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Kugler, Franz: Die Incantada. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 81–146. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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gesammelt, bei den Erinnerungen an so viele genußreiche Stunden, welche sich daran anknüpften, und den Plänen für die künftige Herausgabe dieser Arbeiten hatten sie die Gegenwart ganz vergessen, als gegen Abend Paradise mit tief bekümmerter Miene bei ihnen eintrat. Wir müssen scheiden, meine theuren Freunde! sprach er. Eures Bleibens ist hier nicht länger. Ihr seid es euch, dem Vaterlande und der edeln Kunst, der ihr euer Leben gewidmet habt, schuldig, unverzüglich eins der Schiffe zu besteigen, die schon segelfertig auf der Rhede liegen: mich hält meine Pflicht an diesem unseligen Orte fest. Das grause Ungeheuer, das schon die nördlichen Provinzen des türkischen Reiches entvölkert hat, ist nun auch in unsere Thore gezogen; in kurzer Frist wird hier jener Zustand herrschen, der schlimmer ist als Krieg und Belagerung. Und wolltet ihr der Pest Stand halten und verwegenen Muthes eure Arbeiten weiter verfolgen, so möchten gleichzeitig Dolche für euch geschliffen sein, denen ihr ebensowenig entgehen würdet. Drum nochmals: wir müssen scheiden!

Stuart und Revett waren bestürzt aufgesprungen und ersuchten ihn um nähere Mittheilung. Paradise lächelte schmerzlich. Die Mittheilungen, die ich euch zu machen habe, hub er an, beginnen mit Baruch's Hause, wo es heut anders aussieht als gestern und ehegestern; dort ward das Vorspiel aufgeführt zu dem großen Trauerspiel, welches jetzt über Salonichi hereinbricht.

gesammelt, bei den Erinnerungen an so viele genußreiche Stunden, welche sich daran anknüpften, und den Plänen für die künftige Herausgabe dieser Arbeiten hatten sie die Gegenwart ganz vergessen, als gegen Abend Paradise mit tief bekümmerter Miene bei ihnen eintrat. Wir müssen scheiden, meine theuren Freunde! sprach er. Eures Bleibens ist hier nicht länger. Ihr seid es euch, dem Vaterlande und der edeln Kunst, der ihr euer Leben gewidmet habt, schuldig, unverzüglich eins der Schiffe zu besteigen, die schon segelfertig auf der Rhede liegen: mich hält meine Pflicht an diesem unseligen Orte fest. Das grause Ungeheuer, das schon die nördlichen Provinzen des türkischen Reiches entvölkert hat, ist nun auch in unsere Thore gezogen; in kurzer Frist wird hier jener Zustand herrschen, der schlimmer ist als Krieg und Belagerung. Und wolltet ihr der Pest Stand halten und verwegenen Muthes eure Arbeiten weiter verfolgen, so möchten gleichzeitig Dolche für euch geschliffen sein, denen ihr ebensowenig entgehen würdet. Drum nochmals: wir müssen scheiden!

Stuart und Revett waren bestürzt aufgesprungen und ersuchten ihn um nähere Mittheilung. Paradise lächelte schmerzlich. Die Mittheilungen, die ich euch zu machen habe, hub er an, beginnen mit Baruch's Hause, wo es heut anders aussieht als gestern und ehegestern; dort ward das Vorspiel aufgeführt zu dem großen Trauerspiel, welches jetzt über Salonichi hereinbricht.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:01:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:01:39Z)

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Zitationshilfe: Kugler, Franz: Die Incantada. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 81–146. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kugler_incantada_1910/64>, abgerufen am 23.11.2024.