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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855.

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Reitknecht. Der Stallion ist betreten, besinnt sich aber, und hat die
Unverschämtheit zu antworten: Fünfzig Tausend Pfund, Sir. Der
Graf zeichnet -- "präsentirt das meinem Intendanten", sagt er --
zieht eine Pistole und schießt das Pferd nieder. "So füttert ein
deutscher Cavalier englische Raben."

Moorfeld weidete sich an dem Schuß, der der erschrockenen Lady
fast persönlich durch den Leib zu gehen schien; dann fuhr er, sich
leicht auf dem Stuhle wiegend, zu plaudern fort: In eben so großem
Styl aber reizender für Frauenohren war jenes Impromptü, welchem
ich selbst diesen Winter in Paris beiwohnte. Unter den Feinen der
Feinste, unter den Brüsken der Brüskeste -- der Graf ist wie sein
Boden. Zu einem Maskenballe der Herzogin von -- Livadien, lassen
Sie mich sagen, denn die enthusiastische Philhellenin hieß in der That
scherzweise so -- hatte ein Kränzchen der fashionablesten Cavaliere
gewettet, wer unter ihnen in der kostbarsten und originellsten Maske
erscheinen würde. Der Reichsgraf setzte zum Besten Griechenlands
Zwanzig Tausend Francs, daß er die Wette gewinnen wolle. Er
erschien aber im Habit eines -- Hausirers, trug das Tuch und die
Wäsche eines servirenden Laden-Commis, dazu nur noch am grünen
Bande seinen Tabulettkasten von Ebenholz vor sich an der Brust.
Mit diesen Kasten promenirte er ausrufend durch die Appartements --
Messieurs et Mesdames, achetez, achetez, s'il vous plait!
Objets de toilette, objets de fantaisie, bijoux, parfums, avancez,
Messieurs et Mesdames!

Lachend und glossirend drängten sich die reizenden Damen des
Balls um die drollige Charaktermaske, der Graf theilte nach links und
rechts seine Quelquechoserien aus, und die Waare fand um so schnelleren
Abgang, als man sie ohne Zweifel für unächt hielt. Aber, -- welch ein
angenehmes Staunen wogte, erst flüsternd, dann laut und immer lauter,
durch die Säle, als man die Entdeckung machte, daß der blitzende
Inhalt der vielerlei Schächtelchen und Kästchen, daß die Bonbonnieren
mit Türkissen oder Rubinen, die Ringe und Ohrringe, die damascir¬
ten Flacons mit ihren Steinen, die reichbesetzten Damenuhren von
Breguet, die Colliers von Bot, mit großen Chrysoprasen geschmückt,
die massiven antik gearbeiteten Armspangen, die modernen Berliner
Eisengürtel mit Sapphiren oder Amethysten a jour gefaßt, kurz, daß

Reitknecht. Der Stallion iſt betreten, beſinnt ſich aber, und hat die
Unverſchämtheit zu antworten: Fünfzig Tauſend Pfund, Sir. Der
Graf zeichnet — „präſentirt das meinem Intendanten“, ſagt er —
zieht eine Piſtole und ſchießt das Pferd nieder. „So füttert ein
deutſcher Cavalier engliſche Raben.“

Moorfeld weidete ſich an dem Schuß, der der erſchrockenen Lady
faſt perſönlich durch den Leib zu gehen ſchien; dann fuhr er, ſich
leicht auf dem Stuhle wiegend, zu plaudern fort: In eben ſo großem
Styl aber reizender für Frauenohren war jenes Impromptü, welchem
ich ſelbſt dieſen Winter in Paris beiwohnte. Unter den Feinen der
Feinſte, unter den Brüsken der Brüskeſte — der Graf iſt wie ſein
Boden. Zu einem Maskenballe der Herzogin von — Livadien, laſſen
Sie mich ſagen, denn die enthuſiaſtiſche Philhellenin hieß in der That
ſcherzweiſe ſo — hatte ein Kränzchen der fashionableſten Cavaliere
gewettet, wer unter ihnen in der koſtbarſten und originellſten Maske
erſcheinen würde. Der Reichsgraf ſetzte zum Beſten Griechenlands
Zwanzig Tauſend Francs, daß er die Wette gewinnen wolle. Er
erſchien aber im Habit eines — Hauſirers, trug das Tuch und die
Wäſche eines ſervirenden Laden-Commis, dazu nur noch am grünen
Bande ſeinen Tabulettkaſten von Ebenholz vor ſich an der Bruſt.
Mit dieſen Kaſten promenirte er ausrufend durch die Appartements —
Messieurs et Mesdames, achetez, achetez, s'il vous plait!
Objets de toilette, objets de fantaisie, bijoux, parfums, avancez,
Messieurs et Mesdames!

