Und gleichfalls mit einer Christine, antwortete er lachend, aber mit einer schwarzen.
So, sie hat dir ihren Namen gestanden? rief Schwamenjackel. Da muß es mit der Vertraulichkeit schon ziemlich weit gekommen sein. In der That, sagte die Zigeunerin Christine, wir sind Mann und Weib mit einander gewesen, aber nur vor den Leuten. Wo ist denn mein Weib? fragte Schwan. Auf und davon! antwortete Bettelmelcher. Der Eifersuchtsteufel hat sie ergriffen. Obgleich ich mein Aeußerstes aufgeboten habe sie zu unterhalten, hat sie sich doch nicht fesseln lassen. Sie hat mir nicht einmal bekannt, wo sie zu finden sei. Ich geh' dahin, wo ich her¬ kommen bin, hat sie gesagt, und weg war sie. Vermuthlich denkt sie, du werdest wissen, wo du sie suchen müssest. Dummes Zeug! sagte er ärgerlich.
Neuigkeiten! rief eine bekannte Stimme von Weitem und der scheele Christianus kam, den Andern wohl nicht unerwartet, von der entgegengesetzten Seite herbeigeeilt. Es hat eine Soldatenmeuterei ge¬ geben im Lager bei Geislingen, der Herzog von Wirtemberg ist heut früh selbst hinaufgefahren und hat Achtzehn erschießen lassen.
Eine Meuterei! rief der Bürgerssohn von Ebersbach: das ist ja was Unerhörtes im wirtembergischen Militär.
Du hast eben in den letzten Wochen nicht viel erfahren, was im Land vorgeht, sagte der Zigeuner. Es ist ja schon neulich ein Auf¬ ruhr in der Kaserne zu Stuttgart ausgebrochen und mit Mühe ge¬ dämpft worden. Was Teufels!
Dein Herzog, sagte die Zigeunerin, hat seine Soldaten an die Krone Frankreich verkauft gegen den König von Preußen, und nun wollen sie nicht ziehen.
Ja, setzte ihr Bruder hinzu, man ist den Leuten Nachts in die Häuser eingebrochen und hat sie aus dem Bett gerissen, um die Regi¬ menter voll zu machen, aber in Stuttgart sind sie alle wieder aus einander gelaufen. Darauf hat ein General, ich weiß nicht wie er heißt, einen Generalpardon ausgeschrieben, und auf diesen haben sich eine Menge Ausreißer gestellt; aber der Herzog ist auf die Nachricht aus dem Feld zurückgeeilt, hat den Pardon nicht gehalten und Viele
Und gleichfalls mit einer Chriſtine, antwortete er lachend, aber mit einer ſchwarzen.
So, ſie hat dir ihren Namen geſtanden? rief Schwamenjackel. Da muß es mit der Vertraulichkeit ſchon ziemlich weit gekommen ſein. In der That, ſagte die Zigeunerin Chriſtine, wir ſind Mann und Weib mit einander geweſen, aber nur vor den Leuten. Wo iſt denn mein Weib? fragte Schwan. Auf und davon! antwortete Bettelmelcher. Der Eiferſuchtsteufel hat ſie ergriffen. Obgleich ich mein Aeußerſtes aufgeboten habe ſie zu unterhalten, hat ſie ſich doch nicht feſſeln laſſen. Sie hat mir nicht einmal bekannt, wo ſie zu finden ſei. Ich geh' dahin, wo ich her¬ kommen bin, hat ſie geſagt, und weg war ſie. Vermuthlich denkt ſie, du werdeſt wiſſen, wo du ſie ſuchen müſſeſt. Dummes Zeug! ſagte er ärgerlich.
Neuigkeiten! rief eine bekannte Stimme von Weitem und der ſcheele Chriſtianus kam, den Andern wohl nicht unerwartet, von der entgegengeſetzten Seite herbeigeeilt. Es hat eine Soldatenmeuterei ge¬ geben im Lager bei Geislingen, der Herzog von Wirtemberg iſt heut früh ſelbſt hinaufgefahren und hat Achtzehn erſchießen laſſen.
