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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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der Herr Pfarrer zum Herrn Amtmann geschickt. Der hat aber gleich
gesagt, da werde es etwas setzen, denn der Küfer sei zwar in seinem
Handwerk fleißig und kein übler Haushälter, aber sonst ein eigen¬
sinniger hartnäckiger Gesell. Es ging auch so, wie der Herr Amt¬
mann gesagt hatte, denn obwohl man mich zweimal zu ihm schickte,
denn ich muß eben Alles ausrichten, weil der Herr Amtmann den
Amtsknecht fast ganz ins Haus braucht als seinen Leibdiener, so kam
er doch nicht, so daß ich ihn zuletzt mit zwei Männern hab' holen
müssen. Das hat er aber wohlweislich vorausgesehen und sich ins
Sternwirths Keller etwas zu schaffen gemacht, damit ihm der Spek¬
takel nicht in seinem Haus über den Hals käm'.

Und darum ist er in Thurn kommen? wiederholte der Müllerknecht.

Nein, er hat dann böse Reden geführt, denn so still er sonst sein
mag, so hat er vor Convent das Maul weit aufgethan. Wie man
ihm fürgehalten hat, warum er ungehorsam gewesen sei, hat er ge¬
sagt, er habe vor dem Kirchenconvent nichts zu schaffen, es sei ihm
solches ein Schimpf, sein Weib hab' die Schläg' nöthig, der vorige
Pfarrer und Amtmann haben ihm selber gesagt, er solle sie nur
schlagen, wenn sie's brauche. Wenn ihn der Herr Amtmann für sich
citire zum weltlichen Amt, so komme er und man brauche ihm nicht
mit dem Holzschlägel zu winken, aber auf kirchenconventliche Citation
komme er nicht, sonderlich wenn man ihm den Büttel schicke -- da¬
mit hatte er mich gemeint; -- man solle ihm ein geschworen Weib
schicken oder die Hebamme, das seien des Pfarrers seine Amtsboten.

Alles lachte zusammen.

Zuletzt ist's dann vollends faustdick kommen, fuhr der Schütz fort.
Da hat er sich vernehmen lassen, es geh' hier viel Unordnung vor,
so nicht gestraft werd', der Pfarrer melier' sich mit hiesigen Weibern,
die Leute reden ihm viel nach. Ich hab' vor der Thür nicht Alles
verstanden, denn vorher hat er ein wenig geschrieen, das Schärfst'
aber hat er nicht mehr so laut gesagt, er wird gedacht haben, es
schalle auch so noch deutlich in die Ohren. Den Herr Pfarrer aber
hat man nachher verstehen können, der hat ihn angeschrauen, er sei
ein lüderlicher Gesell, was er denn von ihm sagen könne? und man
müsse die Sache an's löbliche Oberamt nach Göppingen berichten. Der
Herr Amtmann aber hat ihn einstweilen in Thurn sperren lassen.

der Herr Pfarrer zum Herrn Amtmann geſchickt. Der hat aber gleich
geſagt, da werde es etwas ſetzen, denn der Küfer ſei zwar in ſeinem
Handwerk fleißig und kein übler Haushälter, aber ſonſt ein eigen¬
ſinniger hartnäckiger Geſell. Es ging auch ſo, wie der Herr Amt¬
mann geſagt hatte, denn obwohl man mich zweimal zu ihm ſchickte,
denn ich muß eben Alles ausrichten, weil der Herr Amtmann den
Amtsknecht faſt ganz ins Haus braucht als ſeinen Leibdiener, ſo kam
er doch nicht, ſo daß ich ihn zuletzt mit zwei Männern hab' holen
müſſen. Das hat er aber wohlweislich vorausgeſehen und ſich ins
Sternwirths Keller etwas zu ſchaffen gemacht, damit ihm der Spek¬
takel nicht in ſeinem Haus über den Hals käm'.

Und darum iſt er in Thurn kommen? wiederholte der Müllerknecht.

Nein, er hat dann böſe Reden geführt, denn ſo ſtill er ſonſt ſein
mag, ſo hat er vor Convent das Maul weit aufgethan. Wie man
ihm fürgehalten hat, warum er ungehorſam geweſen ſei, hat er ge¬
ſagt, er habe vor dem Kirchenconvent nichts zu ſchaffen, es ſei ihm
ſolches ein Schimpf, ſein Weib hab' die Schläg' nöthig, der vorige
Pfarrer und Amtmann haben ihm ſelber geſagt, er ſolle ſie nur
ſchlagen, wenn ſie's brauche. Wenn ihn der Herr Amtmann für ſich
citire zum weltlichen Amt, ſo komme er und man brauche ihm nicht
mit dem Holzſchlägel zu winken, aber auf kirchenconventliche Citation
komme er nicht, ſonderlich wenn man ihm den Büttel ſchicke — da¬
mit hatte er mich gemeint; — man ſolle ihm ein geſchworen Weib
ſchicken oder die Hebamme, das ſeien des Pfarrers ſeine Amtsboten.

