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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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auf die es ankam, noch einmal belehren, und verließ das Amthaus
in vollem Triumphe, nachdem sie es übernommen hatte, ihrem Manne
und ihrem Sohne die amtliche Eröffnung, welche der Erstere sich zu
holen aufgefordert wurde, im Voraus mitzutheilen. Ihren Stiefsohn,
rief ihr der Amtmann nach, lasse Sie mir nur aus dem Haus, mein
alter Anwalt sagt immer von ihm, und mit Recht, er führe eben ein
ödes Geschwätz, das gar keine Heimath habe.

Aus dem Munde der Stiefmutter erfuhr denn Friedrich, welches
neue Gewitter gegen ihn heraufbeschworen worden war. Zuerst nahm
er die Nachricht, daß Christine leibeigen sei, mit Gleichmuth auf und
erklärte, dies ändere nichts in seinen Gesinnungen; als er vollends
hörte, daß diese Abhängigkeit mit Geld gelöst werden könne, machte
er sich gar keine Sorge mehr; aber er war wie aus den Wolken ge¬
fallen, als er sehen mußte, wie sein Vater die Sache nahm.

Was! rief der Sonnenwirth, ich soll Bürgschaft stellen für die
Bezahlung einer Abgab', die mich mit Haut und Haar nichts angeht?
Ich bin froh, wenn ich meine eigene Schuldigkeit abgetragen hab', bin
hoch genug besteuert, kann mich nicht auch noch um anderer Leut' ihre
Abgaben annehmen.

Vater, sagte Friedrich, den diese Aeußerung zuerst nur ärgerte, ich
glaub', Ihr werdet altersschwach. Es handelt sich ja gar nicht drum,
daß Ihr vom Eurigen etwas zahlen sollet. Gebt mir mein Mütter¬
lich's heraus, dann leg' ich das Geld dem Amtmann selber hin.

Du thust immer als ob du von deinem Mütterlichen die halb'
Welt kaufen könntest, und hast doch schon genug davon verthan. Du
wirst dich wundern, wenn ich einmal mit dir abrechne.

Nun, so rechnet ab, und wenn Ihr so viel Zeit brauchet, bis Ihr
wisset, was Ihr Alles in die Rechnung schreiben wollet, so müsset Ihr
eben derweil die Bürgschaft leisten.

Ich nicht. Das Sprichwort sagt: den Bürgen soll man würgen.
Und wie kann man denn von mir verlangen, daß ich noch einen weiteren
Revers ausstellen soll von wegen deines Fortkommens? Ich hab' dir
zwar wohl versprochen, daß ich dich bei mir behalten will, und ich
will auch dabei bleiben, wenn du dich hältst wie's recht ist, nämlich
besser als bisher. Aber Hand und Fuß will ich mir durch einen
Revers nicht binden lassen, denn sonst wärest ja du der Herr und ich

auf die es ankam, noch einmal belehren, und verließ das Amthaus
in vollem Triumphe, nachdem ſie es übernommen hatte, ihrem Manne
und ihrem Sohne die amtliche Eröffnung, welche der Erſtere ſich zu
holen aufgefordert wurde, im Voraus mitzutheilen. Ihren Stiefſohn,
rief ihr der Amtmann nach, laſſe Sie mir nur aus dem Haus, mein
alter Anwalt ſagt immer von ihm, und mit Recht, er führe eben ein
ödes Geſchwätz, das gar keine Heimath habe.

Aus dem Munde der Stiefmutter erfuhr denn Friedrich, welches
neue Gewitter gegen ihn heraufbeſchworen worden war. Zuerſt nahm
er die Nachricht, daß Chriſtine leibeigen ſei, mit Gleichmuth auf und
erklärte, dies ändere nichts in ſeinen Geſinnungen; als er vollends
hörte, daß dieſe Abhängigkeit mit Geld gelöst werden könne, machte
er ſich gar keine Sorge mehr; aber er war wie aus den Wolken ge¬
fallen, als er ſehen mußte, wie ſein Vater die Sache nahm.

Was! rief der Sonnenwirth, ich ſoll Bürgſchaft ſtellen für die
Bezahlung einer Abgab', die mich mit Haut und Haar nichts angeht?
Ich bin froh, wenn ich meine eigene Schuldigkeit abgetragen hab', bin
hoch genug beſteuert, kann mich nicht auch noch um anderer Leut' ihre
Abgaben annehmen.

