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Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679.

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Von der Glasmacher-Kunst.
und Goldmetallen nicht geringert würde; Und diese Rede hat eine lange
Zeit/ doch ohne gewissen Grund gewähret.

Dieser Plinius hat gelebet zur Zeit des Käysers Vespasiani, wel-
cher nach dem Tiberio der dritte gewesen; daß es also scheinet/ es habe
diese Sage lang gedauret.

Solches erzehlen auch andere mehr/ nach dem Plinio, iedoch kom-
men sie nicht gäntzlich mit ihm überein: Dion Cassius im 57. Buch saget:
Zu der Zeit/ als sich zu Rom ein grosser Schwiebogen auff eine Seiten"
senckte/ so hat solchen ein Baumeister (dessen Nahmen man nicht weiß/"
dieweil der Käyser aus Neyd verboten hatte/ solchen in die Bücher zu"
bringen) auff eine wundersame Manier wiederum auffgerichtet/ und"
den Grund zu beyden Seiten also befestiget/ daß er unbeweglich gestan-"
den: Solchen hat der Tiberius, nachdem er ihn ausgezahlet/ aus der"
Stadt weisen lassen; der Künstler aber kam wieder zurück; Und als er"
zu dem Tiberio gieng/ und um Gnad bitten wollen/ hat er mit Fleiß einen"
gläsern Becher auff die Erden fallen und zerbrechen lassen/ hat aber sol-
chen alsobald wiederumb mit seinen Händen gantz gemacht/ der Hoff-"
nung/ er würde dadurch Gnade erlangen/ allein er muste deßwegen sein"
Leben hergeben.

Isidorus bekräfftiget dieses/ also sagend: der Käyser hätte selbst den
gläsern Becher/ aus Zorn wider den Boden geschmissen/ welcher also
zerkrüpelt/ und gleich einem Kupffer sich zusammen gebogen/ der Künstler
aber mit seinem Hämmerlein/ welches er im Busen hatte/ wiederum aus-
richtete; darauff habe der Käyser gefraget/ ob sonst noch iemand Wis-
senschafft von dieser Kunst hätte? und als der Künstler mit Nein geant-
wortet/ auch solches mit einem Eyd betheuret/ sey ihme/ auff Befehl des
Käysers/der Kopff abgeschlagen worden; damit nicht/ wann diese Kunst
gemein würde/ das Gold für Koth geachtet/ und alle andere Metallen
geringschätzig würden.

Und gewiß/ wann die Gläser nicht so zerbrechlich wären/ sie wären
dem Silber und Gold weit fürzuziehen. Pancirolus, betreffend die
Hämmerung des Glases/ folget der ansehnlichen Autorität/ der ange-
zogenen obigen dreyen Authorum: solches thun ingleichen auch andere/
welche es aber nur von Hören-Sagen referiren.

Allein Mathesius, Goclenius, Valensis, Libavius, und der gantze
Chymische Hauffe/ wollen solches ungescheuet behaupten/ daß es/ durch
Krafft des Elixirs geschehen seye; Diese aber mögen kühnlich behaupten/

was

Von der Glasmacher-Kunſt.
und Goldmetallen nicht geringert wuͤrde; Und dieſe Rede hat eine lange
Zeit/ doch ohne gewiſſen Grund gewaͤhret.

Dieſer Plinius hat gelebet zur Zeit des Kaͤyſers Veſpaſiani, wel-
cher nach dem Tiberio der dritte geweſen; daß es alſo ſcheinet/ es habe
dieſe Sage lang gedauret.

Solches erzehlen auch andere mehr/ nach dem Plinio, iedoch kom-
men ſie nicht gaͤntzlich mit ihm uͤberein: Dion Caſſius im 57. Buch ſaget:
Zu der Zeit/ als ſich zu Rom ein groſſer Schwiebogen auff eine Seiten„
ſenckte/ ſo hat ſolchen ein Baumeiſter (deſſen Nahmen man nicht weiß/„
dieweil der Kaͤyſer aus Neyd verboten hatte/ ſolchen in die Buͤcher zu„
bringen) auff eine wunderſame Manier wiederum auffgerichtet/ und„
den Grund zu beyden Seiten alſo befeſtiget/ daß er unbeweglich geſtan-„
den: Solchen hat der Tiberius, nachdem er ihn ausgezahlet/ aus der„
Stadt weiſen laſſen; der Kuͤnſtler aber kam wieder zuruͤck; Und als er„
zu dem Tiberio gieng/ und um Gnad bitten wollen/ hat er mit Fleiß einen„
glaͤſern Becher auff die Erden fallen und zerbrechen laſſen/ hat aber ſol-
chen alſobald wiederumb mit ſeinen Haͤnden gantz gemacht/ der Hoff-„
nung/ er wuͤrde dadurch Gnade erlangen/ allein er muſte deßwegen ſein„
Leben hergeben.

