welcher am günstigsten lautet, jenes Terrain wird erwählt. Bei einem Ankauf von einer halben Million Acres mochten wir einige Vorsicht nicht ganz verschmähen. Uebrigens sind wir nicht anspruchsvoll. Wir achten die fremde Nationalität, der wir uns anschließen, und fordern bloß, daß sie uns wieder achte, das ist unsre ganze Prätension. Der Chef des Unternehmens, der gefürstete Reichsgraf von Tettan, ist der liberalste Aristokrat, der sich denken läßt. Ein Muster von einem lie¬ benswürdigen Gentleman. Sie haben vielleicht den General Lafayette bei seinem letzten Besuch in den Staaten gesehen? Ein so populärer, leutseliger Charakter ist der Reichsgraf. Nur nicht so tricolor. Der Graf legt seiner Geburt einen hohen Werth bei, aber er schätzt sie nicht als persönliches Privilegium, sondern als einen Theil der Na¬ tionalehre. In der That, Nationalstolz ist vielleicht die einzige Leiden¬ schaft des deutschen Reichsgrafen. Darin geht er etwas weit, ich ge¬ stehe es. Europa ist voll von Charakterzügen seines National-sports, und er vermehrt sie noch fortwährend. Ein Paar davon werden den Mann kennzeichnen. Als vor drei Jahren in Haymarket der berühmte arabische Hengst Almansor, Vater Abdallah, Mutter Mirza, zum Ver¬ kaufe stand, war die ganze haute volee d'Angleterre in einer Art Aufregung. Das edle Thier sah sich vom Morgen bis zum Abend von der Creme der Gesellschaft umschwärmt: Herzöge waren seine Stallbedienten. Die Pairs des Landes überboten sich in enormen Summen, die Wetter überboten sich über den Sieg der Bieter, kurz Almansor war der Löwe des Tags. Der Reichsgraf ging damals mit Plänen anderer Art in London um, war auch eben erst angekommen, ich glaube, der ganze Lärm verhallte an ihm allein spurlos. Aber ein müssiger Reitknecht aus seinem Gefolge, der sich auf eigene Hand Haymarket ansah, fand Gefallen an Almansor, und fragte in aller Unschuld nach dem Preis. Die anwesende Stallaristokratie umwiehert ihn mit Gelächter. Der Stallion klopft ihm hochgnädig auf die Schulter: Guter Freund, dieses Pferd bezahlt ein Deutscher Cavalier nicht! Der Reitknecht läßt sich das nicht zweimal sagen. Er tritt vor den Grafen: Erlaucht, da draußen steht ein Gaul, den ein deutscher Cavalier nicht bezahlen kann. Der Graf horcht und hört was geschehen. Wie ein Blitz reitet er nach Haymarket. Er steht vor Almansor. Was kostet der Araber? fragte er und zwar auf deutsch wie sein
welcher am günſtigſten lautet, jenes Terrain wird erwählt. Bei einem Ankauf von einer halben Million Acres mochten wir einige Vorſicht nicht ganz verſchmähen. Uebrigens ſind wir nicht anſpruchsvoll. Wir achten die fremde Nationalität, der wir uns anſchließen, und fordern bloß, daß ſie uns wieder achte, das iſt unſre ganze Prätenſion. Der Chef des Unternehmens, der gefürſtete Reichsgraf von Tettan, iſt der liberalſte Ariſtokrat, der ſich denken läßt. Ein Muſter von einem lie¬ benswürdigen Gentleman. Sie haben vielleicht den General Lafayette bei ſeinem letzten Beſuch in den Staaten geſehen? Ein ſo populärer, leutſeliger Charakter iſt der Reichsgraf. Nur nicht ſo tricolor. Der Graf legt ſeiner Geburt einen hohen Werth bei, aber er ſchätzt ſie nicht als perſönliches Privilegium, ſondern als einen Theil der Na¬ tionalehre. In der That, Nationalſtolz iſt vielleicht die einzige Leiden¬ ſchaft des deutſchen Reichsgrafen. Darin geht er etwas weit, ich ge¬ ſtehe es. Europa iſt voll von Charakterzügen ſeines National-sports, und er vermehrt ſie noch fortwährend. Ein Paar davon werden den Mann kennzeichnen. Als vor drei Jahren in Haymarket der berühmte arabiſche Hengſt Almanſor, Vater Abdallah, Mutter Mirza, zum Ver¬ kaufe ſtand, war die ganze haute volée d'Angleterre in einer Art Aufregung. Das edle