Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kugler, Franz: Die Incantada. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 81–146. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Paradise erzählte nun den Freunden, wie am frühen Vormittage der Aga der Janitscharen mit einem Trupp seiner Leute an der Pforte des Juden erschienen war und ungestüm Einlaß gefordert hatte. Sowie die Pforte geöffnet war, hatte der Haufe schnell den Hof des Juden angefüllt und alle Ausgänge besetzt. Baruch war zitternd vor dem Aga erschienen, sich nach dessen Begehr erkundigend. Dieser hatte den Alten einen Diebshehler gescholten, der kostbare Zeuge, welche dem Pascha entwandt seien, in Verwahrsam genommen, und der um so härtere Strafe verdiene, als er sich zugleich mit Zaubergesindel eingelassen habe und mit streng verbotener Kunst nach Schätzen grabe. Man forderte die Zeugstoffe, die er gestern von einem Griechen empfangen, zurück; man hieß ihn die Franken vorführen, die, wie man wohl wisse, heut wieder gekommen seien, weiter nach den Schätzen zu graben. Der Alte betheuerte seine Unschuld; er habe die Zeuge redlich gekauft und wolle sie gegen den gezahlten Preis wieder ablassen; von Schatzgräbereien wisse er nichts, und die Franken seien heut gar nicht erschienen. Man achtete nicht darauf; vielmehr fing die rohe Schaar an, das Haus in allen Winkeln zu durchsuchen. Es währte nur kurze Frist, so ward Debora, die sich nach Stuart's gestriger Bitte in einige der neuen Stoffe gekleidet hatte, auf den Hof hervorgeschleppt. Kaum aber hatte man sich ihrer bemächtigt, als Alles sich um sie her sammelte und die weiteren Nachforschungen unterlassen wurden.

Paradise erzählte nun den Freunden, wie am frühen Vormittage der Aga der Janitscharen mit einem Trupp seiner Leute an der Pforte des Juden erschienen war und ungestüm Einlaß gefordert hatte. Sowie die Pforte geöffnet war, hatte der Haufe schnell den Hof des Juden angefüllt und alle Ausgänge besetzt. Baruch war zitternd vor dem Aga erschienen, sich nach dessen Begehr erkundigend. Dieser hatte den Alten einen Diebshehler gescholten, der kostbare Zeuge, welche dem Pascha entwandt seien, in Verwahrsam genommen, und der um so härtere Strafe verdiene, als er sich zugleich mit Zaubergesindel eingelassen habe und mit streng verbotener Kunst nach Schätzen grabe. Man forderte die Zeugstoffe, die er gestern von einem Griechen empfangen, zurück; man hieß ihn die Franken vorführen, die, wie man wohl wisse, heut wieder gekommen seien, weiter nach den Schätzen zu graben. Der Alte betheuerte seine Unschuld; er habe die Zeuge redlich gekauft und wolle sie gegen den gezahlten Preis wieder ablassen; von Schatzgräbereien wisse er nichts, und die Franken seien heut gar nicht erschienen. Man achtete nicht darauf; vielmehr fing die rohe Schaar an, das Haus in allen Winkeln zu durchsuchen. Es währte nur kurze Frist, so ward Debora, die sich nach Stuart's gestriger Bitte in einige der neuen Stoffe gekleidet hatte, auf den Hof hervorgeschleppt. Kaum aber hatte man sich ihrer bemächtigt, als Alles sich um sie her sammelte und die weiteren Nachforschungen unterlassen wurden.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="7">
        <pb facs="#f0065"/>
        <p>Paradise erzählte nun den Freunden, wie am frühen Vormittage der Aga der Janitscharen                mit einem Trupp seiner Leute an der Pforte des Juden erschienen war und ungestüm                Einlaß gefordert hatte. Sowie die Pforte geöffnet war, hatte der Haufe schnell den                Hof des Juden angefüllt und alle Ausgänge besetzt. Baruch war zitternd vor dem Aga                erschienen, sich nach dessen Begehr erkundigend. Dieser hatte den Alten einen                Diebshehler gescholten, der kostbare Zeuge, welche dem Pascha entwandt seien, in                Verwahrsam genommen, und der um so härtere Strafe verdiene, als er sich zugleich mit                Zaubergesindel eingelassen habe und mit streng verbotener Kunst nach Schätzen grabe.                Man forderte die Zeugstoffe, die er gestern von einem Griechen empfangen, zurück; man                hieß ihn die Franken vorführen, die, wie man wohl wisse, heut wieder gekommen seien,                weiter nach den Schätzen zu graben. Der Alte betheuerte seine Unschuld; er habe die                Zeuge redlich gekauft und wolle sie gegen den gezahlten Preis wieder ablassen; von                Schatzgräbereien wisse er nichts, und die Franken seien heut gar nicht erschienen.                Man achtete nicht darauf; vielmehr fing die rohe Schaar an, das Haus in allen Winkeln                zu durchsuchen. Es währte nur kurze Frist, so ward Debora, die sich nach Stuart's                gestriger Bitte in einige der neuen Stoffe gekleidet hatte, auf den Hof                hervorgeschleppt. Kaum aber hatte man sich ihrer bemächtigt, als Alles sich um sie                her sammelte und die weiteren Nachforschungen unterlassen wurden.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0065] Paradise erzählte nun den Freunden, wie am frühen Vormittage der Aga der Janitscharen mit einem Trupp seiner Leute an der Pforte des Juden erschienen war und ungestüm Einlaß gefordert hatte. Sowie die Pforte geöffnet war, hatte der Haufe schnell den Hof des Juden angefüllt und alle Ausgänge besetzt. Baruch war zitternd vor dem Aga erschienen, sich nach dessen Begehr erkundigend. Dieser hatte den Alten einen Diebshehler gescholten, der kostbare Zeuge, welche dem Pascha entwandt seien, in Verwahrsam genommen, und der um so härtere Strafe verdiene, als er sich zugleich mit Zaubergesindel eingelassen habe und mit streng verbotener Kunst nach Schätzen grabe. Man forderte die Zeugstoffe, die er gestern von einem Griechen empfangen, zurück; man hieß ihn die Franken vorführen, die, wie man wohl wisse, heut wieder gekommen seien, weiter nach den Schätzen zu graben. Der Alte betheuerte seine Unschuld; er habe die Zeuge redlich gekauft und wolle sie gegen den gezahlten Preis wieder ablassen; von Schatzgräbereien wisse er nichts, und die Franken seien heut gar nicht erschienen. Man achtete nicht darauf; vielmehr fing die rohe Schaar an, das Haus in allen Winkeln zu durchsuchen. Es währte nur kurze Frist, so ward Debora, die sich nach Stuart's gestriger Bitte in einige der neuen Stoffe gekleidet hatte, auf den Hof hervorgeschleppt. Kaum aber hatte man sich ihrer bemächtigt, als Alles sich um sie her sammelte und die weiteren Nachforschungen unterlassen wurden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:01:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:01:39Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kugler_incantada_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kugler_incantada_1910/65
Zitationshilfe: Kugler, Franz: Die Incantada. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 81–146. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kugler_incantada_1910/65>, abgerufen am 23.11.2024.