (§. 352. 353).
2) Kein Beamter ſoll die ihm übertragene Amtsgewalt miß-
1) Insbeſondere ſind ſie auch keine „Rechtsſätze des ungeſetzten Rechts“
oder „durch konkludente Handlungen erklärte Rechtsſätze“ — wie Binding
Die Normen I. S. 66 fg. annimmt.
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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/457>, abgerufen am 23.11.2024.
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