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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855.

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immer seine Antwort; und als die Frau mit dem Töchterchen in fünf
Jahren einmal zu ihm kam, ließ er sie hart an, daß sie die Schuhe
nicht spare. Auch seine beiden Knaben besuchten ihn einst, die waren
baarfuß hergelaufen und kamen schon gnädiger weg; nur fragte er sie,
ob sie unterwegs hübsch gebettelt? Trotz alledem wollten wir den
Menschen nehmen wie er war, und der Vater hatte sich so sehr an
Martin gewöhnt, daß er beschloß, nach Ablauf seiner Dienstzeit ihm
ein fünfzig Acres zu verlehnen sammt einem Häuschen, das zu der¬
selben Zeit leer werden sollte. Als nun diese Zeit bis auf acht Tage
heranrückte, kam Martin eines Morgens zu meinem Vater und redete
ihn an: Squire, wollen Sie mir wohl erlauben, morgen hinüber auf
die Auction nach Bedford zu gehen? -- Auf die Auction nach Bedford,
Martin? was wollt Ihr auf einer Auction? erwiderte mein Vater; es
werden, so viel ich aus den Zeitungen ersehe, zwei Sheriff sales über
zwei Farms morgen abgehalten, davon jede dreihundert Acres Landes und
Wohn- und Wirthschaftsgebäude hat, die wenigstens auf fünftausend Dol¬
lars geschätzt werden. Die wolltet Ihr doch nicht erstehen? -- Ja wenn's auf
den Willen ankäme! Indeß habe ich so lange meine Schuhe gespaart und
diesmal kommt mir es just in den Schuß. -- Nun so geht, erwiderte mein
Vater; nehmt den alten Rappen und hier ist ein Dollar als Zehrungsgeld
für Euch und das Thier; aber daß ihr Nachts wieder zu Hause seid! Wirk¬
lich war Martin pünktlich auf die Nacht zurück, hatte aber seinen Dollar
gespaart und mit dem Pferd nichts als ein paar Pfund Brod ge¬
nossen, die er von Hause mitgenommen. Das Thier fiel nämlich mit
solchem Heißhunger über den Hafer seiner heimatlichen Krippe her,
daß ihm seine Diät nur allzusprechend abgemerkt wurde. Ich war mit
meiner scharfen Kinder-Aufmerksamkeit bei der Fütterung zugegen und
verstand mich darauf, denn das Pferdewesen war seit dem frühsten Knaben¬
alter meine Leidenschaft. -- Am folgenden Morgen sprach Mr. Gor¬
don, der damalige Sheriff, bei uns vor und gratulirte dem Papa
von wegen des guten Kaufes, den er mit Hawke's Farm gethan. Ich
habe Hawke's Farm gekauft? hörte ich den Vater verwundert aus¬
rufen; welcher Müßiggänger trägt solch' unnütze Reden durch die
Grafschaft? Der Sheriff schüttelte den Kopf und zog statt aller Ant¬
wort das Auctionsprotocoll aus der Tasche, in das mein Vater so¬
gleich neugierige Blicke that. Wen erblickte er als Käufer des Farms?

immer ſeine Antwort; und als die Frau mit dem Töchterchen in fünf
Jahren einmal zu ihm kam, ließ er ſie hart an, daß ſie die Schuhe
nicht ſpare. Auch ſeine beiden Knaben beſuchten ihn einſt, die waren
baarfuß hergelaufen und kamen ſchon gnädiger weg; nur fragte er ſie,
ob ſie unterwegs hübſch gebettelt? Trotz alledem wollten wir den
Menſchen nehmen wie er war, und der Vater hatte ſich ſo ſehr an
Martin gewöhnt, daß er beſchloß, nach Ablauf ſeiner Dienſtzeit ihm
ein fünfzig Acres zu verlehnen ſammt einem Häuschen, das zu der¬
ſelben Zeit leer werden ſollte. Als nun dieſe Zeit bis auf acht Tage
heranrückte, kam Martin eines Morgens zu meinem Vater und redete
ihn an: Squire, wollen Sie mir wohl erlauben, morgen hinüber auf
die Auction nach Bedford zu gehen? — Auf die Auction nach Bedford,
Martin? was wollt Ihr auf einer Auction? erwiderte mein Vater; es
werden, ſo viel ich aus den Zeitungen erſehe, zwei Sheriff sales über
zwei Farms morgen abgehalten, davon jede dreihundert Acres Landes und
Wohn- und Wirthſchaftsgebäude hat, die wenigſtens auf fünftauſend Dol¬
lars geſchätzt werden. Die wolltet Ihr doch nicht erſtehen? — Ja wenn's auf
den Willen ankäme! Indeß habe ich ſo lange meine Schuhe geſpaart und
diesmal kommt mir es juſt in den Schuß. — Nun ſo geht, erwiderte mein
Vater; nehmt den alten Rappen und hier iſt ein Dollar als Zehrungsgeld
für Euch und das Thier; aber daß ihr Nachts wieder zu Hauſe ſeid! Wirk¬
lich war Martin pünktlich auf die Nacht zurück, hatte aber ſeinen Dollar
geſpaart und mit dem Pferd nichts als ein paar Pfund Brod ge¬
noſſen, die er von Hauſe mitgenommen. Das Thier fiel nämlich mit
ſolchem Heißhunger über den Hafer ſeiner heimatlichen Krippe her,
daß ihm ſeine Diät nur allzuſprechend abgemerkt wurde. Ich war mit
meiner ſcharfen Kinder-Aufmerkſamkeit bei der Fütterung zugegen und
verſtand mich darauf, denn das Pferdeweſen war ſeit dem frühſten Knaben¬
alter meine Leidenſchaft. — Am folgenden Morgen ſprach Mr. Gor¬
don, der damalige Sheriff, bei uns vor und gratulirte dem Papa
von wegen des guten Kaufes, den er mit Hawke's Farm gethan. Ich
habe Hawke's Farm gekauft? hörte ich den Vater verwundert aus¬
rufen; welcher Müßiggänger trägt ſolch' unnütze Reden durch die
Grafſchaft? Der Sheriff ſchüttelte den Kopf und zog ſtatt aller Ant¬
wort das Auctionsprotocoll aus der Taſche, in das mein Vater ſo¬
gleich neugierige Blicke that. Wen erblickte er als Käufer des Farms?

