Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.§. 38. Die Anstellung der Reichsbeamten. 2. Bezüglich der Person des Anzustellenden gilt als ein all- Im Uebrigen ist die Befähigung, im Reichsdienst angestellt Dagegen ist für die Uebertragung einzelner Aemter eine spe- gen das Gesetz vom 27. Juni 1873 §. 2 überträgt die Ernennung der Sub- altern- und Unterbeamten bei dem Reichs-Eisenbahn-Amt dem Reichs- kanzler. -- Ein Prinzip scheint also nicht zu bestehen, da bei den drei an- gegebenen Behörden drei verschiedene Anordnungen erlassen worden sind. -- Bei der Ober-Rechnungskammer ernennt der Präsident alle Beamten mit Aus- nahme der Mitglieder. (Preuß. Gesetz vom 27. März 1872 §. 6 Abs. 1. Ges.-Samml. S. 279.) Dies findet auch auf den Rechnungshof des Reiches Anwendung. Instrukt. vom 5. März 1875 §. 17. Centralbl. S. 160. -- Bisweilen ist dem Reichskanzler die Ernennung von Reichsbeamten übertragen, jedoch nach Anhörung von Bundesraths-Ausschüssen; so z. B. hin- sichtlich der Inspectoren für die Steuermanns- und Schifferprüfungen (B.-G.-Bl. 1870 S. 320. 325) und der Inspektoren für das Schiffsvermessungswesen. (Verordn. vom 5. Juli 1872 §. 21. R.-G.-Bl. S. 277). 1) Vgl. Kanngießer S. 24. Auch männliches Geschlecht ist reichsge-
setzlich nicht erforderlich; der Anstellung von Frauen und Mädchen im Post- und Telegraphendienst steht kein rechtliches Hinderniß entgegen. Das Verzeich- niß der Reichsbeamten im R.-G.-Bl. 1874 S. 179 erwähnt vielmehr ausdrück- lich die "Telegraphen-Gehülfinnen" im Großherzogth. Baden. §. 38. Die Anſtellung der Reichsbeamten. 2. Bezüglich der Perſon des Anzuſtellenden gilt als ein all- Im Uebrigen iſt die Befähigung, im Reichsdienſt angeſtellt Dagegen iſt für die Uebertragung einzelner Aemter eine ſpe- gen das Geſetz vom 27. Juni 1873 §. 2 überträgt die Ernennung der Sub- altern- und Unterbeamten bei dem Reichs-Eiſenbahn-Amt dem Reichs- kanzler. — Ein Prinzip ſcheint alſo nicht zu beſtehen, da bei den drei an- gegebenen Behörden drei verſchiedene Anordnungen erlaſſen worden ſind. — Bei der Ober-Rechnungskammer ernennt der Präſident alle Beamten mit Aus- nahme der Mitglieder. (Preuß. Geſetz vom 27. März 1872 §. 6 Abſ. 1. Geſ.-Samml. S. 279.) Dies findet auch auf den Rechnungshof des Reiches Anwendung. Inſtrukt. vom 5. März 1875 §. 17. Centralbl. S. 160. — Bisweilen iſt dem Reichskanzler die Ernennung von Reichsbeamten übertragen, jedoch nach Anhörung von Bundesraths-Ausſchüſſen; ſo z. B. hin- ſichtlich der Inſpectoren für die Steuermanns- und Schifferprüfungen (B.-G.-Bl. 1870 S. 320. 325) und der Inſpektoren für das Schiffsvermeſſungsweſen. (Verordn. vom 5. Juli 1872 §. 21. R.-G.-Bl. S. 277). 1) Vgl. Kanngießer S. 24. Auch männliches Geſchlecht iſt reichsge-
