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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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fortkommen können als bis Alles im Bett gewesen ist, da hab' ich
nicht gewußt, daß es mir so aufgenommen wird und so ausgelegt.
Es ist mich sauer genug ankommen, denn ich hab' mir wohl sagen
können, daß sich so etwas nicht schickt. Deswegen bin ich nun auch
bitter gestraft dafür, und seh's jetzt vollends ganz ein, daß ich's hätt'
nicht sollen thun.

Der Brief gilt also nichts? fragte er.

Sie sah in ihr Gesangbuch ohne zu antworten. Abermals folgte
ein langes Stillschweigen.

Wenn's so steht zwischen uns, hob er wieder an, so hätt' ich auch
können daheim bleiben.

Sie legte das Buch auf den Tisch. Es ist nicht meine Schuld,
sagte sie. Ich hab's ja nicht so haben wollen. Aber ich möcht' mich
an Keinen hängen, der schlecht von mir denkt und mich eine Nacht¬
läuferin heißt. Ich hab' noch Niemand Anlaß geben, etwas Unrecht's
von mir zu glauben, am allerwenigsten -- Sie stockte, denn das Du
wollte ihr nicht über die Lippen.

Hab' ich denn wissen können, daß du meinetwegen unterwegs bist? rief er.

Das ist gleichviel, erwiderte sie. Niemand hat das Recht, wenn
er mich auch bei der Nacht antrifft, mir das 'Rumlaufen vorzurücken,
und das auf eine Art, daß man wohl versteht, wie's gemeint ist. Ich
bin noch Keinem nachgelaufen und werd' auch Keinem nachlaufen mehr.

Nun ja, versetzte er, wenn ich gewußt hätt', was für einen Boten¬
gang du thust, so hätt' ich ja gewiß nichts dergleichen gesagt.

Das glaub' ich, bemerkte sie, unmuthig über diese leichte Ent¬
schuldigung.

Jetzt lass' es aber gut sein! rief er auf sie zugehend. Bis du
austrutzt hast und auspredigt, ist der Pfarrer mit der Predigt auch
zu End'.

Nicht so geschwind! rief sie und wich rasch vor ihm zurück.

So? da kann ich also heimgehen? sagte er, erbittert über den
ernstlichen Ton, mit dem sie ihn zurückgewiesen hatte.

Sie gab keine Antwort.

So kann's nicht zwischen uns fortgehen! rief er, allmählich wild
werdend. Jetzt sag's grad' 'raus und lass' mich nicht lang warten:
wie hast's mit mir?

fortkommen können als bis Alles im Bett geweſen iſt, da hab' ich
nicht gewußt, daß es mir ſo aufgenommen wird und ſo ausgelegt.
Es iſt mich ſauer genug ankommen, denn ich hab' mir wohl ſagen
können, daß ſich ſo etwas nicht ſchickt. Deswegen bin ich nun auch
bitter geſtraft dafür, und ſeh's jetzt vollends ganz ein, daß ich's hätt'
nicht ſollen thun.

Der Brief gilt alſo nichts? fragte er.

Sie ſah in ihr Geſangbuch ohne zu antworten. Abermals folgte
ein langes Stillſchweigen.

Wenn's ſo ſteht zwiſchen uns, hob er wieder an, ſo hätt' ich auch
können daheim bleiben.

Sie legte das Buch auf den Tiſch. Es iſt nicht meine Schuld,
ſagte ſie. Ich hab's ja nicht ſo haben wollen. Aber ich möcht' mich
an Keinen hängen, der ſchlecht von mir denkt und mich eine Nacht¬
läuferin heißt. Ich hab' noch Niemand Anlaß geben, etwas Unrecht's
von mir zu glauben, am allerwenigſten — Sie ſtockte, denn das Du
wollte ihr nicht über die Lippen.

Hab' ich denn wiſſen können, daß du meinetwegen unterwegs biſt? rief er.

