und Goldmetallen nicht geringert würde; Und diese Rede hat eine lange Zeit/ doch ohne gewissen Grund gewähret.
Dieser Plinius hat gelebet zur Zeit des Käysers Vespasiani, wel- cher nach dem Tiberio der dritte gewesen; daß es also scheinet/ es habe diese Sage lang gedauret.
Solches erzehlen auch andere mehr/ nach dem Plinio, iedoch kom- men sie nicht gäntzlich mit ihm überein: Dion Cassius im 57. Buch saget: Zu der Zeit/ als sich zu Rom ein grosser Schwiebogen auff eine Seiten" senckte/ so hat solchen ein Baumeister (dessen Nahmen man nicht weiß/" dieweil der Käyser aus Neyd verboten hatte/ solchen in die Bücher zu" bringen) auff eine wundersame Manier wiederum auffgerichtet/ und" den Grund zu beyden Seiten also befestiget/ daß er unbeweglich gestan-" den: Solchen hat der Tiberius, nachdem er ihn ausgezahlet/ aus der" Stadt weisen lassen; der Künstler aber kam wieder zurück; Und als er" zu dem Tiberio gieng/ und um Gnad bitten wollen/ hat er mit Fleiß einen" gläsern Becher auff die Erden fallen und zerbrechen lassen/ hat aber sol- chen alsobald wiederumb mit seinen Händen gantz gemacht/ der Hoff-" nung/ er würde dadurch Gnade erlangen/ allein er muste deßwegen sein" Leben hergeben.
Isidorus bekräfftiget dieses/ also sagend: der Käyser hätte selbst den gläsern Becher/ aus Zorn wider den Boden geschmissen/ welcher also zerkrüpelt/ und gleich einem Kupffer sich zusammen gebogen/ der Künstler aber mit seinem Hämmerlein/ welches er im Busen hatte/ wiederum aus- richtete; darauff habe der Käyser gefraget/ ob sonst noch iemand Wis- senschafft von dieser Kunst hätte? und als der Künstler mit Nein geant- wortet/ auch solches mit einem Eyd betheuret/ sey ihme/ auff Befehl des Käysers/der Kopff abgeschlagen worden; damit nicht/ wann diese Kunst gemein würde/ das Gold für Koth geachtet/ und alle andere Metallen geringschätzig würden.
Und gewiß/ wann die Gläser nicht so zerbrechlich wären/ sie wären dem Silber und Gold weit fürzuziehen. Pancirolus, betreffend die Hämmerung des Glases/ folget der ansehnlichen Autorität/ der ange- zogenen obigen dreyen Authorum: solches thun ingleichen auch andere/ welche es aber nur von Hören-Sagen referiren.
Allein Mathesius, Goclenius, Valensis, Libavius, und der gantze Chymische Hauffe/ wollen solches ungescheuet behaupten/ daß es/ durch Krafft des Elixirs geschehen seye; Diese aber mögen kühnlich behaupten/
was
Von der Glasmacher-Kunſt.
und Goldmetallen nicht geringert wuͤrde; Und dieſe Rede hat eine lange Zeit/ doch ohne gewiſſen Grund gewaͤhret.
Dieſer Plinius hat gelebet zur Zeit des Kaͤyſers Veſpaſiani, wel- cher nach dem Tiberio der dritte geweſen; daß es alſo ſcheinet/ es habe dieſe Sage lang gedauret.
Solches erzehlen auch andere mehr/ nach dem Plinio, iedoch kom- men ſie nicht gaͤntzlich mit ihm uͤberein: Dion Caſſius im 57. Buch ſaget: Zu der Zeit/ als ſich zu Rom ein groſſer Schwiebogen auff eine Seiten„ ſenckte/ ſo hat ſolchen ein Baumeiſter (deſſen Nahmen man nicht weiß/„ dieweil der Kaͤyſer aus Neyd verboten hatte/ ſolchen in die Buͤcher zu„ bringen) auff eine wunderſame Manier wiederum auffgerichtet/ und„ den Grund zu beyden Seiten alſo befeſtiget/ daß er unbeweglich geſtan-„ den: Solchen hat der Tiberius, nachdem er ihn ausgezahlet/ aus der„ Stadt weiſen laſſen; der Kuͤnſtler aber kam wieder zuruͤck; Und als er„ zu dem Tiberio gieng/ und um Gnad bitten wollen/ hat er mit Fleiß einen„ glaͤſern Becher auff die Erden fallen und zerbrechen laſſen/ hat aber ſol- chen alſobald wiederumb mit ſeinen Haͤnden gantz gemacht/ der Hoff-„ nung/ er wuͤrde dadurch Gnade erlangen/ allein er muſte deßwegen ſein„ Leben hergeben.