Eine Meuterei! rief der Bürgersſohn von Ebersbach: das iſt ja was Unerhörtes im wirtembergiſchen Militär.
Du haſt eben in den letzten Wochen nicht viel erfahren, was im Land vorgeht, ſagte der Zigeuner. Es iſt ja ſchon neulich ein Auf¬ ruhr in der Kaſerne zu Stuttgart ausgebrochen und mit Mühe ge¬ dämpft worden. Was Teufels!
Dein Herzog, ſagte die Zigeunerin, hat ſeine Soldaten an die Krone Frankreich verkauft gegen den König von Preußen, und nun wollen ſie nicht ziehen.
Ja, ſetzte ihr Bruder hinzu, man iſt den Leuten Nachts in die Häuſer eingebrochen und hat ſie aus dem Bett geriſſen, um die Regi¬ menter voll zu machen, aber in Stuttgart ſind ſie alle wieder aus einander gelaufen. Darauf hat ein General, ich weiß nicht wie er heißt, einen Generalpardon ausgeſchrieben, und auf dieſen haben ſich eine Menge Ausreißer geſtellt; aber der Herzog iſt auf die Nachricht aus dem Feld zurückgeeilt, hat den Pardon nicht gehalten und Viele
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[406/0422]
Und gleichfalls mit einer Chriſtine, antwortete er lachend, aber mit
einer ſchwarzen.
So, ſie hat dir ihren Namen geſtanden? rief Schwamenjackel.
Da muß es mit der Vertraulichkeit ſchon ziemlich weit gekommen ſein.
In der That, ſagte die Zigeunerin Chriſtine, wir ſind Mann und
Weib mit einander geweſen, aber nur vor den Leuten.
Wo iſt denn mein Weib? fragte Schwan.
Auf und davon! antwortete Bettelmelcher. Der Eiferſuchtsteufel
hat ſie ergriffen. Obgleich ich mein Aeußerſtes aufgeboten habe ſie
zu unterhalten, hat ſie ſich doch nicht feſſeln laſſen. Sie hat mir nicht
einmal bekannt, wo ſie zu finden ſei. Ich geh' dahin, wo ich her¬
kommen bin, hat ſie geſagt, und weg war ſie. Vermuthlich denkt ſie,
du werdeſt wiſſen, wo du ſie ſuchen müſſeſt.
Dummes Zeug! ſagte er ärgerlich.
Neuigkeiten! rief eine bekannte Stimme von Weitem und der
ſcheele Chriſtianus kam, den Andern wohl nicht unerwartet, von der
entgegengeſetzten Seite herbeigeeilt. Es hat eine Soldatenmeuterei ge¬
geben im Lager bei Geislingen, der Herzog von Wirtemberg iſt heut
früh ſelbſt hinaufgefahren und hat Achtzehn erſchießen laſſen.
Eine Meuterei! rief der Bürgersſohn von Ebersbach: das iſt ja
was Unerhörtes im wirtembergiſchen Militär.
Du haſt eben in den letzten Wochen nicht viel erfahren, was im
Land vorgeht, ſagte der Zigeuner. Es iſt ja ſchon neulich ein Auf¬
ruhr in der Kaſerne zu Stuttgart ausgebrochen und mit Mühe ge¬
dämpft worden.
Was Teufels!
Dein Herzog, ſagte die Zigeunerin, hat ſeine Soldaten an die
Krone Frankreich verkauft gegen den König von Preußen, und nun
wollen ſie nicht ziehen.
Ja, ſetzte ihr Bruder hinzu, man iſt den Leuten Nachts in die
Häuſer eingebrochen und hat ſie aus dem Bett geriſſen, um die Regi¬
menter voll zu machen, aber in Stuttgart ſind ſie alle wieder aus
einander gelaufen. Darauf hat ein General, ich weiß nicht wie er
heißt, einen Generalpardon ausgeſchrieben, und auf dieſen haben ſich
eine Menge Ausreißer geſtellt; aber der Herzog iſt auf die Nachricht
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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/422>, abgerufen am 23.11.2024.
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