Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 34. Die Reichs-Verwaltungsbehörden.
b) Die Beaufsichtigung der Selbstverwaltung der
Einzelstaaten.
c) Die Bearbeitung der übrigen Regierungsgeschäfte,
insbesondere die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, der ge-
schäftliche Verkehr mit dem Bundesrath und Reichstag, die
Wahrnehmung der handelspolitischen Interessen bei Ver-
handlungen mit auswärtigen Staaten über Handels- Zoll-
Schiffahrts-Verträge, Aufstellung des Bundeshaushaltsetats
und Führung der Bundes-Finanzwirthschaft u. s. w.

Ausgenommen von dem Geschäftskreis des Bundeskanzler-
Amtes waren die Auswärtigen Angelegenheiten, weil dieselben zur
Zeit der Errichtung des Bundeskanzler-Amtes einen Zweig der
Preußischen Staatsverwaltung bildeten; nur das Bundes-Konsu-
latswesen wurde dem Bundeskanzler-Amt zugewiesen, von der
Kompetenz desselben aber wieder getrennt, als das Reich die Aus-
wärtigen Angelegenheiten vollständig in eigene Verwaltung über-
nahm.

Ausgenommen waren ferner die Marine-Angelegenheiten, weil
nach der Verf. des Nordd. Bundes Art. 53 die Verwaltung der-
selben und der Oberbefehl über die Kriegsmarine nicht dem Bun-
des-Präsidium, sondern dem Könige von Preußen zugewiesen war.
Dasselbe gilt von dem Oberbefehl über das Heer und von der
Ober-Aufsicht über die Verwaltung desselben. (Art. 63 fg.)

Endlich waren selbstverständlich ausgenommen von dem Ge-
schäftskreise des Bundeskanzler-Amtes alle diejenigen Angelegen-
heiten, welche durch besondere Gesetze oder Verordnungen anderen
Behörden zugewiesen wurden.

Diese Grundsätze sind noch jetzt maaßgebend für die Kompe-
tenz des Reichskanzler-Amtes und für sein Verhältniß zu den
anderen obersten Reichsbehörden.

Sieht man von der Verwaltung des Konsulatswesens ab,
welche nur vorübergehend dem Bundeskanzler-Amt übertragen war,
so gab es für die eigene Verwaltung des Reiches ursprünglich
nur 2 Ressorts, Post und Telegraphie. Durch den Allerh. Erlaß
vom 18. Dezemb. 1867 (B.-G.-Bl. S. 328) wurden daher zwei
besondere Abtheilungen (I und II) des Bundeskanzler-Amtes für
diese Geschäfte unter den Bezeichnungen "General-Postamt" und
"General-Direktion der Telegraphen" gebildet; die übrigen Ge-

§. 34. Die Reichs-Verwaltungsbehörden.
b) Die Beaufſichtigung der Selbſtverwaltung der
Einzelſtaaten.
c) Die Bearbeitung der übrigen Regierungsgeſchäfte,
insbeſondere die Vorbereitung von Geſetzentwürfen, der ge-
ſchäftliche Verkehr mit dem Bundesrath und Reichstag, die
Wahrnehmung der handelspolitiſchen Intereſſen bei Ver-
handlungen mit auswärtigen Staaten über Handels- Zoll-
Schiffahrts-Verträge, Aufſtellung des Bundeshaushaltsetats
und Führung der Bundes-Finanzwirthſchaft u. ſ. w.

Ausgenommen von dem Geſchäftskreis des Bundeskanzler-
Amtes waren die Auswärtigen Angelegenheiten, weil dieſelben zur
Zeit der Errichtung des Bundeskanzler-Amtes einen Zweig der
Preußiſchen Staatsverwaltung bildeten; nur das Bundes-Konſu-
latsweſen wurde dem Bundeskanzler-Amt zugewieſen, von der
Kompetenz deſſelben aber wieder getrennt, als das Reich die Aus-
wärtigen Angelegenheiten vollſtändig in eigene Verwaltung über-
nahm.

Ausgenommen waren ferner die Marine-Angelegenheiten, weil
nach der Verf. des Nordd. Bundes Art. 53 die Verwaltung der-
ſelben und der Oberbefehl über die Kriegsmarine nicht dem Bun-
des-Präſidium, ſondern dem Könige von Preußen zugewieſen war.
Daſſelbe gilt von dem Oberbefehl über das Heer und von der
Ober-Aufſicht über die Verwaltung deſſelben. (Art. 63 fg.)