Iſidorus bekraͤfftiget dieſes/ alſo ſagend: der Kaͤyſer haͤtte ſelbſt den glaͤſern Becher/ aus Zorn wider den Boden geſchmiſſen/ welcher alſo zerkruͤpelt/ und gleich einem Kupffer ſich zuſammen gebogen/ der Kuͤnſtler aber mit ſeinem Haͤmmerlein/ welches er im Buſen hatte/ wiederum aus- richtete; darauff habe der Kaͤyſer gefraget/ ob ſonſt noch iemand Wiſ- ſenſchafft von dieſer Kunſt haͤtte? und als der Kuͤnſtler mit Nein geant- wortet/ auch ſolches mit einem Eyd betheuret/ ſey ihme/ auff Befehl des Kaͤyſers/der Kopff abgeſchlagen worden; damit nicht/ wann dieſe Kunſt gemein wuͤrde/ das Gold fuͤr Koth geachtet/ und alle andere Metallen geringſchaͤtzig wuͤrden.
Und gewiß/ wann die Glaͤſer nicht ſo zerbrechlich waͤren/ ſie waͤren dem Silber und Gold weit fuͤrzuziehen. Pancirolus, betreffend die Haͤmmerung des Glaſes/ folget der anſehnlichen Autoritaͤt/ der ange- zogenen obigen dreyen Authorum: ſolches thun ingleichen auch andere/ welche es aber nur von Hoͤren-Sagen referiren.
Allein Matheſius, Goclenius, Valenſis, Libavius, und der gantze Chymiſche Hauffe/ wollen ſolches ungeſcheuet behaupten/ daß es/ durch Krafft des Elixirs geſchehen ſeye; Dieſe aber moͤgen kuͤhnlich behaupten/
was
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0277"n="233"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von der Glasmacher-Kunſt.</hi></fw><lb/>
und Goldmetallen nicht geringert wuͤrde; Und dieſe Rede hat eine lange<lb/>
Zeit/ doch ohne gewiſſen Grund gewaͤhret.</p><lb/><p>Dieſer <hirendition="#aq">Plinius</hi> hat gelebet zur Zeit des Kaͤyſers <hirendition="#aq">Veſpaſiani,</hi> wel-<lb/>
cher nach dem <hirendition="#aq">Tiberio</hi> der dritte geweſen; daß es alſo ſcheinet/ es habe<lb/>
dieſe Sage lang gedauret.</p><lb/><p>Solches erzehlen auch andere mehr/ nach dem <hirendition="#aq">Plinio,</hi> iedoch kom-<lb/>
men ſie nicht gaͤntzlich mit ihm uͤberein: <hirendition="#aq">Dion Caſſius</hi> im 57. Buch ſaget:<lb/>
Zu der Zeit/ als ſich zu Rom ein groſſer Schwiebogen auff eine Seiten„<lb/>ſenckte/ ſo hat ſolchen ein Baumeiſter (deſſen Nahmen man nicht weiß/„<lb/>
dieweil der Kaͤyſer aus Neyd verboten hatte/ ſolchen in die Buͤcher zu„<lb/>
bringen) auff eine wunderſame Manier wiederum auffgerichtet/ und„<lb/>
den Grund zu beyden Seiten alſo befeſtiget/ daß er unbeweglich geſtan-„<lb/>
den: Solchen hat der <hirendition="#aq">Tiberius,</hi> nachdem er ihn ausgezahlet/ aus der„<lb/>
Stadt weiſen laſſen; der Kuͤnſtler aber kam wieder zuruͤck; Und als er„<lb/>
zu dem <hirendition="#aq">Tiberio</hi> gieng/ und um Gnad bitten wollen/ hat er mit Fleiß einen„<lb/>
glaͤſern Becher auff die Erden fallen und zerbrechen laſſen/ hat aber ſol-<lb/>
chen alſobald wiederumb mit ſeinen Haͤnden gantz gemacht/ der Hoff-„<lb/>
nung/ er wuͤrde dadurch Gnade erlangen/ allein er muſte deßwegen ſein„<lb/>
Leben hergeben.</p><lb/><p><hirendition="#aq">Iſidorus</hi> bekraͤfftiget dieſes/ alſo ſagend: der Kaͤyſer haͤtte ſelbſt den<lb/>
glaͤſern Becher/ aus Zorn wider den Boden geſchmiſſen/ welcher alſo<lb/>
zerkruͤpelt/ und gleich einem Kupffer ſich zuſammen gebogen/ der Kuͤnſtler<lb/>
aber mit ſeinem Haͤmmerlein/ welches er im Buſen hatte/ wiederum aus-<lb/>
richtete; darauff habe der Kaͤyſer gefraget/ ob ſonſt noch iemand Wiſ-<lb/>ſenſchafft von dieſer Kunſt haͤtte? und als der Kuͤnſtler mit Nein geant-<lb/>
wortet/ auch ſolches mit einem Eyd betheuret/ ſey ihme/ auff Befehl des<lb/>
Kaͤyſers/der Kopff abgeſchlagen worden; damit nicht/ wann dieſe Kunſt<lb/>
gemein wuͤrde/ das Gold fuͤr Koth geachtet/ und alle andere Metallen<lb/>
geringſchaͤtzig wuͤrden.</p><lb/><p>Und gewiß/ wann die Glaͤſer nicht ſo zerbrechlich waͤren/ ſie waͤren<lb/>
dem Silber und Gold weit fuͤrzuziehen. <hirendition="#aq">Pancirolus,</hi> betreffend die<lb/>
Haͤmmerung des Glaſes/ folget der anſehnlichen <hirendition="#aq">Autori</hi>taͤt/ der ange-<lb/>
zogenen obigen dreyen <hirendition="#aq">Authorum:</hi>ſolches thun ingleichen auch andere/<lb/>
welche es aber nur von Hoͤren-Sagen <hirendition="#aq">referi</hi>ren.</p><lb/><p>Allein <hirendition="#aq">Matheſius, Goclenius, Valenſis, Libavius,</hi> und der gantze<lb/>
Chymiſche Hauffe/ wollen ſolches ungeſcheuet behaupten/ daß es/ durch<lb/>
Krafft des Elixirs geſchehen ſeye; Dieſe aber moͤgen kuͤhnlich behaupten/<lb/><fwplace="bottom"type="catch">was</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[233/0277]
Von der Glasmacher-Kunſt.
