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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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würden sich vielleicht gar nicht ungern dazu verstehen, aber die Weiber
finden sie nicht nach ihrem Geschmack. Uebrigens ist es Schade, daß
du uns nichts von der Ankunft deiner Frau gesagt hast: wir haben
ja beinahe nichts mehr übrig, was man ihr anbieten könnte. Da du
unser Gast bist, so darfst du dich nicht bemühen. Freund Bettelmelcher
ist gewiß gern so galant, sie abzuholen und in unsre Mitte einzuführen.

Wie sieht sie denn aus, damit ich nicht die Unrechte bringe?
fragte dieser neugierig lächelnd, indem er sich zum Fortgehen anschickte.

Christinens Freund empfand eine seltsame Verlegenheit. Sie sieht
aus, wie die Leute aus der Umgegend, sagte er, nachdem er einen
Augenblick vergebens nach einer passenderen Beschreibung gerungen hatte.

Geh' nur, Schelm! rief der Zigeuner lachend. Meinst du denn,
du werdest einen Markt voll Weiber vor dem Walde finden? -- Wir
müssen eben einmal die Probe mit ihr machen, wie sie sich bei uns
gefällt, fuhr er fort, nachdem Jener sich entfernt hatte. Wir beweisen
dir eine große Rücksicht, Bruder, und gehen weit von unsern gewohn¬
ten Grundsätzen ab, wenn wir deine Frau in unsre Gesellschaft auf¬
nehmen. Was die Männer betrifft, so halten wir's nicht gar streng
mit den Deutschen, selbst wir Zigeuner nicht, die wir uns noch am
meisten abzuschließen pflegen. Meine Mutter ist, wie du weißt, mit
Deutschen verheirathet gewesen. Unsre beiden Freunde hier sind gleich¬
falls Deutsche, wenigstens dem Aussehen nach, denn ihr Stammbaum
ist ihnen selbst nicht recht bekannt. Welche Aufnahme du bei uns ge¬
funden hast, das weißt du selbst. Gegen die deutschen Weiber aber
besinnen wir uns dreimal, bis wir eine zulassen.

Aber nicht, weil wir eifersüchtig sind! rief seine jüngere Schwester
trotzig dazwischen.

Nein, das sind wir nicht! stimmte die Aeltere mit einem spöttischen
Gelächter ein.

Die deutschen Weiber, sagte die Alte, sind nicht zu unsrem Leben
erzogen und taugen deßhalb selten dazu.

Sie sind -- ergänzte ihr Sohn, einen Augenblick aus dem Tone
guter Lebensart fallend -- sie sind in der Regel dumme Hunde, die
zu nichts zu gebrauchen sind.

Es rauschte im Walde und man hörte das Zirpen einer Grille,
das der Zigeuner mit dem gleichen Laut beantwortete. Gleich darauf

würden ſich vielleicht gar nicht ungern dazu verſtehen, aber die Weiber
finden ſie nicht nach ihrem Geſchmack. Uebrigens iſt es Schade, daß
du uns nichts von der Ankunft deiner Frau geſagt haſt: wir haben
ja beinahe nichts mehr übrig, was man ihr anbieten könnte. Da du
unſer Gaſt biſt, ſo darfſt du dich nicht bemühen. Freund Bettelmelcher
iſt gewiß gern ſo galant, ſie abzuholen und in unſre Mitte einzuführen.

Wie ſieht ſie denn aus, damit ich nicht die Unrechte bringe?
fragte dieſer neugierig lächelnd, indem er ſich zum Fortgehen anſchickte.

Chriſtinens Freund empfand eine ſeltſame Verlegenheit. Sie ſieht
aus, wie die Leute aus der Umgegend, ſagte er, nachdem er einen
Augenblick vergebens nach einer paſſenderen Beſchreibung gerungen hatte.

