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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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Item, hob der Pfarrer wieder an, soll Er gesagt haben, Sein
Vater henke sein Geld lieber an die Stallmägde, als daß er Ihm
helfe.

Das ist verlogen! fuhr Friedrich auf. Mein Vater sollt' sich schä¬
men, daß er sich solche Flöh' in die Ohren setzen läßt, da er doch
recht gut wissen könnt', woher sie kommen.

Item, fuhr der Pfarrer fort, habe Er mit Gewalt von Seinem
Vater Geld haben wollen, daß Er Dispensation wegen Seiner Mino¬
rennität bekomme.

Ja, das hab' ich von ihm haben wollen, fiel Friedrich ein, und
deßwegen ist mir das Trinkgeld, mit dem er mich hat abspeisen wollen,
viel zu wenig gewesen. Ich weiß nicht, wie's mein Vater und mein
Pfleger mit einander haben: wenn ich von dem Einen Geld will, so
schickt er mich an den Andern. Das aber weiß ich, daß ich das Recht
hab', meine Minderjährigkeit abzukaufen, damit ich nicht mehr bei mei¬
nem Vater um Heirathserlaubniß zu betteln brauch'; und wenn ich
die Dispensation mit meinem eignen Geld bezahl', so wird Niemand,
hoff' ich, was dawider haben.

Er soll dabei gesagt haben, wenn Er nur Geld habe, so brauche
Er keinen Pfarrer und keinen Amtmann dazu. Summa Summarum
klagt Sein Vater, Er folge ihm nicht, schaffe ihm nichts, gehe nur
müßig, sei in der Nacht draußen, und erst am Sonntag habe Er ge¬
sagt, der Teufel solle das Geschäft holen, Er wolle ihm keine Arbeit
mehr thun, er helfe Ihm ja nicht. Es bittet anbei Sein Vater,
weil er vor Ihm niemals, weder Tag noch Nacht, sicher sei, so möchte
man ihm Sicherheit verschaffen vor Ihm und Ihn also verwahren,
daß Er sich an niemand vergreifen und niemand schaden könne.

Mein Vater ist kein Mann, wenn er das behauptet, erwiderte
Friedrich. Ich hab' noch nie in meinem Leben Hand an ihn gelegt,
ich hab' mich nicht einmal, seit ich aus den Bubenjahren herausge¬
wachsen bin, so viel ich auch Ursach' hätt', an meiner Stiefmutter
vergriffen. Vom Schaffen sag' ich gar nichts.

Wie kannst du sagen, dein Vater sei kein Mann! rief der
Vormund.

Er ist kein rechter Mann, ich behaupt's noch einmal. Er hat mir
zugetraut, ich werd' mein Mädle betrügen und mein leiblich's Kind

Item, hob der Pfarrer wieder an, ſoll Er geſagt haben, Sein
Vater henke ſein Geld lieber an die Stallmägde, als daß er Ihm
helfe.

Das iſt verlogen! fuhr Friedrich auf. Mein Vater ſollt' ſich ſchä¬
men, daß er ſich ſolche Flöh' in die Ohren ſetzen läßt, da er doch
recht gut wiſſen könnt', woher ſie kommen.

Item, fuhr der Pfarrer fort, habe Er mit Gewalt von Seinem
Vater Geld haben wollen, daß Er Dispenſation wegen Seiner Mino¬
rennität bekomme.

Ja, das hab' ich von ihm haben wollen, fiel Friedrich ein, und
deßwegen iſt mir das Trinkgeld, mit dem er mich hat abſpeiſen wollen,
viel zu wenig geweſen. Ich weiß nicht, wie's mein Vater und mein
Pfleger mit einander haben: wenn ich von dem Einen Geld will, ſo
ſchickt er mich an den Andern. Das aber weiß ich, daß ich das Recht
hab', meine Minderjährigkeit abzukaufen, damit ich nicht mehr bei mei¬
nem Vater um Heirathserlaubniß zu betteln brauch'; und wenn ich
die Dispenſation mit meinem eignen Geld bezahl', ſo wird Niemand,
hoff' ich, was dawider haben.

