So, jetzt kommst endlich, du Hinterfürhühnle? Hast Ursach' ge¬ nug gehabt, das gleich zu sagen, aber der hochmüthig' Herr hat sich nicht 'runtergeben wollen.
Ja sieh, um Verzeihung bitt' ich niemand als einen recht guten Freund, und von dir hab' ich vorhin noch nicht gewußt, ob du Freund oder Feind mit mir bist.
O geh' du! du hast wohl gewußt, daß ich dir nicht feind bin. Aber gelt, jetzt glaubst, daß du den besten Freund auf der Welt an mir hast?
Er betheuerte ihr diesen Glauben mit wiederholten Liebkosungen.
Was hast denn zu meinem Brief gesagt? fragte sie nach einer Weile. Gelt, du hast gewiß gesagt: jetzt kriecht sie endlich zu Kreuz?
Ich hab' denkt: so, jetzt ist sie endlich in sich gangen und bereut's, daß sie so unchristlich gewesen ist und sich und mir das Leben so sauer gemacht hat.
Was nicht sauret das süßet auch nicht. Aber was hast du denkt, daß ich so wüst geschrieben hab'? Ich hab's schier im Finstern thun müssen.
Schreib du wie du willst, mir ist Alles recht, was du schreibst. Wirst's schon noch besser lernen bis du Sonnenwirthin bist, und die Rechnungen und Geschäftsbriefe kann ich ja einmal selber schreiben.
Ja, das glaub' ich, daß es noch eine gute Zeit anstehn wird, bis ich Sonnenwirthin bin.
Nun ja, du wirst doch meinem Vater nicht um den Tod beten.
Gott behüt' und bewahr' mich! rief Christine eifrig. Gelt, das ist nicht dein Ernst? Nein, ich gönn' ihm und wünsch' ihm noch ein langes Leben --
Und Enkel genug?
Sie schlug ihn auf den Mund. Ich hab' nur sagen wollen, es wird noch manches Wässerlein den Bach hinunter laufen, bis man uns zusammenläßt. Ach, ich bin eben ein gering's Mädle und von armen Eltern, und die deinigen sind reich und hoffährtig; du kannst's dir selber sagen, daß es da nicht so ganz glatt gehen wird. Mir selber geht auch viel ab, was zu dem Stand gehört. Wiewohl, ich will dir versprechen, daß ich's an nichts fehlen lassen will, und nichts ver¬ säumen, was ich noch lernen kann. Aber wenn auch du vielleicht mit
So, jetzt kommſt endlich, du Hinterfürhühnle? Haſt Urſach' ge¬ nug gehabt, das gleich zu ſagen, aber der hochmüthig' Herr hat ſich nicht 'runtergeben wollen.
Ja ſieh, um Verzeihung bitt' ich niemand als einen recht guten Freund, und von dir hab' ich vorhin noch nicht gewußt, ob du Freund oder Feind mit mir biſt.
O geh' du! du haſt wohl gewußt, daß ich dir nicht feind bin. Aber gelt, jetzt glaubſt, daß du den beſten Freund auf der Welt an mir haſt?
Er betheuerte ihr dieſen Glauben mit wiederholten Liebkoſungen.
Was haſt denn zu meinem Brief geſagt? fragte ſie nach einer Weile. Gelt, du haſt gewiß geſagt: jetzt kriecht ſie endlich zu Kreuz?
Ich hab' denkt: ſo, jetzt iſt ſie endlich in ſich gangen und bereut's, daß ſie ſo unchriſtlich geweſen iſt und ſich und mir das Leben ſo ſauer gemacht hat.
Was nicht ſauret das ſüßet auch nicht. Aber was haſt du denkt, daß ich ſo wüſt geſchrieben hab'? Ich hab's ſchier im Finſtern thun müſſen.
Schreib du wie du willſt, mir iſt Alles recht, was du ſchreibſt. Wirſt's ſchon noch beſſer lernen bis du Sonnenwirthin biſt, und die Rechnungen und Geſchäftsbriefe kann ich ja einmal ſelber ſchreiben.