Endlich waren ſelbſtverſtändlich ausgenommen von dem Ge-
ſchäftskreiſe des Bundeskanzler-Amtes alle diejenigen Angelegen-
heiten, welche durch beſondere Geſetze oder Verordnungen anderen
Behörden zugewieſen wurden.

Dieſe Grundſätze ſind noch jetzt maaßgebend für die Kompe-
tenz des Reichskanzler-Amtes und für ſein Verhältniß zu den
anderen oberſten Reichsbehörden.

Sieht man von der Verwaltung des Konſulatsweſens ab,
welche nur vorübergehend dem Bundeskanzler-Amt übertragen war,
ſo gab es für die eigene Verwaltung des Reiches urſprünglich
nur 2 Reſſorts, Poſt und Telegraphie. Durch den Allerh. Erlaß
vom 18. Dezemb. 1867 (B.-G.-Bl. S. 328) wurden daher zwei
beſondere Abtheilungen (I und II) des Bundeskanzler-Amtes für
dieſe Geſchäfte unter den Bezeichnungen „General-Poſtamt“ und
„General-Direktion der Telegraphen“ gebildet; die übrigen Ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0334" n="314"/>
                <fw place="top" type="header">§. 34. Die Reichs-Verwaltungsbehörden.</fw><lb/>
                <list>
                  <item><hi rendition="#aq">b</hi>) Die <hi rendition="#g">Beauf&#x017F;ichtigung</hi> der <hi rendition="#g">Selb&#x017F;tverwaltung</hi> der<lb/>
Einzel&#x017F;taaten.</item><lb/>
                  <item><hi rendition="#aq">c</hi>) Die Bearbeitung der <hi rendition="#g">übrigen Regierungsge&#x017F;chäfte</hi>,<lb/>
insbe&#x017F;ondere die Vorbereitung von Ge&#x017F;etzentwürfen, der ge-<lb/>
&#x017F;chäftliche Verkehr mit dem Bundesrath und Reichstag, die<lb/>
Wahrnehmung der handelspoliti&#x017F;chen Intere&#x017F;&#x017F;en bei Ver-<lb/>
handlungen mit auswärtigen Staaten über Handels- Zoll-<lb/>
Schiffahrts-Verträge, Auf&#x017F;tellung des Bundeshaushaltsetats<lb/>
und Führung der Bundes-Finanzwirth&#x017F;chaft u. &#x017F;. w.</item>
                </list><lb/>
                <p>Ausgenommen von dem Ge&#x017F;chäftskreis des Bundeskanzler-<lb/>
Amtes waren die Auswärtigen Angelegenheiten, weil die&#x017F;elben zur<lb/>
Zeit der Errichtung des Bundeskanzler-Amtes einen Zweig der<lb/>
Preußi&#x017F;chen Staatsverwaltung bildeten; nur das Bundes-Kon&#x017F;u-<lb/>
latswe&#x017F;en wurde dem Bundeskanzler-Amt zugewie&#x017F;en, von der<lb/>
Kompetenz de&#x017F;&#x017F;elben aber wieder getrennt, als das Reich die Aus-<lb/>
wärtigen Angelegenheiten voll&#x017F;tändig in eigene Verwaltung über-<lb/>
nahm.</p><lb/>
                <p>Ausgenommen waren ferner die Marine-Angelegenheiten, weil<lb/>
nach der Verf. des Nordd. Bundes Art. 53 die Verwaltung der-<lb/>
&#x017F;elben und der Oberbefehl über die Kriegsmarine nicht dem Bun-<lb/>
des-Prä&#x017F;idium, &#x017F;ondern dem Könige von Preußen zugewie&#x017F;en war.<lb/>
Da&#x017F;&#x017F;elbe gilt von dem Oberbefehl über das Heer und von der<lb/>
Ober-Auf&#x017F;icht über die Verwaltung de&#x017F;&#x017F;elben. (Art. 63 fg.)</p><lb/>
                <p>Endlich waren &#x017F;elb&#x017F;tver&#x017F;tändlich ausgenommen von dem Ge-<lb/>
&#x017F;chäftskrei&#x017F;e des Bundeskanzler-Amtes alle diejenigen Angelegen-<lb/>
heiten, welche durch be&#x017F;ondere Ge&#x017F;etze oder Verordnungen anderen<lb/>
Behörden zugewie&#x017F;en wurden.</p><lb/>
                <p>Die&#x017F;e Grund&#x017F;ätze &#x017F;ind noch jetzt maaßgebend für die Kompe-<lb/>