Thier ſah ſich vom Morgen bis zum Abend von der Crême der Geſellſchaft umſchwärmt: Herzöge waren ſeine Stallbedienten. Die Pairs des Landes überboten ſich in enormen Summen, die Wetter überboten ſich über den Sieg der Bieter, kurz Almanſor war der Löwe des Tags. Der Reichsgraf ging damals mit Plänen anderer Art in London um, war auch eben erſt angekommen, ich glaube, der ganze Lärm verhallte an ihm allein ſpurlos. Aber ein müſſiger Reitknecht aus ſeinem Gefolge, der ſich auf eigene Hand Haymarket anſah, fand Gefallen an Almanſor, und fragte in aller Unſchuld nach dem Preis. Die anweſende Stallariſtokratie umwiehert ihn mit Gelächter. Der Stallion klopft ihm hochgnädig auf die Schulter: Guter Freund, dieſes Pferd bezahlt ein Deutſcher Cavalier nicht! Der Reitknecht läßt ſich das nicht zweimal ſagen. Er tritt vor den Grafen: Erlaucht, da draußen ſteht ein Gaul, den ein deutſcher Cavalier nicht bezahlen kann. Der Graf horcht und hört was geſchehen. Wie ein Blitz reitet er nach Haymarket. Er ſteht vor Almanſor. Was koſtet der Araber? fragte er und zwar auf deutſch wie ſein
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welcher am günſtigſten lautet, jenes Terrain wird erwählt. Bei einem
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nicht ganz verſchmähen. Uebrigens ſind wir nicht anſpruchsvoll. Wir
achten die fremde Nationalität, der wir uns anſchließen, und fordern
bloß, daß ſie uns wieder achte, das iſt unſre ganze Prätenſion. Der
Chef des Unternehmens, der gefürſtete Reichsgraf von Tettan, iſt der
liberalſte Ariſtokrat, der ſich denken läßt. Ein Muſter von einem lie¬
benswürdigen Gentleman. Sie haben vielleicht den General Lafayette
bei ſeinem letzten Beſuch in den Staaten geſehen? Ein ſo populärer,
leutſeliger Charakter iſt der Reichsgraf. Nur nicht ſo tricolor. Der
Graf legt ſeiner Geburt einen hohen Werth bei, aber er ſchätzt ſie
nicht als perſönliches Privilegium, ſondern als einen Theil der Na¬
tionalehre. In der That, Nationalſtolz iſt vielleicht die einzige Leiden¬
ſchaft des deutſchen Reichsgrafen. Darin geht er etwas weit, ich ge¬
ſtehe es. Europa iſt voll von Charakterzügen ſeines National-sports,
und er vermehrt ſie noch fortwährend. Ein Paar davon werden den
Mann kennzeichnen. Als vor drei Jahren in Haymarket der berühmte
arabiſche Hengſt Almanſor, Vater Abdallah, Mutter Mirza, zum Ver¬
kaufe ſtand, war die ganze haute volée d'Angleterre in einer Art
Aufregung. Das edle Thier ſah ſich vom Morgen bis zum Abend
von der Crême der Geſellſchaft umſchwärmt: Herzöge waren ſeine
Stallbedienten. Die Pairs des Landes überboten ſich in enormen
Summen, die Wetter überboten ſich über den Sieg der Bieter, kurz
Almanſor war der Löwe des Tags. Der Reichsgraf ging damals mit
Plänen anderer Art in London um, war auch eben erſt angekommen,
ich glaube, der ganze Lärm verhallte an ihm allein ſpurlos. Aber ein
müſſiger Reitknecht aus ſeinem Gefolge, der ſich auf eigene Hand
Haymarket anſah, fand Gefallen an Almanſor, und fragte in aller
Unſchuld nach dem Preis. Die anweſende Stallariſtokratie umwiehert
ihn mit Gelächter. Der Stallion klopft ihm hochgnädig auf die
Schulter: Guter Freund, dieſes Pferd bezahlt ein Deutſcher Cavalier
nicht! Der Reitknecht läßt ſich das nicht zweimal ſagen. Er tritt vor
den Grafen: Erlaucht, da draußen ſteht ein Gaul, den ein deutſcher
Cavalier nicht bezahlen kann. Der Graf horcht und hört was geſchehen.
Wie ein Blitz reitet er nach Haymarket. Er ſteht vor Almanſor.
Was koſtet der Araber? fragte er und zwar auf deutſch wie ſein
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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/362>, abgerufen am 27.11.2024.
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