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Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679.

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Von der Glasmacher-Kunst.
liche aber dicht und fest: die zerbrechlichen oder zerreiblichen Stücke/"
wann sie ins Feuer kommen/ schwelleten auff/ wurden gleich wie ein"
weisser Bimsenstein/ und nahmen hernach den Glantz eines künstlich-be-"
reiteten Glases/ an sich: die festen/ gantzen/ und dichten Stücke aber/"
die wurden im Feuer/ nach einer geringen Veränderung aus der"
Schwärtze/ zu einen künstlich-bereiteten weissen Glaß."

Dieses gegrabene Glaß ist von den Americanern bereitet wor-"
den/ daß sie an statt des Eysens darmit schneiden und Breter bohren."
So weit Imperatus.

Und vielleicht ist das Stück von solcher Art des Glases gewesen/
welches ich einsmahls zu S. Alban/ da vorzeiten der Römer alte Wach-
stätte gewesen/ von einen alten Römischen Ziegel abgebrochen habe:
Dennes war an der Farb und Substantz/ unserm heutigen Glaß gantz
gleich.

Es ist auch weder zu zweiffeln noch zu verwundern/ daß nicht der-
gleichen Art des Glases/ öffter so wohl unter ihren (der Römer) als un-
ter unsern Ziegeln/ seye gefunden worden; denn sie temperirten ihre Er-
den/ die sie zu den Ziegeln nahmen/ durch eine 2. jährige Digestion un-
ter der Erden/ als wodurch die Arbeit desto fester und stärcker wurde;
zugeschweigen/ daß sie auch ihre Ziegeln stärcker ausbrannten.

Und diese Glaßwerdung der Ziegel-Erden geschicht nicht allein bey
ihrer ersten Brennung/ sondern/ gleichwie auch Imperatus angemercket/
von einem iedwedern grossen Feuer/ dergleichen nemlich/ wie in den
Kalch-und Töpffer-Oefen gebrauchet wird; dergleichen auch in Asien und
Africa/ von Alters her sehr gebräuchlich ist/ da sich die meisten Steine zu
Glaß brennen.

Jch habe aber in der Ziegel-Hütten niemahls gesehen/ noch gehö-
ret/ daß sich die Ziegelstein/ von einem gemeinen Feuer zu Glas gebrannt
hätten; denn ich halte dafür/ daß dieser Effect nur allein von dem Feuer/
mit welchen der rohe und ausgetrocknete Ziegel-Hauffen ausgekochet
wird/ herkomme; und zwar auff Art eines Reverberation-Feuers/ in
solchen Oefen/ da es verschlossen/ starck und stetig kan erhalten werden:
dieses Glas auff solche Art bereitet/ dauret lang unter der Erden; unge-
achtet Helmontius saget/ daß das Glaß/ innerhalb wenig Jahren/ unter
der Erden auffgelöset oder dissolviret/ putreficiret/ und zu einen Was-
ser werde: solches ist zwar von unserm gemeinen weichen Crystall wahr/
nicht aber insgemein von allem Glaß.

Be-
F f

Von der Glasmacher-Kunſt.
liche aber dicht und feſt: die zerbrechlichen oder zerreiblichen Stuͤcke/„
wann ſie ins Feuer kommen/ ſchwelleten auff/ wurden gleich wie ein„
weiſſer Bimſenſtein/ und nahmen hernach den Glantz eines kuͤnſtlich-be-„
reiteten Glaſes/ an ſich: die feſten/ gantzen/ und dichten Stuͤcke aber/„
die wurden im Feuer/ nach einer geringen Veraͤnderung aus der„
Schwaͤrtze/ zu einen kuͤnſtlich-bereiteten weiſſen Glaß.„

Dieſes gegrabene Glaß iſt von den Americanern bereitet wor-„
den/ daß ſie an ſtatt des Eyſens darmit ſchneiden und Breter bohren.„
So weit Imperatus.

Und vielleicht iſt das Stuͤck von ſolcher Art des Glaſes geweſen/
welches ich einsmahls zu S. Alban/ da vorzeiten der Roͤmer alte Wach-
ſtaͤtte geweſen/ von einen alten Roͤmiſchen Ziegel abgebrochen habe:
Dennes war an der Farb und Subſtantz/ unſerm heutigen Glaß gantz
gleich.

Es iſt auch weder zu zweiffeln noch zu verwundern/ daß nicht der-
gleichen Art des Glaſes/ oͤffter ſo wohl unter ihren (der Roͤmer) als un-
ter unſern Ziegeln/ ſeye gefunden worden; denn ſie temperirten ihre Er-
den/ die ſie zu den Ziegeln nahmen/ durch eine 2. jaͤhrige Digeſtion un-
ter der Erden/ als wodurch die Arbeit deſto feſter und ſtaͤrcker wurde;
zugeſchweigen/ daß ſie auch ihre Ziegeln ſtaͤrcker ausbrannten.