Lachend und gloſſirend drängten ſich die reizenden Damen des
Balls um die drollige Charaktermaske, der Graf theilte nach links und
rechts ſeine Quelquechoſerien aus, und die Waare fand um ſo ſchnelleren
Abgang, als man ſie ohne Zweifel für unächt hielt. Aber, — welch ein
angenehmes Staunen wogte, erſt flüſternd, dann laut und immer lauter,
durch die Säle, als man die Entdeckung machte, daß der blitzende
Inhalt der vielerlei Schächtelchen und Käſtchen, daß die Bonbonnièren
mit Türkiſſen oder Rubinen, die Ringe und Ohrringe, die damascir¬
ten Flacons mit ihren Steinen, die reichbeſetzten Damenuhren von
Breguet, die Colliers von Bot, mit großen Chryſopraſen geſchmückt,
die maſſiven antik gearbeiteten Armſpangen, die modernen Berliner
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[345/0363] Reitknecht. Der Stallion iſt betreten, beſinnt ſich aber, und hat die Unverſchämtheit zu antworten: Fünfzig Tauſend Pfund, Sir. Der Graf zeichnet — „präſentirt das meinem Intendanten“, ſagt er — zieht eine Piſtole und ſchießt das Pferd nieder. „So füttert ein deutſcher Cavalier engliſche Raben.“ Moorfeld weidete ſich an dem Schuß, der der erſchrockenen Lady faſt perſönlich durch den Leib zu gehen ſchien; dann fuhr er, ſich leicht auf dem Stuhle wiegend, zu plaudern fort: In eben ſo großem Styl aber reizender für Frauenohren war jenes Impromptü, welchem ich ſelbſt dieſen Winter in Paris beiwohnte. Unter den Feinen der Feinſte, unter den Brüsken der Brüskeſte — der Graf iſt wie ſein Boden. Zu einem Maskenballe der Herzogin von — Livadien, laſſen Sie mich ſagen, denn die enthuſiaſtiſche Philhellenin hieß in der That ſcherzweiſe ſo — hatte ein Kränzchen der fashionableſten Cavaliere gewettet, wer unter ihnen in der koſtbarſten und originellſten Maske erſcheinen würde. Der Reichsgraf ſetzte zum Beſten Griechenlands Zwanzig Tauſend Francs, daß er die Wette gewinnen wolle. Er erſchien aber im Habit eines — Hauſirers, trug das Tuch und die Wäſche eines ſervirenden Laden-Commis, dazu nur noch am grünen Bande ſeinen Tabulettkaſten von Ebenholz vor ſich an der Bruſt. Mit dieſen Kaſten promenirte er ausrufend durch die Appartements — Messieurs et Mesdames, achetez, achetez, s'il vous plait! Objets de toilette, objets de fantaisie, bijoux, parfums, avancez, Messieurs et Mesdames! Lachend und gloſſirend drängten ſich die reizenden Damen des Balls um die drollige Charaktermaske, der Graf theilte nach links und rechts ſeine Quelquechoſerien aus, und die Waare fand um ſo ſchnelleren Abgang, als man ſie ohne Zweifel für unächt hielt. Aber, — welch ein angenehmes Staunen wogte, erſt flüſternd, dann laut und immer lauter, durch die Säle, als man die Entdeckung machte, daß der blitzende Inhalt der vielerlei Schächtelchen und Käſtchen, daß die Bonbonnièren mit Türkiſſen oder Rubinen, die Ringe und Ohrringe, die damascir¬ ten Flacons mit ihren Steinen, die reichbeſetzten Damenuhren von Breguet, die Colliers von Bot, mit großen Chryſopraſen geſchmückt, die maſſiven antik gearbeiteten Armſpangen, die modernen Berliner Eiſengürtel mit Sapphiren oder Amethyſten à jour gefaßt, kurz, daß

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Zitationshilfe: Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/363>, abgerufen am 24.11.2024.