Freile, antwortete der Vetter vom Lande. Aber wo Der 'nein will, da hilft kein Verwahren nichts. Dem ist nichts zu hoch und nichts zu tief, er kommt eben hin.
Ein schönes Prädicat! bemerkte der Amtmann. Darauf fragte er Beide, ob sie mit der Quittung und der darin enthaltenen Schätzung der auf so ungewöhnliche Weise entlehnten Gegenstände einverstanden seien. Friedrich erwiderte, er habe mehr angesetzt, als er bei dem Verkaufe, mit dem es geeilt, erlöst habe. Auch der Vetter ließ sich die Preise sehr gerne gefallen und erklärte: Wenn mir's der Frieder abkauft hätt', ich hätt's ihm grad so geben. Wir sind ja immer Ein Kuch und Ein Muß gewesen, gelt du, Friederle?
Es will mir auch so vorkommen, sagte der Amtmann mit einer gewissen Strenge: Er sucht mir da Seinem Consorten behilflich zu sein und dem Streich den Nimbus eines freiwilligen Anlehens zu geben. Weiß Er, daß ich Ihn beim Essen behalten und etwan in puncto stellionatus prozessiren könnte?
Der Mann von Hattenhofen erschrack in's Herz hinein: er glaubte seine Sache unübertrefflich gut gemacht zu haben, und sah sich jetzt dennoch in der Gefahr, von einem der vielen Rädchen der Justizmaschine, dem er vielleicht zu nahe gekommen, erfaßt zu werden. Doch nahm er sich zusammen und erwiderte: Wenn's der Herr Amtmann nicht ungütig nehmen will, mein Herz weiß nichts davon und ich versteh' auch kein Wörtle, warum ich gestraft werden soll.
Dafür, sagte der Amtmann, daß Er Schleichereien macht und die Leute, ja selbst die Obrigkeit, irre führen hilft.
Mit Verlaub, Herr Amtmann, hob der vormundschaftliche Gerichts¬ beisitzer an, der einen Stein im Brett zu haben glaubte, während der Beamte ihm vielmehr die Zurücksendung seiner Geldsorten nachtragen mochte: wenn man fragen darf, woher hat denn das Ding seinen Namen? Das Wort lautet so gar curios und kommt Einem so oft vor. Ich hab' schon etlichemal fragen wollen.
Der Amtmann wurde etwas roth. Ich kann's Ihm schwarz auf weiß zeigen, wenn Er zweifelt, sagte er und ging nach einem Acten¬ ständer, auf welchem mehrere seinen Incipienten gehörige Bücher aufge¬ stellt waren.
Ich hab' ja kein' Zweifel, gewiß nicht! rief der Gerichtsbeisitzer
Freile, antwortete der Vetter vom Lande. Aber wo Der 'nein will, da hilft kein Verwahren nichts. Dem iſt nichts zu hoch und nichts zu tief, er kommt eben hin.
Ein ſchönes Prädicat! bemerkte der Amtmann. Darauf fragte er Beide, ob ſie mit der Quittung und der darin enthaltenen Schätzung der auf ſo ungewöhnliche Weiſe entlehnten Gegenſtände einverſtanden ſeien. Friedrich erwiderte, er habe mehr angeſetzt, als er bei dem Verkaufe, mit dem es geeilt, erlöst habe. Auch der Vetter ließ ſich die Preiſe ſehr gerne gefallen und erklärte: Wenn mir's der Frieder abkauft hätt', ich hätt's ihm grad ſo geben. Wir ſind ja immer Ein Kuch und Ein Muß geweſen, gelt du, Friederle?
Es will mir auch ſo vorkommen, ſagte der Amtmann mit einer gewiſſen Strenge: Er ſucht mir da Seinem Conſorten behilflich zu ſein und dem Streich den Nimbus eines freiwilligen Anlehens zu geben. Weiß Er, daß ich Ihn beim Eſſen behalten und etwan in puncto stellionatus prozeſſiren könnte?
Der Mann von Hattenhofen erſchrack in's Herz hinein: er glaubte ſeine Sache unübertrefflich gut gemacht zu haben, und ſah ſich jetzt dennoch in der Gefahr, von einem der vielen Rädchen der Juſtizmaſchine, dem er vielleicht zu nahe gekommen, erfaßt zu werden. Doch nahm er ſich zuſammen und erwiderte: Wenn's der Herr Amtmann nicht ungütig nehmen will, mein Herz weiß nichts davon und ich verſteh' auch kein Wörtle, warum ich geſtraft werden ſoll.
