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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 29. Der Bundesrath als Organ des Reiches.
dem Reichskanzler. Nach Art. 17 der Reichsverfassung steht dem
Kaiser die Ueberwachung der Ausführung der Reichsgesetze zu.
Nach dem Ursprunge des Art 7. in dem Zollvereinsvertrage und
dem Art. 37 der Norddeutschen Bundesverfassung kann es nun
keinem Zweifel unterliegen, daß Art. 7 Ziff. 3 sich zu Art. 17
gerade ebenso verhält, wie der 3. Absatz des Art. 36 zu dem
zweiten Absatz desselben Artikels; d. h. dieselbe Abgränzung der
Kompetenz, welche für Zoll- und Steuersachen, in Art. 36 erfolgt
ist, ist durch Art. 7 Ziff. 3 und 17 auf alle der Reichsgesetzgebung
unterliegenden Gegenstände ausgedehnt worden 1).

Dem Kaiser liegt es daher ob, die zur Controle der Einzel-
staaten etwa erforderlichen und durch Reichsgesetze vorgesehenen
Beamten zu ernennen, namentlich aber gehen vom Kaiser d. h.
von dem von ihm ernannten Reichskanzler oder den Ressortbehör-
den des Reiches die Verfügungen aus, welche zur Durchfüh-
rung der vom Bundesrathe getroffenen Entscheidungen erforderlich
sind. Der Bundesrath dagegen fällt die materielle Entscheidung
über die Auslegung oder Handhabung der Reichsgesetze oder über
eine allgemeine Einrichtung behufs Abhülfe der Mängel, welche
bei der Ausführung der Reichsgesetze hervorgetreten sind 2).

Es steht diese, dem Bundesrath zugewiesene Kompetenz im
engsten Zusammenhange mit der ihm übertragenen Gesetzgebungs-
Funktion und die Beschlußfassung über Mängel, d. h. über die
richtige Handhabung der Reichsgesetze und über Abhülfe der her-

1) Im Wesentlichen besteht dasselbe Verhältniß auch zwischen Art. 7 Ziff.
1 und Art. 16. Der Bundesrath beschließt, welche Vorlagen dem Reichstage
zu machen sind; der Kaiser läßt dieselben nach Maßgabe der Beschlüsse des
Bundesrathes an den Reichstag bringen.
2) Sehr richtig äußerte sich der Abg. Lasker im Reichstag 1870. II.
auß. Sess. Stenogr. Ber. S. 122: "Den zweiten Theil, welcher die Abhilfe
der Mängel dem Bundesrathe überweist, verstehe ich dahin, daß die thatsäch-
liche Exekution allein durch das Bundeskanzler-Amt vermittelt wird, daß der
Bundesrath irgend welche Mängel als vorhanden konstatirt und Abhilfe be-
schließt und daß diese dann durch die Beamten des Bundeskanzlers oder
durch das Bundeskanzler-Amt unter der Leitung des Bundeskanzlers erfolgen
muß. Ich glaube die Bestimmungen der Verfassung nicht mißzuverstehen und
in dieser Einschränkung begrüße ich sie als eine vortheilhafte Organisation."
Westerkamp S. 157 findet das Verhältniß des Bundesrathes und des
Kaisers "nicht völlig klar;" freilich, wenn seine Darstellung desselben richtig
wäre, so wäre es völlig unklar.

§. 29. Der Bundesrath als Organ des Reiches.
dem Reichskanzler. Nach Art. 17 der Reichsverfaſſung ſteht dem
Kaiſer die Ueberwachung der Ausführung der Reichsgeſetze zu.
Nach dem Urſprunge des Art 7. in dem Zollvereinsvertrage und
dem Art. 37 der Norddeutſchen Bundesverfaſſung kann es nun
keinem Zweifel unterliegen, daß Art. 7 Ziff. 3 ſich zu Art. 17
gerade ebenſo verhält, wie der 3. Abſatz des Art. 36 zu dem
zweiten Abſatz deſſelben Artikels; d. h. dieſelbe Abgränzung der
Kompetenz, welche für Zoll- und Steuerſachen, in Art. 36 erfolgt
iſt, iſt durch Art. 7 Ziff. 3 und 17 auf alle der Reichsgeſetzgebung
unterliegenden Gegenſtände ausgedehnt worden 1).

Dem Kaiſer liegt es daher ob, die zur Controle der Einzel-
ſtaaten etwa erforderlichen und durch Reichsgeſetze vorgeſehenen
Beamten zu ernennen, namentlich aber gehen vom Kaiſer d. h.
von dem von ihm ernannten Reichskanzler oder den Reſſortbehör-
den des Reiches die Verfügungen aus, welche zur Durchfüh-
rung der vom Bundesrathe getroffenen Entſcheidungen erforderlich
ſind. Der Bundesrath dagegen fällt die materielle Entſcheidung
über die Auslegung oder Handhabung der Reichsgeſetze oder über
eine allgemeine Einrichtung behufs Abhülfe der Mängel, welche
bei der Ausführung der Reichsgeſetze hervorgetreten ſind 2).

