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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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werk, das er treibt, er muß auch darin Seinesgleichen um sich haben,
bei denen er Beifall und Aufmunterung findet, denn sonst ist's ein
Hundeleben.

Das ist sehr wahr! rief der Gast, von dieser Bemerkung ergriffen.
Bei uns findest du keinen Brodneid, keine Unterdrückung, wie in
der honnetten Welt draußen. Du bist uns mit deinem Kopf und Arm
willkommen und wir bedürfen deiner, wie du unsrer bedarfst. Unsern
Ertrag theilen wir ehrlich und redlich, und wenn Einer vor den
Ändern eine besondere Mühe auf sich genommen hat, so wird ihm
ein verhältnißmäßig größerer Antheil zuerkannt. Einen Lieutenant, der
das Beste an sich reißt und die Andern als seine Untergebenen be¬
handelt, gibt es nicht bei uns. Wer die beste Meinung geltend machen
kann, dessen Anschlag wird befolgt, und was gemeinsam beschlossen ist,
wird in strenger Ordnung ausgeführt. Außerdem aber leben wir als
freie Leute auf gleichem Fuß mit einander.

Und immer in Floribus! fiel Bettelmelcher ein, indem er die
Flasche schwang und dem Gaste reichte.

Leuchtet dir aber die Wahrheit deines Sprüchleins auch im an¬
dern Punkte ein, hob der Zigeuner wieder an, und möchtest du eine
Gefährtin haben, die in deinen neuen Lebenslauf paßt, so hast du,
ohne Ziererei gesprochen, zwischen meinen Schwestern die Wahl. Du
wirst sie, denk' ich, beide nicht übel gefunden haben. Eine abschlägige
Antwort hast du nicht zu befürchten; ich bürge dir nicht bloß für die
Freundliche, sondern auch für die Trutzige, die mir ein herbes Gesicht
für meine Rede macht. Auch findest du nicht einmal einen Neben¬
buhler, denn beide sind frei, Freund Bettelmelcher aber ist versehen
und schwört nicht höher als auf seine Marianna, die zärtliche Taube,
die auch mit uns fliegen wird, und Freund Schwamenjackel macht
dir nicht die mindeste Concurrenz. Der hat statt des Herzens eine
zweite Leber, oder wenn's je ein Herz ist, so ist es für die Weiber
unzugänglich: keine Schottenfellerin wird es einsacken, keine Schrende¬
fegerin wird hineinsteigen.

Schwamenjackel grunzte und die Andern brachen in ein Ge¬
lächter aus.

Sollten jedoch beide keine Gnade vor deinen Augen finden, setzte
der Zigeuner hinzu, so dürfen sie dir kein saures Gesicht machen,

werk, das er treibt, er muß auch darin Seinesgleichen um ſich haben,
bei denen er Beifall und Aufmunterung findet, denn ſonſt iſt's ein
Hundeleben.

Das iſt ſehr wahr! rief der Gaſt, von dieſer Bemerkung ergriffen.
Bei uns findeſt du keinen Brodneid, keine Unterdrückung, wie in
der honnetten Welt draußen. Du biſt uns mit deinem Kopf und Arm
willkommen und wir bedürfen deiner, wie du unſrer bedarfſt. Unſern
Ertrag theilen wir ehrlich und redlich, und wenn Einer vor den
Ändern eine beſondere Mühe auf ſich genommen hat, ſo wird ihm
ein verhältnißmäßig größerer Antheil zuerkannt. Einen Lieutenant, der
das Beſte an ſich reißt und die Andern als ſeine Untergebenen be¬
handelt, gibt es nicht bei uns. Wer die beſte Meinung geltend machen
kann, deſſen Anſchlag wird befolgt, und was gemeinſam beſchloſſen iſt,
wird in ſtrenger Ordnung ausgeführt. Außerdem aber leben wir als
freie Leute auf gleichem Fuß mit einander.

Und immer in Floribus! fiel Bettelmelcher ein, indem er die
Flaſche ſchwang und dem Gaſte reichte.