Geh' nur, Schelm! rief der Zigeuner lachend. Meinſt du denn,
du werdeſt einen Markt voll Weiber vor dem Walde finden? — Wir
müſſen eben einmal die Probe mit ihr machen, wie ſie ſich bei uns
gefällt, fuhr er fort, nachdem Jener ſich entfernt hatte. Wir beweiſen
dir eine große Rückſicht, Bruder, und gehen weit von unſern gewohn¬
ten Grundſätzen ab, wenn wir deine Frau in unſre Geſellſchaft auf¬
nehmen. Was die Männer betrifft, ſo halten wir's nicht gar ſtreng
mit den Deutſchen, ſelbſt wir Zigeuner nicht, die wir uns noch am
meiſten abzuſchließen pflegen. Meine Mutter iſt, wie du weißt, mit
Deutſchen verheirathet geweſen. Unſre beiden Freunde hier ſind gleich¬
falls Deutſche, wenigſtens dem Ausſehen nach, denn ihr Stammbaum
iſt ihnen ſelbſt nicht recht bekannt. Welche Aufnahme du bei uns ge¬
funden haſt, das weißt du ſelbſt. Gegen die deutſchen Weiber aber
beſinnen wir uns dreimal, bis wir eine zulaſſen.

Aber nicht, weil wir eiferſüchtig ſind! rief ſeine jüngere Schweſter
trotzig dazwiſchen.

Nein, das ſind wir nicht! ſtimmte die Aeltere mit einem ſpöttiſchen
Gelächter ein.

Die deutſchen Weiber, ſagte die Alte, ſind nicht zu unſrem Leben
erzogen und taugen deßhalb ſelten dazu.

Sie ſind — ergänzte ihr Sohn, einen Augenblick aus dem Tone
guter Lebensart fallend — ſie ſind in der Regel dumme Hunde, die
zu nichts zu gebrauchen ſind.

Es rauſchte im Walde und man hörte das Zirpen einer Grille,
das der Zigeuner mit dem gleichen Laut beantwortete. Gleich darauf

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[386/0402] würden ſich vielleicht gar nicht ungern dazu verſtehen, aber die Weiber finden ſie nicht nach ihrem Geſchmack. Uebrigens iſt es Schade, daß du uns nichts von der Ankunft deiner Frau geſagt haſt: wir haben ja beinahe nichts mehr übrig, was man ihr anbieten könnte. Da du unſer Gaſt biſt, ſo darfſt du dich nicht bemühen. Freund Bettelmelcher iſt gewiß gern ſo galant, ſie abzuholen und in unſre Mitte einzuführen. Wie ſieht ſie denn aus, damit ich nicht die Unrechte bringe? fragte dieſer neugierig lächelnd, indem er ſich zum Fortgehen anſchickte. Chriſtinens Freund empfand eine ſeltſame Verlegenheit. Sie ſieht aus, wie die Leute aus der Umgegend, ſagte er, nachdem er einen Augenblick vergebens nach einer paſſenderen Beſchreibung gerungen hatte. Geh' nur, Schelm! rief der Zigeuner lachend. Meinſt du denn, du werdeſt einen Markt voll Weiber vor dem Walde finden? — Wir müſſen eben einmal die Probe mit ihr machen, wie ſie ſich bei uns gefällt, fuhr er fort, nachdem Jener ſich entfernt hatte. Wir beweiſen dir eine große Rückſicht, Bruder, und gehen weit von unſern gewohn¬ ten Grundſätzen ab, wenn wir deine Frau in unſre Geſellſchaft auf¬ nehmen. Was die Männer betrifft, ſo halten wir's nicht gar ſtreng mit den Deutſchen, ſelbſt wir Zigeuner nicht, die wir uns noch am meiſten abzuſchließen pflegen. Meine Mutter iſt, wie du weißt, mit Deutſchen verheirathet geweſen. Unſre beiden Freunde hier ſind gleich¬ falls Deutſche, wenigſtens dem Ausſehen nach, denn ihr Stammbaum iſt ihnen ſelbſt nicht recht bekannt. Welche Aufnahme du bei uns ge¬ funden haſt, das weißt du ſelbſt. Gegen die deutſchen Weiber aber beſinnen wir uns dreimal, bis wir eine zulaſſen. Aber nicht, weil wir eiferſüchtig ſind! rief ſeine jüngere Schweſter trotzig dazwiſchen. Nein, das ſind wir nicht! ſtimmte die Aeltere mit einem ſpöttiſchen Gelächter ein. Die deutſchen Weiber, ſagte die Alte, ſind nicht zu unſrem Leben erzogen und taugen deßhalb ſelten dazu. Sie ſind — ergänzte ihr Sohn, einen Augenblick aus dem Tone guter Lebensart fallend — ſie ſind in der Regel dumme Hunde, die zu nichts zu gebrauchen ſind. Es rauſchte im Walde und man hörte das Zirpen einer Grille, das der Zigeuner mit dem gleichen Laut beantwortete. Gleich darauf

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/402>, abgerufen am 25.11.2024.