Und dieſe Glaßwerdung der Ziegel-Erden geſchicht nicht allein bey
ihrer erſten Brennung/ ſondern/ gleichwie auch Imperatus angemercket/
von einem iedwedern groſſen Feuer/ dergleichen nemlich/ wie in den
Kalch-uñ Toͤpffer-Oefen gebrauchet wird; dergleichen auch in Aſien und
Africa/ von Alters her ſehr gebraͤuchlich iſt/ da ſich die meiſten Steine zu
Glaß brennen.

Jch habe aber in der Ziegel-Huͤtten niemahls geſehen/ noch gehoͤ-
ret/ daß ſich die Ziegelſtein/ von einem gemeinen Feuer zu Glas gebrañt
haͤtten; denn ich halte dafuͤr/ daß dieſer Effect nur allein von dem Feuer/
mit welchen der rohe und ausgetrocknete Ziegel-Hauffen ausgekochet
wird/ herkomme; und zwar auff Art eines Reverberation-Feuers/ in
ſolchen Oefen/ da es verſchloſſen/ ſtarck und ſtetig kan erhalten werden:
dieſes Glas auff ſolche Art bereitet/ dauret lang unter der Erden; unge-
achtet Helmontius ſaget/ daß das Glaß/ innerhalb wenig Jahren/ unter
der Erden auffgeloͤſet oder diſſolviret/ putreficiret/ und zu einen Waſ-
ſer werde: ſolches iſt zwar von unſerm gemeinen weichen Cryſtall wahr/
nicht aber insgemein von allem Glaß.

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[227/0271] Von der Glasmacher-Kunſt. liche aber dicht und feſt: die zerbrechlichen oder zerreiblichen Stuͤcke/„ wann ſie ins Feuer kommen/ ſchwelleten auff/ wurden gleich wie ein„ weiſſer Bimſenſtein/ und nahmen hernach den Glantz eines kuͤnſtlich-be-„ reiteten Glaſes/ an ſich: die feſten/ gantzen/ und dichten Stuͤcke aber/„ die wurden im Feuer/ nach einer geringen Veraͤnderung aus der„ Schwaͤrtze/ zu einen kuͤnſtlich-bereiteten weiſſen Glaß.„ Dieſes gegrabene Glaß iſt von den Americanern bereitet wor-„ den/ daß ſie an ſtatt des Eyſens darmit ſchneiden und Breter bohren.„ So weit Imperatus. Und vielleicht iſt das Stuͤck von ſolcher Art des Glaſes geweſen/ welches ich einsmahls zu S. Alban/ da vorzeiten der Roͤmer alte Wach- ſtaͤtte geweſen/ von einen alten Roͤmiſchen Ziegel abgebrochen habe: Dennes war an der Farb und Subſtantz/ unſerm heutigen Glaß gantz gleich. Es iſt auch weder zu zweiffeln noch zu verwundern/ daß nicht der- gleichen Art des Glaſes/ oͤffter ſo wohl unter ihren (der Roͤmer) als un- ter unſern Ziegeln/ ſeye gefunden worden; denn ſie temperirten ihre Er- den/ die ſie zu den Ziegeln nahmen/ durch eine 2. jaͤhrige Digeſtion un- ter der Erden/ als wodurch die Arbeit deſto feſter und ſtaͤrcker wurde; zugeſchweigen/ daß ſie auch ihre Ziegeln ſtaͤrcker ausbrannten. Und dieſe Glaßwerdung der Ziegel-Erden geſchicht nicht allein bey ihrer erſten Brennung/ ſondern/ gleichwie auch Imperatus angemercket/ von einem iedwedern groſſen Feuer/ dergleichen nemlich/ wie in den Kalch-uñ Toͤpffer-Oefen gebrauchet wird; dergleichen auch in Aſien und Africa/ von Alters her ſehr gebraͤuchlich iſt/ da ſich die meiſten Steine zu Glaß brennen. Jch habe aber in der Ziegel-Huͤtten niemahls geſehen/ noch gehoͤ- ret/ daß ſich die Ziegelſtein/ von einem gemeinen Feuer zu Glas gebrañt haͤtten; denn ich halte dafuͤr/ daß dieſer Effect nur allein von dem Feuer/ mit welchen der rohe und ausgetrocknete Ziegel-Hauffen ausgekochet wird/ herkomme; und zwar auff Art eines Reverberation-Feuers/ in ſolchen Oefen/ da es verſchloſſen/ ſtarck und ſtetig kan erhalten werden: dieſes Glas auff ſolche Art bereitet/ dauret lang unter der Erden; unge- achtet Helmontius ſaget/ daß das Glaß/ innerhalb wenig Jahren/ unter der Erden auffgeloͤſet oder diſſolviret/ putreficiret/ und zu einen Waſ- ſer werde: ſolches iſt zwar von unſerm gemeinen weichen Cryſtall wahr/ nicht aber insgemein von allem Glaß. Be- F f

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Zitationshilfe: Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kunckel_glasmacher_1679/271>, abgerufen am 24.11.2024.