Er ſoll dabei geſagt haben, wenn Er nur Geld habe, ſo brauche
Er keinen Pfarrer und keinen Amtmann dazu. Summa Summarum
klagt Sein Vater, Er folge ihm nicht, ſchaffe ihm nichts, gehe nur
müßig, ſei in der Nacht draußen, und erſt am Sonntag habe Er ge¬
ſagt, der Teufel ſolle das Geſchäft holen, Er wolle ihm keine Arbeit
mehr thun, er helfe Ihm ja nicht. Es bittet anbei Sein Vater,
weil er vor Ihm niemals, weder Tag noch Nacht, ſicher ſei, ſo möchte
man ihm Sicherheit verſchaffen vor Ihm und Ihn alſo verwahren,
daß Er ſich an niemand vergreifen und niemand ſchaden könne.

Mein Vater iſt kein Mann, wenn er das behauptet, erwiderte
Friedrich. Ich hab' noch nie in meinem Leben Hand an ihn gelegt,
ich hab' mich nicht einmal, ſeit ich aus den Bubenjahren herausge¬
wachſen bin, ſo viel ich auch Urſach' hätt', an meiner Stiefmutter
vergriffen. Vom Schaffen ſag' ich gar nichts.

Wie kannſt du ſagen, dein Vater ſei kein Mann! rief der
Vormund.

Er iſt kein rechter Mann, ich behaupt's noch einmal. Er hat mir
zugetraut, ich werd' mein Mädle betrügen und mein leiblich's Kind

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[208/0224] Item, hob der Pfarrer wieder an, ſoll Er geſagt haben, Sein Vater henke ſein Geld lieber an die Stallmägde, als daß er Ihm helfe. Das iſt verlogen! fuhr Friedrich auf. Mein Vater ſollt' ſich ſchä¬ men, daß er ſich ſolche Flöh' in die Ohren ſetzen läßt, da er doch recht gut wiſſen könnt', woher ſie kommen. Item, fuhr der Pfarrer fort, habe Er mit Gewalt von Seinem Vater Geld haben wollen, daß Er Dispenſation wegen Seiner Mino¬ rennität bekomme. Ja, das hab' ich von ihm haben wollen, fiel Friedrich ein, und deßwegen iſt mir das Trinkgeld, mit dem er mich hat abſpeiſen wollen, viel zu wenig geweſen. Ich weiß nicht, wie's mein Vater und mein Pfleger mit einander haben: wenn ich von dem Einen Geld will, ſo ſchickt er mich an den Andern. Das aber weiß ich, daß ich das Recht hab', meine Minderjährigkeit abzukaufen, damit ich nicht mehr bei mei¬ nem Vater um Heirathserlaubniß zu betteln brauch'; und wenn ich die Dispenſation mit meinem eignen Geld bezahl', ſo wird Niemand, hoff' ich, was dawider haben. Er ſoll dabei geſagt haben, wenn Er nur Geld habe, ſo brauche Er keinen Pfarrer und keinen Amtmann dazu. Summa Summarum klagt Sein Vater, Er folge ihm nicht, ſchaffe ihm nichts, gehe nur müßig, ſei in der Nacht draußen, und erſt am Sonntag habe Er ge¬ ſagt, der Teufel ſolle das Geſchäft holen, Er wolle ihm keine Arbeit mehr thun, er helfe Ihm ja nicht. Es bittet anbei Sein Vater, weil er vor Ihm niemals, weder Tag noch Nacht, ſicher ſei, ſo möchte man ihm Sicherheit verſchaffen vor Ihm und Ihn alſo verwahren, daß Er ſich an niemand vergreifen und niemand ſchaden könne. Mein Vater iſt kein Mann, wenn er das behauptet, erwiderte Friedrich. Ich hab' noch nie in meinem Leben Hand an ihn gelegt, ich hab' mich nicht einmal, ſeit ich aus den Bubenjahren herausge¬ wachſen bin, ſo viel ich auch Urſach' hätt', an meiner Stiefmutter vergriffen. Vom Schaffen ſag' ich gar nichts. Wie kannſt du ſagen, dein Vater ſei kein Mann! rief der Vormund. Er iſt kein rechter Mann, ich behaupt's noch einmal. Er hat mir zugetraut, ich werd' mein Mädle betrügen und mein leiblich's Kind

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/224>, abgerufen am 24.11.2024.