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[290/0308] immer ſeine Antwort; und als die Frau mit dem Töchterchen in fünf Jahren einmal zu ihm kam, ließ er ſie hart an, daß ſie die Schuhe nicht ſpare. Auch ſeine beiden Knaben beſuchten ihn einſt, die waren baarfuß hergelaufen und kamen ſchon gnädiger weg; nur fragte er ſie, ob ſie unterwegs hübſch gebettelt? Trotz alledem wollten wir den Menſchen nehmen wie er war, und der Vater hatte ſich ſo ſehr an Martin gewöhnt, daß er beſchloß, nach Ablauf ſeiner Dienſtzeit ihm ein fünfzig Acres zu verlehnen ſammt einem Häuschen, das zu der¬ ſelben Zeit leer werden ſollte. Als nun dieſe Zeit bis auf acht Tage heranrückte, kam Martin eines Morgens zu meinem Vater und redete ihn an: Squire, wollen Sie mir wohl erlauben, morgen hinüber auf die Auction nach Bedford zu gehen? — Auf die Auction nach Bedford, Martin? was wollt Ihr auf einer Auction? erwiderte mein Vater; es werden, ſo viel ich aus den Zeitungen erſehe, zwei Sheriff sales über zwei Farms morgen abgehalten, davon jede dreihundert Acres Landes und Wohn- und Wirthſchaftsgebäude hat, die wenigſtens auf fünftauſend Dol¬ lars geſchätzt werden. Die wolltet Ihr doch nicht erſtehen? — Ja wenn's auf den Willen ankäme! Indeß habe ich ſo lange meine Schuhe geſpaart und diesmal kommt mir es juſt in den Schuß. — Nun ſo geht, erwiderte mein Vater; nehmt den alten Rappen und hier iſt ein Dollar als Zehrungsgeld für Euch und das Thier; aber daß ihr Nachts wieder zu Hauſe ſeid! Wirk¬ lich war Martin pünktlich auf die Nacht zurück, hatte aber ſeinen Dollar geſpaart und mit dem Pferd nichts als ein paar Pfund Brod ge¬ noſſen, die er von Hauſe mitgenommen. Das Thier fiel nämlich mit ſolchem Heißhunger über den Hafer ſeiner heimatlichen Krippe her, daß ihm ſeine Diät nur allzuſprechend abgemerkt wurde. Ich war mit meiner ſcharfen Kinder-Aufmerkſamkeit bei der Fütterung zugegen und verſtand mich darauf, denn das Pferdeweſen war ſeit dem frühſten Knaben¬ alter meine Leidenſchaft. — Am folgenden Morgen ſprach Mr. Gor¬ don, der damalige Sheriff, bei uns vor und gratulirte dem Papa von wegen des guten Kaufes, den er mit Hawke's Farm gethan. Ich habe Hawke's Farm gekauft? hörte ich den Vater verwundert aus¬ rufen; welcher Müßiggänger trägt ſolch' unnütze Reden durch die Grafſchaft? Der Sheriff ſchüttelte den Kopf und zog ſtatt aller Ant¬ wort das Auctionsprotocoll aus der Taſche, in das mein Vater ſo¬ gleich neugierige Blicke that. Wen erblickte er als Käufer des Farms?

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Zitationshilfe: Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/308>, abgerufen am 22.11.2024.