Dafür, ſagte der Amtmann, daß Er Schleichereien macht und die Leute, ja ſelbſt die Obrigkeit, irre führen hilft.
Mit Verlaub, Herr Amtmann, hob der vormundſchaftliche Gerichts¬ beiſitzer an, der einen Stein im Brett zu haben glaubte, während der Beamte ihm vielmehr die Zurückſendung ſeiner Geldſorten nachtragen mochte: wenn man fragen darf, woher hat denn das Ding ſeinen Namen? Das Wort lautet ſo gar curios und kommt Einem ſo oft vor. Ich hab' ſchon etlichemal fragen wollen.
Der Amtmann wurde etwas roth. Ich kann's Ihm ſchwarz auf weiß zeigen, wenn Er zweifelt, ſagte er und ging nach einem Acten¬ ſtänder, auf welchem mehrere ſeinen Incipienten gehörige Bücher aufge¬ ſtellt waren.
Ich hab' ja kein' Zweifel, gewiß nicht! rief der Gerichtsbeiſitzer
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Freile, antwortete der Vetter vom Lande. Aber wo Der 'nein
will, da hilft kein Verwahren nichts. Dem iſt nichts zu hoch und
nichts zu tief, er kommt eben hin.
Ein ſchönes Prädicat! bemerkte der Amtmann. Darauf fragte er
Beide, ob ſie mit der Quittung und der darin enthaltenen Schätzung
der auf ſo ungewöhnliche Weiſe entlehnten Gegenſtände einverſtanden
ſeien. Friedrich erwiderte, er habe mehr angeſetzt, als er bei dem
Verkaufe, mit dem es geeilt, erlöst habe. Auch der Vetter ließ ſich
die Preiſe ſehr gerne gefallen und erklärte: Wenn mir's der Frieder
abkauft hätt', ich hätt's ihm grad ſo geben. Wir ſind ja immer Ein
Kuch und Ein Muß geweſen, gelt du, Friederle?
Es will mir auch ſo vorkommen, ſagte der Amtmann mit einer
gewiſſen Strenge: Er ſucht mir da Seinem Conſorten behilflich zu
ſein und dem Streich den Nimbus eines freiwilligen Anlehens zu geben.
Weiß Er, daß ich Ihn beim Eſſen behalten und etwan in puncto
stellionatus prozeſſiren könnte?
Der Mann von Hattenhofen erſchrack in's Herz hinein: er glaubte
ſeine Sache unübertrefflich gut gemacht zu haben, und ſah ſich jetzt dennoch
in der Gefahr, von einem der vielen Rädchen der Juſtizmaſchine, dem
er vielleicht zu nahe gekommen, erfaßt zu werden. Doch nahm er ſich
zuſammen und erwiderte: Wenn's der Herr Amtmann nicht ungütig
nehmen will, mein Herz weiß nichts davon und ich verſteh' auch kein
Wörtle, warum ich geſtraft werden ſoll.
Dafür, ſagte der Amtmann, daß Er Schleichereien macht und die
Leute, ja ſelbſt die Obrigkeit, irre führen hilft.
Mit Verlaub, Herr Amtmann, hob der vormundſchaftliche Gerichts¬
beiſitzer an, der einen Stein im Brett zu haben glaubte, während der
Beamte ihm vielmehr die Zurückſendung ſeiner Geldſorten nachtragen
mochte: wenn man fragen darf, woher hat denn das Ding ſeinen
Namen? Das Wort lautet ſo gar curios und kommt Einem ſo oft
vor. Ich hab' ſchon etlichemal fragen wollen.
Der Amtmann wurde etwas roth. Ich kann's Ihm ſchwarz auf
weiß zeigen, wenn Er zweifelt, ſagte er und ging nach einem Acten¬
ſtänder, auf welchem mehrere ſeinen Incipienten gehörige Bücher aufge¬
ſtellt waren.
Ich hab' ja kein' Zweifel, gewiß nicht! rief der Gerichtsbeiſitzer
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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/295>, abgerufen am 22.11.2024.
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