tenz des Reichskanzler-Amtes und für &#x017F;ein Verhältniß zu den<lb/>
anderen ober&#x017F;ten Reichsbehörden.</p><lb/>
                <p>Sieht man von der Verwaltung des Kon&#x017F;ulatswe&#x017F;ens ab,<lb/>
welche nur vorübergehend dem Bundeskanzler-Amt übertragen war,<lb/>
&#x017F;o gab es für die <hi rendition="#g">eigene</hi> Verwaltung des Reiches ur&#x017F;prünglich<lb/><choice><sic>nnr</sic><corr>nur</corr></choice> 2 Re&#x017F;&#x017F;orts, Po&#x017F;t und Telegraphie. Durch den Allerh. Erlaß<lb/>
vom 18. Dezemb. 1867 (B.-G.-Bl. S. 328) wurden daher zwei<lb/>
be&#x017F;ondere Abtheilungen (<hi rendition="#aq">I</hi> und <hi rendition="#aq">II</hi>) des Bundeskanzler-Amtes für<lb/>
die&#x017F;e Ge&#x017F;chäfte unter den Bezeichnungen &#x201E;General-Po&#x017F;tamt&#x201C; und<lb/>
&#x201E;General-Direktion der Telegraphen&#x201C; gebildet; die übrigen Ge-<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[314/0334] §. 34. Die Reichs-Verwaltungsbehörden. b) Die Beaufſichtigung der Selbſtverwaltung der Einzelſtaaten. c) Die Bearbeitung der übrigen Regierungsgeſchäfte, insbeſondere die Vorbereitung von Geſetzentwürfen, der ge- ſchäftliche Verkehr mit dem Bundesrath und Reichstag, die Wahrnehmung der handelspolitiſchen Intereſſen bei Ver- handlungen mit auswärtigen Staaten über Handels- Zoll- Schiffahrts-Verträge, Aufſtellung des Bundeshaushaltsetats und Führung der Bundes-Finanzwirthſchaft u. ſ. w. Ausgenommen von dem Geſchäftskreis des Bundeskanzler- Amtes waren die Auswärtigen Angelegenheiten, weil dieſelben zur Zeit der Errichtung des Bundeskanzler-Amtes einen Zweig der Preußiſchen Staatsverwaltung bildeten; nur das Bundes-Konſu- latsweſen wurde dem Bundeskanzler-Amt zugewieſen, von der Kompetenz deſſelben aber wieder getrennt, als das Reich die Aus- wärtigen Angelegenheiten vollſtändig in eigene Verwaltung über- nahm. Ausgenommen waren ferner die Marine-Angelegenheiten, weil nach der Verf. des Nordd. Bundes Art. 53 die Verwaltung der- ſelben und der Oberbefehl über die Kriegsmarine nicht dem Bun- des-Präſidium, ſondern dem Könige von Preußen zugewieſen war. Daſſelbe gilt von dem Oberbefehl über das Heer und von der Ober-Aufſicht über die Verwaltung deſſelben. (Art. 63 fg.) Endlich waren ſelbſtverſtändlich ausgenommen von dem Ge- ſchäftskreiſe des Bundeskanzler-Amtes alle diejenigen Angelegen- heiten, welche durch beſondere Geſetze oder Verordnungen anderen Behörden zugewieſen wurden. Dieſe Grundſätze ſind noch jetzt maaßgebend für die Kompe- tenz des Reichskanzler-Amtes und für ſein Verhältniß zu den anderen oberſten Reichsbehörden. Sieht man von der Verwaltung des Konſulatsweſens ab, welche nur vorübergehend dem Bundeskanzler-Amt übertragen war, ſo gab es für die eigene Verwaltung des Reiches urſprünglich nur 2 Reſſorts, Poſt und Telegraphie. Durch den Allerh. Erlaß vom 18. Dezemb. 1867 (B.-G.-Bl. S. 328) wurden daher zwei beſondere Abtheilungen (I und II) des Bundeskanzler-Amtes für dieſe Geſchäfte unter den Bezeichnungen „General-Poſtamt“ und „General-Direktion der Telegraphen“ gebildet; die übrigen Ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/334
Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/334>, abgerufen am 24.11.2024.