Alles lachte zuſammen.

Zuletzt iſt's dann vollends fauſtdick kommen, fuhr der Schütz fort.
Da hat er ſich vernehmen laſſen, es geh' hier viel Unordnung vor,
ſo nicht geſtraft werd', der Pfarrer melier' ſich mit hieſigen Weibern,
die Leute reden ihm viel nach. Ich hab' vor der Thür nicht Alles
verſtanden, denn vorher hat er ein wenig geſchrieen, das Schärfſt'
aber hat er nicht mehr ſo laut geſagt, er wird gedacht haben, es
ſchalle auch ſo noch deutlich in die Ohren. Den Herr Pfarrer aber
hat man nachher verſtehen können, der hat ihn angeſchrauen, er ſei
ein lüderlicher Geſell, was er denn von ihm ſagen könne? und man
müſſe die Sache an's löbliche Oberamt nach Göppingen berichten. Der
Herr Amtmann aber hat ihn einſtweilen in Thurn ſperren laſſen.

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[96/0112] der Herr Pfarrer zum Herrn Amtmann geſchickt. Der hat aber gleich geſagt, da werde es etwas ſetzen, denn der Küfer ſei zwar in ſeinem Handwerk fleißig und kein übler Haushälter, aber ſonſt ein eigen¬ ſinniger hartnäckiger Geſell. Es ging auch ſo, wie der Herr Amt¬ mann geſagt hatte, denn obwohl man mich zweimal zu ihm ſchickte, denn ich muß eben Alles ausrichten, weil der Herr Amtmann den Amtsknecht faſt ganz ins Haus braucht als ſeinen Leibdiener, ſo kam er doch nicht, ſo daß ich ihn zuletzt mit zwei Männern hab' holen müſſen. Das hat er aber wohlweislich vorausgeſehen und ſich ins Sternwirths Keller etwas zu ſchaffen gemacht, damit ihm der Spek¬ takel nicht in ſeinem Haus über den Hals käm'. Und darum iſt er in Thurn kommen? wiederholte der Müllerknecht. Nein, er hat dann böſe Reden geführt, denn ſo ſtill er ſonſt ſein mag, ſo hat er vor Convent das Maul weit aufgethan. Wie man ihm fürgehalten hat, warum er ungehorſam geweſen ſei, hat er ge¬ ſagt, er habe vor dem Kirchenconvent nichts zu ſchaffen, es ſei ihm ſolches ein Schimpf, ſein Weib hab' die Schläg' nöthig, der vorige Pfarrer und Amtmann haben ihm ſelber geſagt, er ſolle ſie nur ſchlagen, wenn ſie's brauche. Wenn ihn der Herr Amtmann für ſich citire zum weltlichen Amt, ſo komme er und man brauche ihm nicht mit dem Holzſchlägel zu winken, aber auf kirchenconventliche Citation komme er nicht, ſonderlich wenn man ihm den Büttel ſchicke — da¬ mit hatte er mich gemeint; — man ſolle ihm ein geſchworen Weib ſchicken oder die Hebamme, das ſeien des Pfarrers ſeine Amtsboten. Alles lachte zuſammen. Zuletzt iſt's dann vollends fauſtdick kommen, fuhr der Schütz fort. Da hat er ſich vernehmen laſſen, es geh' hier viel Unordnung vor, ſo nicht geſtraft werd', der Pfarrer melier' ſich mit hieſigen Weibern, die Leute reden ihm viel nach. Ich hab' vor der Thür nicht Alles verſtanden, denn vorher hat er ein wenig geſchrieen, das Schärfſt' aber hat er nicht mehr ſo laut geſagt, er wird gedacht haben, es ſchalle auch ſo noch deutlich in die Ohren. Den Herr Pfarrer aber hat man nachher verſtehen können, der hat ihn angeſchrauen, er ſei ein lüderlicher Geſell, was er denn von ihm ſagen könne? und man müſſe die Sache an's löbliche Oberamt nach Göppingen berichten. Der Herr Amtmann aber hat ihn einſtweilen in Thurn ſperren laſſen.

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/112>, abgerufen am 24.11.2024.