ſetzlich nicht erforderlich; der Anſtellung von Frauen und Mädchen im Poſt- und Telegraphendienſt ſteht kein rechtliches Hinderniß entgegen. Das Verzeich- niß der Reichsbeamten im R.-G.-Bl. 1874 S. 179 erwähnt vielmehr ausdrück- lich die „Telegraphen-Gehülfinnen“ im Großherzogth. Baden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0426" n="406"/> <fw place="top" type="header">§. 38. Die Anſtellung der Reichsbeamten.</fw><lb/> <p>2. Bezüglich der Perſon des Anzuſtellenden gilt als ein all-<lb/> gemeiner Grundſatz nur die Vorſchrift des Strafgeſetzbuches, daß<lb/> die Verurtheilung zur Zuchthausſtrafe die dauernde Unfähigkeit zur<lb/> Bekleidung öffentlicher Aemter von Rechtswegen zur Folge hat<lb/> (§. 31) und daß die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte,<lb/> während der im Urtheil beſtimmten Zeit die Unfähigkeit bewirkt,<lb/> öffentliche Aemter zu erlangen. (§. 34.) Die Unfähigkeit, ein<lb/> öffentliches Amt zu erlangen, ſchließt aber die Unfähigkeit, im<lb/> Staatsdienſt angeſtellt zu werden, in ſich; weil dieſe Anſtellung<lb/> eben nur zu dem Zwecke erfolgen darf, daß der Angeſtellte ein<lb/> öffentliches Amt bekleide.</p><lb/> <p>Im Uebrigen iſt die Befähigung, im Reichsdienſt angeſtellt<lb/> zu werden, an beſondere Vorausſetzungen nicht gebunden; insbe-<lb/> ſondere iſt weder Reichsangehörigkeit, noch Großjährigkeit noch<lb/> Freiheit von der väterlichen Gewalt erforderlich <note place="foot" n="1)">Vgl. <hi rendition="#g">Kanngießer</hi> S. 24. Auch männliches Geſchlecht iſt reichsge-<lb/> ſetzlich nicht erforderlich; der Anſtellung von Frauen und Mädchen im Poſt-<lb/> und Telegraphendienſt ſteht kein rechtliches Hinderniß entgegen. Das Verzeich-<lb/> niß der Reichsbeamten im R.-G.-Bl. 1874 S. 179 erwähnt vielmehr ausdrück-<lb/> lich die „Telegraphen-Gehülfinnen“ im Großherzogth. Baden.</note>.</p><lb/> <p>Dagegen iſt für die Uebertragung einzelner Aemter eine ſpe-<lb/> zielle Qualifikation erforderlich, nämlich für die Berufskonſuln<lb/> (Geſ. v. 8. Nov. 1867 §. 7), für die Mitglieder des Oberhandels-<lb/> gerichts (Geſ. v. 12. Juni 1869 §. 6), des Bundesamtes für das<lb/> Heimathsweſen (Geſ. v. 6. Juni 1870 §. 42), der Disciplinar-<lb/> Behörden (Reichsbeamtengeſ. §. 89, 91, 121), der zur Verſtär-<lb/> kung des Reichs-Eiſenbahn-Amtes hinzu zu ziehenden Beamten (Geſ.<lb/><note xml:id="seg2pn_46_2" prev="#seg2pn_46_1" place="foot" n="5)">gen das Geſetz vom 27. Juni 1873 §. 2 überträgt die Ernennung der <hi rendition="#g">Sub-<lb/> altern- und Unterbeamten</hi> bei dem Reichs-Eiſenbahn-Amt dem <hi rendition="#g">Reichs-<lb/> kanzler</hi>. — Ein Prinzip ſcheint alſo nicht zu beſtehen, da bei den drei an-<lb/> gegebenen Behörden drei verſchiedene Anordnungen erlaſſen worden ſind. —<lb/> Bei der Ober-Rechnungskammer ernennt der Präſident alle Beamten mit Aus-<lb/> nahme der Mitglieder. (Preuß. Geſetz vom 27. März 1872 §. 6 Abſ. 1.<lb/> Geſ.-Samml. S. 279.) Dies findet auch auf den Rechnungshof des Reiches<lb/> Anwendung. Inſtrukt. vom 5. März 1875 §. 17. Centralbl. S. 160. —<lb/> Bisweilen iſt dem <hi rendition="#g">Reichskanzler</hi> die Ernennung von Reichsbeamten<lb/> übertragen, jedoch nach Anhörung von Bundesraths-Ausſchüſſen; ſo z. B. hin-<lb/> ſichtlich der Inſpectoren für die Steuermanns- und Schifferprüfungen (B.-G.-Bl.<lb/> 1870 S. 320. 325) und der Inſpektoren für das Schiffsvermeſſungsweſen.<lb/> (Verordn. vom 5. Juli 1872 §. 21. R.-G.-Bl. S. 277).</note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [406/0426]
§. 38. Die Anſtellung der Reichsbeamten.
