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Kürnberger, Ferdinand: Der Drache. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [263]–310. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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der Gemüther erhöhte sich zu einer unerträglichen Spannung.

In eben diesem Augenblicke öffnete sich die Thüre, und der Mann des beängstigten Augenblicks, der Hauswirth Raithmeyer, stand in der Mitte der Seinigen. Gruß, Jubel, Händedruck, Freudengeschrei von Alt und Jung! Die Kinder stürmten an den Vater hinan und zerpflückten und zerrissen ihn, wie sich naschwüthige Kletterer auf einen Obstbaum werfen. Und siehe da! es fielen auch Früchte ab von dem Baume. Einige Münzstücke schüttelten die Kobolde aus den Kleidern des Heimkehrenden. Das Geld rollte mit schwerem Fall vor die Füße des Flurschützen. Ah, du bringst brav Thaler mit, das ist Recht, Raithmeyer, sagten die Bauern. Aber der Flurschütz hob das Geld auf und rief: Potz Donner, das sind, Gott straf' mich, funkelnde Louisd'or! Und als weidete er sich heimlich an einer gewissen Genugthuung, reichte er das Geld mit verbissener Schalkheit von Hand zu Hand herum. Aber den Bauern legte sich's wie ein Alp auf die Brust, keiner sprach ein Wort. Der laute Empfang erstickte auf einmal in Grabesstille. Nur der Flurschütz sagte mit seiner boshaften Spottlaune: Ei, ei, da hieß es nicht umsonst: wenn die Zwetschgen anfangen zu blauen, bekommen die Kälber goldene Klauen. Sprichwort, Wahrwort! Haben sie Euch die Kälbchen mit Gold ausgewogen? Der mit der Zipfelmütze murrte in den Bart: Die Spitzbuben behalten Recht und die richtigen Leut' müssen schweigen. Gnad' dir Gott, Raithmeyer!

Der Hauswirth Raithmeyer aber sagte, das wäre nur ein Angeld, er müsse sich erst seine Legitimation holen, dann behöb' er eine große Erbschaft. Hierauf erzählte er eine Geschichte von einem verschollenen Bruder in Rio Janeiro, von welchem er selbst kaum gewußt, viel weniger das Dorf. Aber der sei es jetzt,

der Gemüther erhöhte sich zu einer unerträglichen Spannung.

In eben diesem Augenblicke öffnete sich die Thüre, und der Mann des beängstigten Augenblicks, der Hauswirth Raithmeyer, stand in der Mitte der Seinigen. Gruß, Jubel, Händedruck, Freudengeschrei von Alt und Jung! Die Kinder stürmten an den Vater hinan und zerpflückten und zerrissen ihn, wie sich naschwüthige Kletterer auf einen Obstbaum werfen. Und siehe da! es fielen auch Früchte ab von dem Baume. Einige Münzstücke schüttelten die Kobolde aus den Kleidern des Heimkehrenden. Das Geld rollte mit schwerem Fall vor die Füße des Flurschützen. Ah, du bringst brav Thaler mit, das ist Recht, Raithmeyer, sagten die Bauern. Aber der Flurschütz hob das Geld auf und rief: Potz Donner, das sind, Gott straf' mich, funkelnde Louisd'or! Und als weidete er sich heimlich an einer gewissen Genugthuung, reichte er das Geld mit verbissener Schalkheit von Hand zu Hand herum. Aber den Bauern legte sich's wie ein Alp auf die Brust, keiner sprach ein Wort. Der laute Empfang erstickte auf einmal in Grabesstille. Nur der Flurschütz sagte mit seiner boshaften Spottlaune: Ei, ei, da hieß es nicht umsonst: wenn die Zwetschgen anfangen zu blauen, bekommen die Kälber goldene Klauen. Sprichwort, Wahrwort! Haben sie Euch die Kälbchen mit Gold ausgewogen? Der mit der Zipfelmütze murrte in den Bart: Die Spitzbuben behalten Recht und die richtigen Leut' müssen schweigen. Gnad' dir Gott, Raithmeyer!

Der Hauswirth Raithmeyer aber sagte, das wäre nur ein Angeld, er müsse sich erst seine Legitimation holen, dann behöb' er eine große Erbschaft. Hierauf erzählte er eine Geschichte von einem verschollenen Bruder in Rio Janeiro, von welchem er selbst kaum gewußt, viel weniger das Dorf. Aber der sei es jetzt,

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[0018] der Gemüther erhöhte sich zu einer unerträglichen Spannung. In eben diesem Augenblicke öffnete sich die Thüre, und der Mann des beängstigten Augenblicks, der Hauswirth Raithmeyer, stand in der Mitte der Seinigen. Gruß, Jubel, Händedruck, Freudengeschrei von Alt und Jung! Die Kinder stürmten an den Vater hinan und zerpflückten und zerrissen ihn, wie sich naschwüthige Kletterer auf einen Obstbaum werfen. Und siehe da! es fielen auch Früchte ab von dem Baume. Einige Münzstücke schüttelten die Kobolde aus den Kleidern des Heimkehrenden. Das Geld rollte mit schwerem Fall vor die Füße des Flurschützen. Ah, du bringst brav Thaler mit, das ist Recht, Raithmeyer, sagten die Bauern. Aber der Flurschütz hob das Geld auf und rief: Potz Donner, das sind, Gott straf' mich, funkelnde Louisd'or! Und als weidete er sich heimlich an einer gewissen Genugthuung, reichte er das Geld mit verbissener Schalkheit von Hand zu Hand herum. Aber den Bauern legte sich's wie ein Alp auf die Brust, keiner sprach ein Wort. Der laute Empfang erstickte auf einmal in Grabesstille. Nur der Flurschütz sagte mit seiner boshaften Spottlaune: Ei, ei, da hieß es nicht umsonst: wenn die Zwetschgen anfangen zu blauen, bekommen die Kälber goldene Klauen. Sprichwort, Wahrwort! Haben sie Euch die Kälbchen mit Gold ausgewogen? Der mit der Zipfelmütze murrte in den Bart: Die Spitzbuben behalten Recht und die richtigen Leut' müssen schweigen. Gnad' dir Gott, Raithmeyer! Der Hauswirth Raithmeyer aber sagte, das wäre nur ein Angeld, er müsse sich erst seine Legitimation holen, dann behöb' er eine große Erbschaft. Hierauf erzählte er eine Geschichte von einem verschollenen Bruder in Rio Janeiro, von welchem er selbst kaum gewußt, viel weniger das Dorf. Aber der sei es jetzt,

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:57:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:57:16Z)

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Zitationshilfe: Kürnberger, Ferdinand: Der Drache. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [263]–310. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_drache_1910/18>, abgerufen am 25.11.2024.