Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.§. 24. Die staatsrechtliche Natur des Kaiserthums. Alle Anordnungen, welche in der Norddeutschen Bundesverfassungund den zu ihrer Durchführung erlassenen Gesetzen das Bundes- präsidium betrafen, sind nunmehr auf den gesammten Kreis der kaiserlichen Rechte und Pflichten ausgedehnt und verallgemeinert worden. Aber das ist allerdings festzuhalten, daß eine neue staats- Die Feststellung der staatsrechtlichen Natur des Kaiserthums Er ergeben sich sofort zwei Sätze negativen Inhalts. 1. Der Kaiser ist nicht Monarch des Reich es d. h. 1) Man sollte es kaum für nöthig halten, darauf aufmerksam zu machen, daß "Bundespräsidium" etwas ganz Anderes ist, als "Bundesrathspräsidium"; und doch hat Grotefend Staatsrecht §. 769 es fertig gebracht, den König von Preußen zum Vorsitzenden des Bundesraths (!) zu erklären. 2) Siehe oben §. 9.
§. 24. Die ſtaatsrechtliche Natur des Kaiſerthums. Alle Anordnungen, welche in der Norddeutſchen Bundesverfaſſungund den zu ihrer Durchführung erlaſſenen Geſetzen das Bundes- präſidium betrafen, ſind nunmehr auf den geſammten Kreis der kaiſerlichen Rechte und Pflichten ausgedehnt und verallgemeinert worden. Aber das iſt allerdings feſtzuhalten, daß eine neue ſtaats- Die Feſtſtellung der ſtaatsrechtlichen Natur des Kaiſerthums Er ergeben ſich ſofort zwei Sätze negativen Inhalts. 1. Der Kaiſer iſt nicht Monarch des Reich es d. h. 1) Man ſollte es kaum für nöthig halten, darauf aufmerkſam zu machen, daß „Bundespräſidium“ etwas ganz Anderes iſt, als „Bundesrathspräſidium“; und doch hat Grotefend Staatsrecht §. 769 es fertig gebracht, den König von Preußen zum Vorſitzenden des Bundesraths (!) zu erklären. 2) Siehe oben §. 9.
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§. 24. Die ſtaatsrechtliche Natur des Kaiſerthums.
Alle Anordnungen, welche in der Norddeutſchen Bundesverfaſſung
und den zu ihrer Durchführung erlaſſenen Geſetzen das Bundes-
präſidium betrafen, ſind nunmehr auf den geſammten Kreis der
kaiſerlichen Rechte und Pflichten ausgedehnt und verallgemeinert
worden.
Aber das iſt allerdings feſtzuhalten, daß eine neue ſtaats-
rechtliche Inſtitution durch die Wiederherſtellung der Kaiſerwürde
nicht geſchaffen worden iſt. Der Begriff des Bundespräſidiums iſt
durch die Verknüpfung deſſelben mit dem Kaiſertitel nicht verän-
dert worden. Aus den geſchichtlichen Vorgängen, die zur Wieder-
Aufrichtung des Kaiſertitels führten, aus den Motiven und Er-
klärungen, mit denen die Vorlage der jetzigen Verfaſſungs-Redac-
tion und deren Berathung begleitet wurde, und vor Allem aus
dem Art. 11 der Reichsverfaſſung ſelbſt, ergiebt ſich mit unzwei-
felhafter Gewißheit, daß das Kaiſerthum ganz und vollkommen
identiſch iſt mit dem Bundespräſidium, und daß es, abgeſehen
von dem Titel und den demſelben entſprechenden Inſignien keine
Rechte enthält als die Präſidialrechte 1).
Die Feſtſtellung der ſtaatsrechtlichen Natur des Kaiſerthums
iſt nicht ohne Schwierigkeiten, da ein aus Monarchien zuſammen-
geſetzter Bundesſtaat ohne Vorgang in der Geſchichte iſt. Aus
dem Umſtande, daß der Kaiſertitel bisher nur zur Bezeichnung
des Monarchenrechts verwendet worden iſt, können Schlüſſe nicht
gezogen werden, da Art. 11 der R.-V. ausdrücklich dem Kaiſer
nicht die Souveränetät des Reiches, ſondern das Präſidium des
Bundes beilegt. Es kann vielmehr dieſer Begriff nur aus der
Natur des Reiches als eines Bundesſtaates gefunden werden.
Er ergeben ſich ſofort zwei Sätze negativen Inhalts.
1. Der Kaiſer iſt nicht Monarch des Reich es d. h.
Souverän deſſelben; die Reichsgewalt ſteht nicht ihm, ſondern
der Geſammtheit der Deutſchen Bundesfürſten und freien Städte,
alſo einem von ihm begrifflich verſchiedenen Subject zu 2); wo
er für das Reich Willenserklärungen abgiebt oder Handlungen
vornimmt, handelt er nicht im eigenen Namen, ſondern im Namen
1) Man ſollte es kaum für nöthig halten, darauf aufmerkſam zu machen,
daß „Bundespräſidium“ etwas ganz Anderes iſt, als „Bundesrathspräſidium“;
und doch hat Grotefend Staatsrecht §. 769 es fertig gebracht, den König
von Preußen zum Vorſitzenden des Bundesraths (!) zu erklären.
2) Siehe oben §. 9.
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