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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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durchsucht! schrieen sie und vertheilten sich nach allen Richtungen. Die
Stube, die angrenzende Kammer und Küche wurden sorgfältig durch¬
gesucht, aber an den Schrank dachte Niemand. Nachdem sie hier und
in den andern Räumen des Hauses mit den wieder angezündeten Lich¬
tern in jeden Winkel geleuchtet und nichts gefunden hatten, kamen sie
zurück. Die Einen schalten, die Andern höhnten den Bäcker, daß er
sie um eines leeren Traumes willen in Allarm gebracht habe. Derselbe
schwur hoch und theuer, der Sonnenwirthle sei in seinem Haus ge¬
wesen, auf diesem Stuhle sei er gesessen und aus dieser Flasche habe
er getrunken. Jetzt glaub' ich's auch, sagte er, daß er mit dem Teufel
im Bund ist, denn sonst könnt' ich nicht begreifen, wie er 'nauskommen
ist, denn ich hab' die Hausthür' zugeschlossen, wie ihr selber wisset,
und einen andern Ausgang gibt's nicht. Daß er 'reinkommen ist,
wundert mich weniger, denn es wär' möglich, daß ich vorher nicht zu¬
gemacht hätt', weil ich mir fürgestellt hab', ihr werdet doch noch mehr
Wein wollen.

Das ist noch das Vernünftigst', was dir den ganzen Abend durch
dein' Schädel gangen ist, sagte der Schütz. Und da wir einmal da
sind, so wollen wir eben so frei sein und des Sonnenwirthles sein'
Wein versuchen. Sein Wohl! Ich wünsch' ihm, daß er weit von hier
sein gut's Brod finden und uns nichts mehr zu schaffen machen
möcht'.

Er trank und ließ die Flasche weiter gehen. Du bist gut laden,
wie lang's Heu, sagte ein Anderer zu ihm.

Ja, du hast deine beste Züg' im Hals, bemerkte ein Dritter.
Nachdem die Flasche geleert war, sprachen sie auch noch dem Kruge
zu, scherzten über die Geisterseherei des Bäckers und begaben sich end¬
lich wieder auf ihren Posten zurück. Der Bäcker begleitete sie, schloß
die Hausthüre hinter ihnen sorgfältiger als jemals ab, und ging wieder
in seine Stube. Aber wer vermag sein Entsetzen zu beschreiben, als
er seinen furchtbaren Gast an derselben Stelle und in der gleichen Hal¬
tung wie vorhin am Tische sitzen sah. Langsam und ruhig, aber mit
dem strengen Blicke eines Richters, wendete dieser sein Gesicht nach
ihm hin. Elender Hund, sagte er, hab' ich dir je in meinem Leben
etwas zu Leid gethan? Kannst du's vor deinem Weib verantworten,
daß du den Verräther an mir gemacht hast? Sie würde dich nicht

durchſucht! ſchrieen ſie und vertheilten ſich nach allen Richtungen. Die
Stube, die angrenzende Kammer und Küche wurden ſorgfältig durch¬
geſucht, aber an den Schrank dachte Niemand. Nachdem ſie hier und
in den andern Räumen des Hauſes mit den wieder angezündeten Lich¬
tern in jeden Winkel geleuchtet und nichts gefunden hatten, kamen ſie
zurück. Die Einen ſchalten, die Andern höhnten den Bäcker, daß er
ſie um eines leeren Traumes willen in Allarm gebracht habe. Derſelbe
ſchwur hoch und theuer, der Sonnenwirthle ſei in ſeinem Haus ge¬
weſen, auf dieſem Stuhle ſei er geſeſſen und aus dieſer Flaſche habe
er getrunken. Jetzt glaub' ich's auch, ſagte er, daß er mit dem Teufel
im Bund iſt, denn ſonſt könnt' ich nicht begreifen, wie er 'nauskommen
iſt, denn ich hab' die Hausthür' zugeſchloſſen, wie ihr ſelber wiſſet,
und einen andern Ausgang gibt's nicht. Daß er 'reinkommen iſt,
wundert mich weniger, denn es wär' möglich, daß ich vorher nicht zu¬
gemacht hätt', weil ich mir fürgeſtellt hab', ihr werdet doch noch mehr
Wein wollen.