und Goldmetallen nicht geringert wuͤrde; Und dieſe Rede hat eine lange
Zeit/ doch ohne gewiſſen Grund gewaͤhret.
Dieſer Plinius hat gelebet zur Zeit des Kaͤyſers Veſpaſiani, wel-
cher nach dem Tiberio der dritte geweſen; daß es alſo ſcheinet/ es habe
dieſe Sage lang gedauret.
Solches erzehlen auch andere mehr/ nach dem Plinio, iedoch kom-
men ſie nicht gaͤntzlich mit ihm uͤberein: Dion Caſſius im 57. Buch ſaget:
Zu der Zeit/ als ſich zu Rom ein groſſer Schwiebogen auff eine Seiten„
ſenckte/ ſo hat ſolchen ein Baumeiſter (deſſen Nahmen man nicht weiß/„
dieweil der Kaͤyſer aus Neyd verboten hatte/ ſolchen in die Buͤcher zu„
bringen) auff eine wunderſame Manier wiederum auffgerichtet/ und„
den Grund zu beyden Seiten alſo befeſtiget/ daß er unbeweglich geſtan-„
den: Solchen hat der Tiberius, nachdem er ihn ausgezahlet/ aus der„
Stadt weiſen laſſen; der Kuͤnſtler aber kam wieder zuruͤck; Und als er„
zu dem Tiberio gieng/ und um Gnad bitten wollen/ hat er mit Fleiß einen„
glaͤſern Becher auff die Erden fallen und zerbrechen laſſen/ hat aber ſol-
chen alſobald wiederumb mit ſeinen Haͤnden gantz gemacht/ der Hoff-„
nung/ er wuͤrde dadurch Gnade erlangen/ allein er muſte deßwegen ſein„
Leben hergeben.
Iſidorus bekraͤfftiget dieſes/ alſo ſagend: der Kaͤyſer haͤtte ſelbſt den
glaͤſern Becher/ aus Zorn wider den Boden geſchmiſſen/ welcher alſo
zerkruͤpelt/ und gleich einem Kupffer ſich zuſammen gebogen/ der Kuͤnſtler
aber mit ſeinem Haͤmmerlein/ welches er im Buſen hatte/ wiederum aus-
richtete; darauff habe der Kaͤyſer gefraget/ ob ſonſt noch iemand Wiſ-
ſenſchafft von dieſer Kunſt haͤtte? und als der Kuͤnſtler mit Nein geant-
wortet/ auch ſolches mit einem Eyd betheuret/ ſey ihme/ auff Befehl des
Kaͤyſers/der Kopff abgeſchlagen worden; damit nicht/ wann dieſe Kunſt
gemein wuͤrde/ das Gold fuͤr Koth geachtet/ und alle andere Metallen
geringſchaͤtzig wuͤrden.
Und gewiß/ wann die Glaͤſer nicht ſo zerbrechlich waͤren/ ſie waͤren
dem Silber und Gold weit fuͤrzuziehen. Pancirolus, betreffend die
Haͤmmerung des Glaſes/ folget der anſehnlichen Autoritaͤt/ der ange-
zogenen obigen dreyen Authorum: ſolches thun ingleichen auch andere/
welche es aber nur von Hoͤren-Sagen referiren.
Allein Matheſius, Goclenius, Valenſis, Libavius, und der gantze
Chymiſche Hauffe/ wollen ſolches ungeſcheuet behaupten/ daß es/ durch
Krafft des Elixirs geſchehen ſeye; Dieſe aber moͤgen kuͤhnlich behaupten/
was
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kunckel_glasmacher_1679/277>, abgerufen am 24.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.