Ja, das glaub' ich, daß es noch eine gute Zeit anſtehn wird, bis ich Sonnenwirthin bin.
Nun ja, du wirſt doch meinem Vater nicht um den Tod beten.
Gott behüt' und bewahr' mich! rief Chriſtine eifrig. Gelt, das iſt nicht dein Ernſt? Nein, ich gönn' ihm und wünſch' ihm noch ein langes Leben —
Und Enkel genug?
Sie ſchlug ihn auf den Mund. Ich hab' nur ſagen wollen, es wird noch manches Wäſſerlein den Bach hinunter laufen, bis man uns zuſammenläßt. Ach, ich bin eben ein gering's Mädle und von armen Eltern, und die deinigen ſind reich und hoffährtig; du kannſt's dir ſelber ſagen, daß es da nicht ſo ganz glatt gehen wird. Mir ſelber geht auch viel ab, was zu dem Stand gehört. Wiewohl, ich will dir verſprechen, daß ich's an nichts fehlen laſſen will, und nichts ver¬ ſäumen, was ich noch lernen kann. Aber wenn auch du vielleicht mit
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So, jetzt kommſt endlich, du Hinterfürhühnle? Haſt Urſach' ge¬
nug gehabt, das gleich zu ſagen, aber der hochmüthig' Herr hat ſich
nicht 'runtergeben wollen.
Ja ſieh, um Verzeihung bitt' ich niemand als einen recht guten
Freund, und von dir hab' ich vorhin noch nicht gewußt, ob du Freund
oder Feind mit mir biſt.
O geh' du! du haſt wohl gewußt, daß ich dir nicht feind bin.
Aber gelt, jetzt glaubſt, daß du den beſten Freund auf der Welt an
mir haſt?
Er betheuerte ihr dieſen Glauben mit wiederholten Liebkoſungen.
Was haſt denn zu meinem Brief geſagt? fragte ſie nach einer
Weile. Gelt, du haſt gewiß geſagt: jetzt kriecht ſie endlich zu Kreuz?
Ich hab' denkt: ſo, jetzt iſt ſie endlich in ſich gangen und bereut's,
daß ſie ſo unchriſtlich geweſen iſt und ſich und mir das Leben ſo ſauer
gemacht hat.
Was nicht ſauret das ſüßet auch nicht. Aber was haſt du denkt,
daß ich ſo wüſt geſchrieben hab'? Ich hab's ſchier im Finſtern thun
müſſen.
Schreib du wie du willſt, mir iſt Alles recht, was du ſchreibſt.
Wirſt's ſchon noch beſſer lernen bis du Sonnenwirthin biſt, und die
Rechnungen und Geſchäftsbriefe kann ich ja einmal ſelber ſchreiben.
Ja, das glaub' ich, daß es noch eine gute Zeit anſtehn wird, bis
ich Sonnenwirthin bin.
Nun ja, du wirſt doch meinem Vater nicht um den Tod beten.
Gott behüt' und bewahr' mich! rief Chriſtine eifrig. Gelt, das
iſt nicht dein Ernſt? Nein, ich gönn' ihm und wünſch' ihm noch ein
langes Leben —
Und Enkel genug?
Sie ſchlug ihn auf den Mund. Ich hab' nur ſagen wollen, es
wird noch manches Wäſſerlein den Bach hinunter laufen, bis man uns
zuſammenläßt. Ach, ich bin eben ein gering's Mädle und von armen
Eltern, und die deinigen ſind reich und hoffährtig; du kannſt's dir
ſelber ſagen, daß es da nicht ſo ganz glatt gehen wird. Mir ſelber
geht auch viel ab, was zu dem Stand gehört. Wiewohl, ich will
dir verſprechen, daß ich's an nichts fehlen laſſen will, und nichts ver¬
ſäumen, was ich noch lernen kann. Aber wenn auch du vielleicht mit
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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/142>, abgerufen am 08.07.2024.
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