Es ſteht dieſe, dem Bundesrath zugewieſene Kompetenz im
engſten Zuſammenhange mit der ihm übertragenen Geſetzgebungs-
Funktion und die Beſchlußfaſſung über Mängel, d. h. über die
richtige Handhabung der Reichsgeſetze und über Abhülfe der her-

1) Im Weſentlichen beſteht daſſelbe Verhältniß auch zwiſchen Art. 7 Ziff.
1 und Art. 16. Der Bundesrath beſchließt, welche Vorlagen dem Reichstage
zu machen ſind; der Kaiſer läßt dieſelben nach Maßgabe der Beſchlüſſe des
Bundesrathes an den Reichstag bringen.
2) Sehr richtig äußerte ſich der Abg. Lasker im Reichstag 1870. II.
auß. Seſſ. Stenogr. Ber. S. 122: „Den zweiten Theil, welcher die Abhilfe
der Mängel dem Bundesrathe überweiſt, verſtehe ich dahin, daß die thatſäch-
liche Exekution allein durch das Bundeskanzler-Amt vermittelt wird, daß der
Bundesrath irgend welche Mängel als vorhanden konſtatirt und Abhilfe be-
ſchließt und daß dieſe dann durch die Beamten des Bundeskanzlers oder
durch das Bundeskanzler-Amt unter der Leitung des Bundeskanzlers erfolgen
muß. Ich glaube die Beſtimmungen der Verfaſſung nicht mißzuverſtehen und
in dieſer Einſchränkung begrüße ich ſie als eine vortheilhafte Organiſation.“
Weſterkamp S. 157 findet das Verhältniß des Bundesrathes und des
Kaiſers „nicht völlig klar;“ freilich, wenn ſeine Darſtellung deſſelben richtig
wäre, ſo wäre es völlig unklar.
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[260/0280] §. 29. Der Bundesrath als Organ des Reiches. dem Reichskanzler. Nach Art. 17 der Reichsverfaſſung ſteht dem Kaiſer die Ueberwachung der Ausführung der Reichsgeſetze zu. Nach dem Urſprunge des Art 7. in dem Zollvereinsvertrage und dem Art. 37 der Norddeutſchen Bundesverfaſſung kann es nun keinem Zweifel unterliegen, daß Art. 7 Ziff. 3 ſich zu Art. 17 gerade ebenſo verhält, wie der 3. Abſatz des Art. 36 zu dem zweiten Abſatz deſſelben Artikels; d. h. dieſelbe Abgränzung der Kompetenz, welche für Zoll- und Steuerſachen, in Art. 36 erfolgt iſt, iſt durch Art. 7 Ziff. 3 und 17 auf alle der Reichsgeſetzgebung unterliegenden Gegenſtände ausgedehnt worden 1). Dem Kaiſer liegt es daher ob, die zur Controle der Einzel- ſtaaten etwa erforderlichen und durch Reichsgeſetze vorgeſehenen Beamten zu ernennen, namentlich aber gehen vom Kaiſer d. h. von dem von ihm ernannten Reichskanzler oder den Reſſortbehör- den des Reiches die Verfügungen aus, welche zur Durchfüh- rung der vom Bundesrathe getroffenen Entſcheidungen erforderlich ſind. Der Bundesrath dagegen fällt die materielle Entſcheidung über die Auslegung oder Handhabung der Reichsgeſetze oder über eine allgemeine Einrichtung behufs Abhülfe der Mängel, welche bei der Ausführung der Reichsgeſetze hervorgetreten ſind 2). Es ſteht dieſe, dem Bundesrath zugewieſene Kompetenz im engſten Zuſammenhange mit der ihm übertragenen Geſetzgebungs- Funktion und die Beſchlußfaſſung über Mängel, d. h. über die richtige Handhabung der Reichsgeſetze und über Abhülfe der her- 1) Im Weſentlichen beſteht daſſelbe Verhältniß auch zwiſchen Art. 7 Ziff. 1 und Art. 16. Der Bundesrath beſchließt, welche Vorlagen dem Reichstage zu machen ſind; der Kaiſer läßt dieſelben nach Maßgabe der Beſchlüſſe des Bundesrathes an den Reichstag bringen. 2) Sehr richtig äußerte ſich der Abg. Lasker im Reichstag 1870. II. auß. Seſſ. Stenogr. Ber. S. 122: „Den zweiten Theil, welcher die Abhilfe der Mängel dem Bundesrathe überweiſt, verſtehe ich dahin, daß die thatſäch- liche Exekution allein durch das Bundeskanzler-Amt vermittelt wird, daß der Bundesrath irgend welche Mängel als vorhanden konſtatirt und Abhilfe be- ſchließt und daß dieſe dann durch die Beamten des Bundeskanzlers oder durch das Bundeskanzler-Amt unter der Leitung des Bundeskanzlers erfolgen muß. Ich glaube die Beſtimmungen der Verfaſſung nicht mißzuverſtehen und in dieſer Einſchränkung begrüße ich ſie als eine vortheilhafte Organiſation.“ Weſterkamp S. 157 findet das Verhältniß des Bundesrathes und des Kaiſers „nicht völlig klar;“ freilich, wenn ſeine Darſtellung deſſelben richtig wäre, ſo wäre es völlig unklar.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/280>, abgerufen am 24.11.2024.