2. Bezüglich der Perſon des Anzuſtellenden gilt als ein all-
gemeiner Grundſatz nur die Vorſchrift des Strafgeſetzbuches, daß
die Verurtheilung zur Zuchthausſtrafe die dauernde Unfähigkeit zur
Bekleidung öffentlicher Aemter von Rechtswegen zur Folge hat
(§. 31) und daß die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte,
während der im Urtheil beſtimmten Zeit die Unfähigkeit bewirkt,
öffentliche Aemter zu erlangen. (§. 34.) Die Unfähigkeit, ein
öffentliches Amt zu erlangen, ſchließt aber die Unfähigkeit, im
Staatsdienſt angeſtellt zu werden, in ſich; weil dieſe Anſtellung
eben nur zu dem Zwecke erfolgen darf, daß der Angeſtellte ein
öffentliches Amt bekleide.
Im Uebrigen iſt die Befähigung, im Reichsdienſt angeſtellt
zu werden, an beſondere Vorausſetzungen nicht gebunden; insbe-
ſondere iſt weder Reichsangehörigkeit, noch Großjährigkeit noch
Freiheit von der väterlichen Gewalt erforderlich 1).
Dagegen iſt für die Uebertragung einzelner Aemter eine ſpe-
zielle Qualifikation erforderlich, nämlich für die Berufskonſuln
(Geſ. v. 8. Nov. 1867 §. 7), für die Mitglieder des Oberhandels-
gerichts (Geſ. v. 12. Juni 1869 §. 6), des Bundesamtes für das
Heimathsweſen (Geſ. v. 6. Juni 1870 §. 42), der Disciplinar-
Behörden (Reichsbeamtengeſ. §. 89, 91, 121), der zur Verſtär-
kung des Reichs-Eiſenbahn-Amtes hinzu zu ziehenden Beamten (Geſ.
5)
1) Vgl. Kanngießer S. 24. Auch männliches Geſchlecht iſt reichsge-
ſetzlich nicht erforderlich; der Anſtellung von Frauen und Mädchen im Poſt-
und Telegraphendienſt ſteht kein rechtliches Hinderniß entgegen. Das Verzeich-
niß der Reichsbeamten im R.-G.-Bl. 1874 S. 179 erwähnt vielmehr ausdrück-
lich die „Telegraphen-Gehülfinnen“ im Großherzogth. Baden.
5) gen das Geſetz vom 27. Juni 1873 §. 2 überträgt die Ernennung der Sub-
altern- und Unterbeamten bei dem Reichs-Eiſenbahn-Amt dem Reichs-
kanzler. — Ein Prinzip ſcheint alſo nicht zu beſtehen, da bei den drei an-
gegebenen Behörden drei verſchiedene Anordnungen erlaſſen worden ſind. —
Bei der Ober-Rechnungskammer ernennt der Präſident alle Beamten mit Aus-
nahme der Mitglieder. (Preuß. Geſetz vom 27. März 1872 §. 6 Abſ. 1.
Geſ.-Samml. S. 279.) Dies findet auch auf den Rechnungshof des Reiches
Anwendung. Inſtrukt. vom 5. März 1875 §. 17. Centralbl. S. 160. —
Bisweilen iſt dem Reichskanzler die Ernennung von Reichsbeamten
übertragen, jedoch nach Anhörung von Bundesraths-Ausſchüſſen; ſo z. B. hin-
ſichtlich der Inſpectoren für die Steuermanns- und Schifferprüfungen (B.-G.-Bl.
1870 S. 320. 325) und der Inſpektoren für das Schiffsvermeſſungsweſen.
(Verordn. vom 5. Juli 1872 §. 21. R.-G.-Bl. S. 277).
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