Iſidorus bekraͤfftiget dieſes/ alſo ſagend: der Kaͤyſer haͤtte ſelbſt den
glaͤſern Becher/ aus Zorn wider den Boden geſchmiſſen/ welcher alſo
zerkruͤpelt/ und gleich einem Kupffer ſich zuſammen gebogen/ der Kuͤnſtler
aber mit ſeinem Haͤmmerlein/ welches er im Buſen hatte/ wiederum aus-
richtete; darauff habe der Kaͤyſer gefraget/ ob ſonſt noch iemand Wiſ-
ſenſchafft von dieſer Kunſt haͤtte? und als der Kuͤnſtler mit Nein geant-
wortet/ auch ſolches mit einem Eyd betheuret/ ſey ihme/ auff Befehl des
Kaͤyſers/der Kopff abgeſchlagen worden; damit nicht/ wann dieſe Kunſt
gemein wuͤrde/ das Gold fuͤr Koth geachtet/ und alle andere Metallen
geringſchaͤtzig wuͤrden.

Und gewiß/ wann die Glaͤſer nicht ſo zerbrechlich waͤren/ ſie waͤren
dem Silber und Gold weit fuͤrzuziehen. Pancirolus, betreffend die
Haͤmmerung des Glaſes/ folget der anſehnlichen Autoritaͤt/ der ange-
zogenen obigen dreyen Authorum: ſolches thun ingleichen auch andere/
welche es aber nur von Hoͤren-Sagen referiren.

Allein Matheſius, Goclenius, Valenſis, Libavius, und der gantze
Chymiſche Hauffe/ wollen ſolches ungeſcheuet behaupten/ daß es/ durch
Krafft des Elixirs geſchehen ſeye; Dieſe aber moͤgen kuͤhnlich behaupten/

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[233/0277] Von der Glasmacher-Kunſt. und Goldmetallen nicht geringert wuͤrde; Und dieſe Rede hat eine lange Zeit/ doch ohne gewiſſen Grund gewaͤhret. Dieſer Plinius hat gelebet zur Zeit des Kaͤyſers Veſpaſiani, wel- cher nach dem Tiberio der dritte geweſen; daß es alſo ſcheinet/ es habe dieſe Sage lang gedauret. Solches erzehlen auch andere mehr/ nach dem Plinio, iedoch kom- men ſie nicht gaͤntzlich mit ihm uͤberein: Dion Caſſius im 57. Buch ſaget: Zu der Zeit/ als ſich zu Rom ein groſſer Schwiebogen auff eine Seiten„ ſenckte/ ſo hat ſolchen ein Baumeiſter (deſſen Nahmen man nicht weiß/„ dieweil der Kaͤyſer aus Neyd verboten hatte/ ſolchen in die Buͤcher zu„ bringen) auff eine wunderſame Manier wiederum auffgerichtet/ und„ den Grund zu beyden Seiten alſo befeſtiget/ daß er unbeweglich geſtan-„ den: Solchen hat der Tiberius, nachdem er ihn ausgezahlet/ aus der„ Stadt weiſen laſſen; der Kuͤnſtler aber kam wieder zuruͤck; Und als er„ zu dem Tiberio gieng/ und um Gnad bitten wollen/ hat er mit Fleiß einen„ glaͤſern Becher auff die Erden fallen und zerbrechen laſſen/ hat aber ſol- chen alſobald wiederumb mit ſeinen Haͤnden gantz gemacht/ der Hoff-„ nung/ er wuͤrde dadurch Gnade erlangen/ allein er muſte deßwegen ſein„ Leben hergeben. Iſidorus bekraͤfftiget dieſes/ alſo ſagend: der Kaͤyſer haͤtte ſelbſt den glaͤſern Becher/ aus Zorn wider den Boden geſchmiſſen/ welcher alſo zerkruͤpelt/ und gleich einem Kupffer ſich zuſammen gebogen/ der Kuͤnſtler aber mit ſeinem Haͤmmerlein/ welches er im Buſen hatte/ wiederum aus- richtete; darauff habe der Kaͤyſer gefraget/ ob ſonſt noch iemand Wiſ- ſenſchafft von dieſer Kunſt haͤtte? und als der Kuͤnſtler mit Nein geant- wortet/ auch ſolches mit einem Eyd betheuret/ ſey ihme/ auff Befehl des Kaͤyſers/der Kopff abgeſchlagen worden; damit nicht/ wann dieſe Kunſt gemein wuͤrde/ das Gold fuͤr Koth geachtet/ und alle andere Metallen geringſchaͤtzig wuͤrden. Und gewiß/ wann die Glaͤſer nicht ſo zerbrechlich waͤren/ ſie waͤren dem Silber und Gold weit fuͤrzuziehen. Pancirolus, betreffend die Haͤmmerung des Glaſes/ folget der anſehnlichen Autoritaͤt/ der ange- zogenen obigen dreyen Authorum: ſolches thun ingleichen auch andere/ welche es aber nur von Hoͤren-Sagen referiren. Allein Matheſius, Goclenius, Valenſis, Libavius, und der gantze Chymiſche Hauffe/ wollen ſolches ungeſcheuet behaupten/ daß es/ durch Krafft des Elixirs geſchehen ſeye; Dieſe aber moͤgen kuͤhnlich behaupten/ was

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Zitationshilfe: Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kunckel_glasmacher_1679/277>, abgerufen am 22.11.2024.