hin und her wogten. Moorfeld dachte bei diesem Bilde an seinen Fackelritt in der Waldnacht am Eriesee.
Hastig sprang er aus dem Wagen, gegen alles Weh seiner Er¬ innerungen in dieses Haus, wie in einen delphischen Hain, zu flüchten.
Er fand an der Auffahrt noch mehrere Equipagen vor und trat mit mehreren Gästen zugleich jetzt durch die weitgeöffnete Vorhalle. Zwei Neger in Livree standen rechts und links am Eingange, welche sich die Namen der Ankommenden ausbaten, um sie mit einer, nicht stets correcten Aussprache ins Parlour vorauszurufen.
Als Moorfeld seinen Namen nannte, öffneten ihm die Neger nicht das Parlour, sondern einer derselben bat ihn im Namen der Mistreß Bennet, ihm ins Drawing-Room zu folgen.
Moorfeld überließ sich ihm.
Er dachte unterwegs über die Ausbildung bes republikanischen Geistes in Amerika nach. Der neue Gebrauch der Livree in der Newyorker haute Finance schmiegte sich jedenfalls als eine pikante Illu¬ stration um die Devise: all men are equal; ja, und hatte er nicht an einer der Equipagen, die vor dem Hause hielten, im Halbdunkel des Lampenscheines deutlich ein Wappen erblickt?
Indeß führte ihn der Neger durch jene Reihe von Apartements, welche die, Kunstsammlungen des Hauses enthielten, der den Gesell¬ schaftssälen entgegenliegenden Seite zu nach dem Empfangzimmer der Hausfrau.
Moorfeld trat in das Gemach, welches eine Milchlampe unter blaßrothem Lichtschirm mild erleuchtete. Mistreß Bennet verweilte ganz allein in demselben. Sie erhob sich bei Moorfeld's Anmeldung aus einem Schaukelstuhl und trat ihm mit einer Blume in der Hand nicht ohne Bewegung, wie es schien, entgegen.
Ich habe Sie bemüht, Herr Doctor, sagte sie, indem sie ihm die Blume überreichte, um sie mit einer Veränderung in unserem Familien¬ leben au fait zu setzen, von welcher es Mr. Bennet lieb sein wird, wenn er sie, im vis-a-vis mit Ihnen, schon als eine Voraussetzung behandeln kann. Sie hatten die Aufopferung, in einem etwas -- charakteristischen Augenblicke den Dehors unserer Parthien einen großen Dienst zu leisten, indem Sie mit dem Versprechen, die ästhetischen Studien meiner jüngsten Tochter zu leiten, einem peinlichen Eclat die
hin und her wogten. Moorfeld dachte bei dieſem Bilde an ſeinen Fackelritt in der Waldnacht am Erieſee.
Haſtig ſprang er aus dem Wagen, gegen alles Weh ſeiner Er¬ innerungen in dieſes Haus, wie in einen delphiſchen Hain, zu flüchten.
Er fand an der Auffahrt noch mehrere Equipagen vor und trat mit mehreren Gäſten zugleich jetzt durch die weitgeöffnete Vorhalle. Zwei Neger in Livree ſtanden rechts und links am Eingange, welche ſich die Namen der Ankommenden ausbaten, um ſie mit einer, nicht ſtets correcten Ausſprache ins Parlour vorauszurufen.
Als Moorfeld ſeinen Namen nannte, öffneten ihm die Neger nicht das Parlour, ſondern einer derſelben bat ihn im Namen der Miſtreß Bennet, ihm ins Drawing-Room zu folgen.
Moorfeld überließ ſich ihm.
Er dachte unterwegs über die Ausbildung bes republikaniſchen Geiſtes in Amerika nach. Der neue Gebrauch der Livree in der Newyorker haute Finance ſchmiegte ſich jedenfalls als eine pikante Illu¬ ſtration um die Deviſe: all men are equal; ja, und hatte er nicht an einer der Equipagen, die vor dem Hauſe hielten, im Halbdunkel des Lampenſcheines deutlich ein Wappen erblickt?