Leuchtet dir aber die Wahrheit deines Sprüchleins auch im an¬
dern Punkte ein, hob der Zigeuner wieder an, und möchteſt du eine
Gefährtin haben, die in deinen neuen Lebenslauf paßt, ſo haſt du,
ohne Ziererei geſprochen, zwiſchen meinen Schweſtern die Wahl. Du
wirſt ſie, denk' ich, beide nicht übel gefunden haben. Eine abſchlägige
Antwort haſt du nicht zu befürchten; ich bürge dir nicht bloß für die
Freundliche, ſondern auch für die Trutzige, die mir ein herbes Geſicht
für meine Rede macht. Auch findeſt du nicht einmal einen Neben¬
buhler, denn beide ſind frei, Freund Bettelmelcher aber iſt verſehen
und ſchwört nicht höher als auf ſeine Marianna, die zärtliche Taube,
die auch mit uns fliegen wird, und Freund Schwamenjackel macht
dir nicht die mindeſte Concurrenz. Der hat ſtatt des Herzens eine
zweite Leber, oder wenn's je ein Herz iſt, ſo iſt es für die Weiber
unzugänglich: keine Schottenfellerin wird es einſacken, keine Schrende¬
fegerin wird hineinſteigen.

Schwamenjackel grunzte und die Andern brachen in ein Ge¬
lächter aus.

Sollten jedoch beide keine Gnade vor deinen Augen finden, ſetzte
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[383/0399] werk, das er treibt, er muß auch darin Seinesgleichen um ſich haben, bei denen er Beifall und Aufmunterung findet, denn ſonſt iſt's ein Hundeleben. Das iſt ſehr wahr! rief der Gaſt, von dieſer Bemerkung ergriffen. Bei uns findeſt du keinen Brodneid, keine Unterdrückung, wie in der honnetten Welt draußen. Du biſt uns mit deinem Kopf und Arm willkommen und wir bedürfen deiner, wie du unſrer bedarfſt. Unſern Ertrag theilen wir ehrlich und redlich, und wenn Einer vor den Ändern eine beſondere Mühe auf ſich genommen hat, ſo wird ihm ein verhältnißmäßig größerer Antheil zuerkannt. Einen Lieutenant, der das Beſte an ſich reißt und die Andern als ſeine Untergebenen be¬ handelt, gibt es nicht bei uns. Wer die beſte Meinung geltend machen kann, deſſen Anſchlag wird befolgt, und was gemeinſam beſchloſſen iſt, wird in ſtrenger Ordnung ausgeführt. Außerdem aber leben wir als freie Leute auf gleichem Fuß mit einander. Und immer in Floribus! fiel Bettelmelcher ein, indem er die Flaſche ſchwang und dem Gaſte reichte. Leuchtet dir aber die Wahrheit deines Sprüchleins auch im an¬ dern Punkte ein, hob der Zigeuner wieder an, und möchteſt du eine Gefährtin haben, die in deinen neuen Lebenslauf paßt, ſo haſt du, ohne Ziererei geſprochen, zwiſchen meinen Schweſtern die Wahl. Du wirſt ſie, denk' ich, beide nicht übel gefunden haben. Eine abſchlägige Antwort haſt du nicht zu befürchten; ich bürge dir nicht bloß für die Freundliche, ſondern auch für die Trutzige, die mir ein herbes Geſicht für meine Rede macht. Auch findeſt du nicht einmal einen Neben¬ buhler, denn beide ſind frei, Freund Bettelmelcher aber iſt verſehen und ſchwört nicht höher als auf ſeine Marianna, die zärtliche Taube, die auch mit uns fliegen wird, und Freund Schwamenjackel macht dir nicht die mindeſte Concurrenz. Der hat ſtatt des Herzens eine zweite Leber, oder wenn's je ein Herz iſt, ſo iſt es für die Weiber unzugänglich: keine Schottenfellerin wird es einſacken, keine Schrende¬ fegerin wird hineinſteigen. Schwamenjackel grunzte und die Andern brachen in ein Ge¬ lächter aus. Sollten jedoch beide keine Gnade vor deinen Augen finden, ſetzte der Zigeuner hinzu, ſo dürfen ſie dir kein ſaures Geſicht machen,

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/399>, abgerufen am 25.11.2024.