Vater, ſagte Friedrich, den dieſe Aeußerung zuerſt nur ärgerte, ich
glaub', Ihr werdet altersſchwach. Es handelt ſich ja gar nicht drum,
daß Ihr vom Eurigen etwas zahlen ſollet. Gebt mir mein Mütter¬
lich's heraus, dann leg' ich das Geld dem Amtmann ſelber hin.

Du thuſt immer als ob du von deinem Mütterlichen die halb'
Welt kaufen könnteſt, und haſt doch ſchon genug davon verthan. Du
wirſt dich wundern, wenn ich einmal mit dir abrechne.

Nun, ſo rechnet ab, und wenn Ihr ſo viel Zeit brauchet, bis Ihr
wiſſet, was Ihr Alles in die Rechnung ſchreiben wollet, ſo müſſet Ihr
eben derweil die Bürgſchaft leiſten.

Ich nicht. Das Sprichwort ſagt: den Bürgen ſoll man würgen.
Und wie kann man denn von mir verlangen, daß ich noch einen weiteren
Revers ausſtellen ſoll von wegen deines Fortkommens? Ich hab' dir
zwar wohl verſprochen, daß ich dich bei mir behalten will, und ich
will auch dabei bleiben, wenn du dich hältſt wie's recht iſt, nämlich
beſſer als bisher. Aber Hand und Fuß will ich mir durch einen
Revers nicht binden laſſen, denn ſonſt wäreſt ja du der Herr und ich

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[239/0255] auf die es ankam, noch einmal belehren, und verließ das Amthaus in vollem Triumphe, nachdem ſie es übernommen hatte, ihrem Manne und ihrem Sohne die amtliche Eröffnung, welche der Erſtere ſich zu holen aufgefordert wurde, im Voraus mitzutheilen. Ihren Stiefſohn, rief ihr der Amtmann nach, laſſe Sie mir nur aus dem Haus, mein alter Anwalt ſagt immer von ihm, und mit Recht, er führe eben ein ödes Geſchwätz, das gar keine Heimath habe. Aus dem Munde der Stiefmutter erfuhr denn Friedrich, welches neue Gewitter gegen ihn heraufbeſchworen worden war. Zuerſt nahm er die Nachricht, daß Chriſtine leibeigen ſei, mit Gleichmuth auf und erklärte, dies ändere nichts in ſeinen Geſinnungen; als er vollends hörte, daß dieſe Abhängigkeit mit Geld gelöst werden könne, machte er ſich gar keine Sorge mehr; aber er war wie aus den Wolken ge¬ fallen, als er ſehen mußte, wie ſein Vater die Sache nahm. Was! rief der Sonnenwirth, ich ſoll Bürgſchaft ſtellen für die Bezahlung einer Abgab', die mich mit Haut und Haar nichts angeht? Ich bin froh, wenn ich meine eigene Schuldigkeit abgetragen hab', bin hoch genug beſteuert, kann mich nicht auch noch um anderer Leut' ihre Abgaben annehmen. Vater, ſagte Friedrich, den dieſe Aeußerung zuerſt nur ärgerte, ich glaub', Ihr werdet altersſchwach. Es handelt ſich ja gar nicht drum, daß Ihr vom Eurigen etwas zahlen ſollet. Gebt mir mein Mütter¬ lich's heraus, dann leg' ich das Geld dem Amtmann ſelber hin. Du thuſt immer als ob du von deinem Mütterlichen die halb' Welt kaufen könnteſt, und haſt doch ſchon genug davon verthan. Du wirſt dich wundern, wenn ich einmal mit dir abrechne. Nun, ſo rechnet ab, und wenn Ihr ſo viel Zeit brauchet, bis Ihr wiſſet, was Ihr Alles in die Rechnung ſchreiben wollet, ſo müſſet Ihr eben derweil die Bürgſchaft leiſten. Ich nicht. Das Sprichwort ſagt: den Bürgen ſoll man würgen. Und wie kann man denn von mir verlangen, daß ich noch einen weiteren Revers ausſtellen ſoll von wegen deines Fortkommens? Ich hab' dir zwar wohl verſprochen, daß ich dich bei mir behalten will, und ich will auch dabei bleiben, wenn du dich hältſt wie's recht iſt, nämlich beſſer als bisher. Aber Hand und Fuß will ich mir durch einen Revers nicht binden laſſen, denn ſonſt wäreſt ja du der Herr und ich

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/255>, abgerufen am 25.11.2024.