Indeß führte ihn der Neger durch jene Reihe von Apartements, welche die, Kunſtſammlungen des Hauſes enthielten, der den Geſell¬ ſchaftsſälen entgegenliegenden Seite zu nach dem Empfangzimmer der Hausfrau.
Moorfeld trat in das Gemach, welches eine Milchlampe unter blaßrothem Lichtſchirm mild erleuchtete. Miſtreß Bennet verweilte ganz allein in demſelben. Sie erhob ſich bei Moorfeld's Anmeldung aus einem Schaukelſtuhl und trat ihm mit einer Blume in der Hand nicht ohne Bewegung, wie es ſchien, entgegen.
Ich habe Sie bemüht, Herr Doctor, ſagte ſie, indem ſie ihm die Blume überreichte, um ſie mit einer Veränderung in unſerem Familien¬ leben au fait zu ſetzen, von welcher es Mr. Bennet lieb ſein wird, wenn er ſie, im vis-á-vis mit Ihnen, ſchon als eine Vorausſetzung behandeln kann. Sie hatten die Aufopferung, in einem etwas — charakteriſtiſchen Augenblicke den Dehors unſerer Parthien einen großen Dienſt zu leiſten, indem Sie mit dem Verſprechen, die äſthetiſchen Studien meiner jüngſten Tochter zu leiten, einem peinlichen Eclat die
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[484/0502]
hin und her wogten. Moorfeld dachte bei dieſem Bilde an ſeinen
Fackelritt in der Waldnacht am Erieſee.
Haſtig ſprang er aus dem Wagen, gegen alles Weh ſeiner Er¬
innerungen in dieſes Haus, wie in einen delphiſchen Hain, zu flüchten.
Er fand an der Auffahrt noch mehrere Equipagen vor und trat
mit mehreren Gäſten zugleich jetzt durch die weitgeöffnete Vorhalle.
Zwei Neger in Livree ſtanden rechts und links am Eingange, welche
ſich die Namen der Ankommenden ausbaten, um ſie mit einer, nicht
ſtets correcten Ausſprache ins Parlour vorauszurufen.
Als Moorfeld ſeinen Namen nannte, öffneten ihm die Neger nicht
das Parlour, ſondern einer derſelben bat ihn im Namen der Miſtreß
Bennet, ihm ins Drawing-Room zu folgen.
Moorfeld überließ ſich ihm.
Er dachte unterwegs über die Ausbildung bes republikaniſchen
Geiſtes in Amerika nach. Der neue Gebrauch der Livree in der
Newyorker haute Finance ſchmiegte ſich jedenfalls als eine pikante Illu¬
ſtration um die Deviſe: all men are equal; ja, und hatte er nicht
an einer der Equipagen, die vor dem Hauſe hielten, im Halbdunkel
des Lampenſcheines deutlich ein Wappen erblickt?
Indeß führte ihn der Neger durch jene Reihe von Apartements,
welche die, Kunſtſammlungen des Hauſes enthielten, der den Geſell¬
ſchaftsſälen entgegenliegenden Seite zu nach dem Empfangzimmer der
Hausfrau.
Moorfeld trat in das Gemach, welches eine Milchlampe unter
blaßrothem Lichtſchirm mild erleuchtete. Miſtreß Bennet verweilte
ganz allein in demſelben. Sie erhob ſich bei Moorfeld's Anmeldung
aus einem Schaukelſtuhl und trat ihm mit einer Blume in der Hand
nicht ohne Bewegung, wie es ſchien, entgegen.
Ich habe Sie bemüht, Herr Doctor, ſagte ſie, indem ſie ihm die
Blume überreichte, um ſie mit einer Veränderung in unſerem Familien¬
leben au fait zu ſetzen, von welcher es Mr. Bennet lieb ſein wird,
wenn er ſie, im vis-á-vis mit Ihnen, ſchon als eine Vorausſetzung
behandeln kann. Sie hatten die Aufopferung, in einem etwas —
charakteriſtiſchen Augenblicke den Dehors unſerer Parthien einen großen
Dienſt zu leiſten, indem Sie mit dem Verſprechen, die äſthetiſchen
Studien meiner jüngſten Tochter zu leiten, einem peinlichen Eclat die
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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/502>, abgerufen am 24.11.2024.
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