Das iſt gleichviel, erwiderte ſie. Niemand hat das Recht, wenn
er mich auch bei der Nacht antrifft, mir das 'Rumlaufen vorzurücken,
und das auf eine Art, daß man wohl verſteht, wie's gemeint iſt. Ich
bin noch Keinem nachgelaufen und werd' auch Keinem nachlaufen mehr.

Nun ja, verſetzte er, wenn ich gewußt hätt', was für einen Boten¬
gang du thuſt, ſo hätt' ich ja gewiß nichts dergleichen geſagt.

Das glaub' ich, bemerkte ſie, unmuthig über dieſe leichte Ent¬
ſchuldigung.

Jetzt laſſ' es aber gut ſein! rief er auf ſie zugehend. Bis du
austrutzt haſt und auspredigt, iſt der Pfarrer mit der Predigt auch
zu End'.

Nicht ſo geſchwind! rief ſie und wich raſch vor ihm zurück.

So? da kann ich alſo heimgehen? ſagte er, erbittert über den
ernſtlichen Ton, mit dem ſie ihn zurückgewieſen hatte.

Sie gab keine Antwort.

So kann's nicht zwiſchen uns fortgehen! rief er, allmählich wild
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[121/0137] fortkommen können als bis Alles im Bett geweſen iſt, da hab' ich nicht gewußt, daß es mir ſo aufgenommen wird und ſo ausgelegt. Es iſt mich ſauer genug ankommen, denn ich hab' mir wohl ſagen können, daß ſich ſo etwas nicht ſchickt. Deswegen bin ich nun auch bitter geſtraft dafür, und ſeh's jetzt vollends ganz ein, daß ich's hätt' nicht ſollen thun. Der Brief gilt alſo nichts? fragte er. Sie ſah in ihr Geſangbuch ohne zu antworten. Abermals folgte ein langes Stillſchweigen. Wenn's ſo ſteht zwiſchen uns, hob er wieder an, ſo hätt' ich auch können daheim bleiben. Sie legte das Buch auf den Tiſch. Es iſt nicht meine Schuld, ſagte ſie. Ich hab's ja nicht ſo haben wollen. Aber ich möcht' mich an Keinen hängen, der ſchlecht von mir denkt und mich eine Nacht¬ läuferin heißt. Ich hab' noch Niemand Anlaß geben, etwas Unrecht's von mir zu glauben, am allerwenigſten — Sie ſtockte, denn das Du wollte ihr nicht über die Lippen. Hab' ich denn wiſſen können, daß du meinetwegen unterwegs biſt? rief er. Das iſt gleichviel, erwiderte ſie. Niemand hat das Recht, wenn er mich auch bei der Nacht antrifft, mir das 'Rumlaufen vorzurücken, und das auf eine Art, daß man wohl verſteht, wie's gemeint iſt. Ich bin noch Keinem nachgelaufen und werd' auch Keinem nachlaufen mehr. Nun ja, verſetzte er, wenn ich gewußt hätt', was für einen Boten¬ gang du thuſt, ſo hätt' ich ja gewiß nichts dergleichen geſagt. Das glaub' ich, bemerkte ſie, unmuthig über dieſe leichte Ent¬ ſchuldigung. Jetzt laſſ' es aber gut ſein! rief er auf ſie zugehend. Bis du austrutzt haſt und auspredigt, iſt der Pfarrer mit der Predigt auch zu End'. Nicht ſo geſchwind! rief ſie und wich raſch vor ihm zurück. So? da kann ich alſo heimgehen? ſagte er, erbittert über den ernſtlichen Ton, mit dem ſie ihn zurückgewieſen hatte. Sie gab keine Antwort. So kann's nicht zwiſchen uns fortgehen! rief er, allmählich wild werdend. Jetzt ſag's grad' 'raus und laſſ' mich nicht lang warten: wie haſt's mit mir?

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/137>, abgerufen am 22.11.2024.