Das iſt noch das Vernünftigſt', was dir den ganzen Abend durch
dein' Schädel gangen iſt, ſagte der Schütz. Und da wir einmal da
ſind, ſo wollen wir eben ſo frei ſein und des Sonnenwirthles ſein'
Wein verſuchen. Sein Wohl! Ich wünſch' ihm, daß er weit von hier
ſein gut's Brod finden und uns nichts mehr zu ſchaffen machen
möcht'.

Er trank und ließ die Flaſche weiter gehen. Du biſt gut laden,
wie lang's Heu, ſagte ein Anderer zu ihm.

Ja, du haſt deine beſte Züg' im Hals, bemerkte ein Dritter.
Nachdem die Flaſche geleert war, ſprachen ſie auch noch dem Kruge
zu, ſcherzten über die Geiſterſeherei des Bäckers und begaben ſich end¬
lich wieder auf ihren Poſten zurück. Der Bäcker begleitete ſie, ſchloß
die Hausthüre hinter ihnen ſorgfältiger als jemals ab, und ging wieder
in ſeine Stube. Aber wer vermag ſein Entſetzen zu beſchreiben, als
er ſeinen furchtbaren Gaſt an derſelben Stelle und in der gleichen Hal¬
tung wie vorhin am Tiſche ſitzen ſah. Langſam und ruhig, aber mit
dem ſtrengen Blicke eines Richters, wendete dieſer ſein Geſicht nach
ihm hin. Elender Hund, ſagte er, hab' ich dir je in meinem Leben
etwas zu Leid gethan? Kannſt du's vor deinem Weib verantworten,
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[354/0370] durchſucht! ſchrieen ſie und vertheilten ſich nach allen Richtungen. Die Stube, die angrenzende Kammer und Küche wurden ſorgfältig durch¬ geſucht, aber an den Schrank dachte Niemand. Nachdem ſie hier und in den andern Räumen des Hauſes mit den wieder angezündeten Lich¬ tern in jeden Winkel geleuchtet und nichts gefunden hatten, kamen ſie zurück. Die Einen ſchalten, die Andern höhnten den Bäcker, daß er ſie um eines leeren Traumes willen in Allarm gebracht habe. Derſelbe ſchwur hoch und theuer, der Sonnenwirthle ſei in ſeinem Haus ge¬ weſen, auf dieſem Stuhle ſei er geſeſſen und aus dieſer Flaſche habe er getrunken. Jetzt glaub' ich's auch, ſagte er, daß er mit dem Teufel im Bund iſt, denn ſonſt könnt' ich nicht begreifen, wie er 'nauskommen iſt, denn ich hab' die Hausthür' zugeſchloſſen, wie ihr ſelber wiſſet, und einen andern Ausgang gibt's nicht. Daß er 'reinkommen iſt, wundert mich weniger, denn es wär' möglich, daß ich vorher nicht zu¬ gemacht hätt', weil ich mir fürgeſtellt hab', ihr werdet doch noch mehr Wein wollen. Das iſt noch das Vernünftigſt', was dir den ganzen Abend durch dein' Schädel gangen iſt, ſagte der Schütz. Und da wir einmal da ſind, ſo wollen wir eben ſo frei ſein und des Sonnenwirthles ſein' Wein verſuchen. Sein Wohl! Ich wünſch' ihm, daß er weit von hier ſein gut's Brod finden und uns nichts mehr zu ſchaffen machen möcht'. Er trank und ließ die Flaſche weiter gehen. Du biſt gut laden, wie lang's Heu, ſagte ein Anderer zu ihm. Ja, du haſt deine beſte Züg' im Hals, bemerkte ein Dritter. Nachdem die Flaſche geleert war, ſprachen ſie auch noch dem Kruge zu, ſcherzten über die Geiſterſeherei des Bäckers und begaben ſich end¬ lich wieder auf ihren Poſten zurück. Der Bäcker begleitete ſie, ſchloß die Hausthüre hinter ihnen ſorgfältiger als jemals ab, und ging wieder in ſeine Stube. Aber wer vermag ſein Entſetzen zu beſchreiben, als er ſeinen furchtbaren Gaſt an derſelben Stelle und in der gleichen Hal¬ tung wie vorhin am Tiſche ſitzen ſah. Langſam und ruhig, aber mit dem ſtrengen Blicke eines Richters, wendete dieſer ſein Geſicht nach ihm hin. Elender Hund, ſagte er, hab' ich dir je in meinem Leben etwas zu Leid gethan? Kannſt du's vor deinem Weib verantworten, daß du den Verräther an mir gemacht haſt? Sie würde dich nicht

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/370>, abgerufen am 28.11.2024.