(sie schlägt) du kleiner Satan! -- Ei, Härriett, was hat denn das Kind gethan? Du bist wahrhaftig zu schnell. -- Ich wollt, Mister Schnuck, du thätst deine eigne Büßnes meinten; du bekümmerst dir allsfort, um was dir nichts angeht. -- Wäll, Härriett, ich möchte wissen, wer ein besseres Recht hat als ich? Du zankst und maulst ja auch immerwährend. -- Däddi, Tschanni zerreißt Eure Zeitung zu Stücken. -- Tschanni, komm her. Wie kannst du dich unterstehen, meine Zeitung zu zerreißen? Da, du Räskel! wie schmeckt das? Und nau pack dich ins Nest. -- Ei William, du Bösewicht, wie kannst du mein Kind so unvernünftig schlagen? Komm her, Tschanni, armes Kind! hats weh gethut? never min; da, da nimm ein Stück Zucker; so, das is'n schmär Bübchen. -- Härriett, ich will dir sagen, du ver¬ dirbst die Kinder ganz und gar. Du weißt, ich mittle mich niemals drein, wenn du ein Kind bestrafst. Es ist erstaunlich, was ein Weibs¬ mensch niemals Recht thun kann. -- Nie Recht thun? Wahrhaftig, Mister Schnuck, wenn Niemand hier im Hause recht thäte als du, so wundere ich, was am Ende aus uns werden sollte. -- Härriett, du sprichst wie ein Narr, ich wills nicht länger ständen. Du bist an¬ fangens so schnappisch und beißig, wie 'ne Bschidog, und wenn noch irgend eine Ehescheidung im Land zu haben ist, will ich sie haben. -- Halloh, was das Männchen so wüthig ist! Well, gute Nacht, Mister Schnuck, träume nichts Böses. --
Kannst du dir in dieser Sprache einen Dichter denken? Eine Na¬ tionalität aber, die keiner Dichter fähig ist, gleicht einem Baum, der keine Blüthen treibt. Sie ist abgestorben. Das ist der Fall mit dem Pennsylvania-Deutschthum.
Nimm mir diesen Brief nicht übel, lieber Bruder. Sein ganzer Inhalt zeugt gegen dein Ideal. Aber nicht wahr, wir sind nach Wahrheit ausgegangen?
Harrisburg. -- Mein Pferd ist gekauft. Ich bin mit meinem Entschlusse vortrefflich zufrieden. Das Reiten hat etwas Auf¬ heiterndes, Idealisches, Dramatisches, -- es ist die schönste Scene zwischen Mensch und Natur. Mein Brauner ist ein leichter und kräf¬ tiger Traber, echtes Racepferd, nur die Schule fehlt etwas; der
(ſie ſchlägt) du kleiner Satan! — Ei, Härriett, was hat denn das Kind gethan? Du biſt wahrhaftig zu ſchnell. — Ich wollt, Miſter Schnuck, du thätſt deine eigne Büßnes meinten; du bekümmerſt dir allsfort, um was dir nichts angeht. — Wäll, Härriett, ich möchte wiſſen, wer ein beſſeres Recht hat als ich? Du zankſt und maulſt ja auch immerwährend. — Däddi, Tſchanni zerreißt Eure Zeitung zu Stücken. — Tſchanni, komm her. Wie kannſt du dich unterſtehen, meine Zeitung zu zerreißen? Da, du Räskel! wie ſchmeckt das? Und nau pack dich ins Neſt. — Ei William, du Böſewicht, wie kannſt du mein Kind ſo unvernünftig ſchlagen? Komm her, Tſchanni, armes Kind! hats weh gethut? never min; da, da nimm ein Stück Zucker; ſo, das is'n ſchmär Bübchen. — Härriett, ich will dir ſagen, du ver¬ dirbſt die Kinder ganz und gar. Du weißt, ich mittle mich niemals drein, wenn du ein Kind beſtrafſt. Es iſt erſtaunlich, was ein Weibs¬ menſch niemals Recht thun kann. — Nie Recht thun? Wahrhaftig, Miſter Schnuck, wenn Niemand hier im Hauſe recht thäte als du, ſo wundere ich, was am Ende aus uns werden ſollte. — Härriett, du ſprichſt wie ein Narr, ich wills nicht länger ſtänden. Du biſt an¬ fangens ſo ſchnappiſch und beißig, wie 'ne Bſchidog, und wenn noch irgend eine Eheſcheidung im Land zu haben iſt, will ich ſie haben. — Halloh, was das Männchen ſo wüthig iſt! Well, gute Nacht, Miſter Schnuck, träume nichts Böſes. —
Kannſt du dir in dieſer Sprache einen Dichter denken? Eine Na¬ tionalität aber, die keiner Dichter fähig iſt, gleicht einem Baum, der keine Blüthen treibt. Sie iſt abgeſtorben. Das iſt der Fall mit dem Pennſylvania-Deutſchthum.
Nimm mir dieſen Brief nicht übel, lieber Bruder. Sein ganzer Inhalt zeugt gegen dein Ideal. Aber nicht wahr, wir ſind nach Wahrheit ausgegangen?
Harrisburg. — Mein Pferd iſt gekauft. Ich bin mit meinem Entſchluſſe vortrefflich zufrieden. Das Reiten hat etwas Auf¬ heiterndes, Idealiſches, Dramatiſches, — es iſt die ſchönſte Scene zwiſchen Menſch und Natur. Mein Brauner iſt ein leichter und kräf¬ tiger Traber, echtes Racepferd, nur die Schule fehlt etwas; der
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0299"n="281"/>
(ſie ſchlägt) du kleiner Satan! — Ei, Härriett, was hat denn das<lb/>
Kind gethan? Du biſt wahrhaftig zu ſchnell. — Ich wollt, Miſter<lb/>
Schnuck, du thätſt deine eigne Büßnes meinten; du bekümmerſt dir<lb/>
allsfort, um was dir nichts angeht. — Wäll, Härriett, ich möchte<lb/>
wiſſen, wer ein beſſeres Recht hat als ich? Du zankſt und maulſt ja<lb/>
auch immerwährend. — Däddi, Tſchanni zerreißt Eure Zeitung zu<lb/>
Stücken. — Tſchanni, komm her. Wie kannſt du dich unterſtehen,<lb/>
meine Zeitung zu zerreißen? Da, du Räskel! wie ſchmeckt das? Und<lb/>
nau pack dich ins Neſt. — Ei William, du Böſewicht, wie kannſt du<lb/>
mein Kind ſo unvernünftig ſchlagen? Komm her, Tſchanni, armes<lb/>
Kind! hats weh gethut? never min; da, da nimm ein Stück Zucker;<lb/>ſo, das is'n ſchmär Bübchen. — Härriett, ich will dir ſagen, du ver¬<lb/>
dirbſt die Kinder ganz und gar. Du weißt, ich mittle mich niemals<lb/>
drein, wenn du ein Kind beſtrafſt. Es iſt erſtaunlich, was ein Weibs¬<lb/>
menſch niemals Recht thun kann. — Nie Recht thun? Wahrhaftig,<lb/>
Miſter Schnuck, wenn Niemand hier im Hauſe recht thäte als du, ſo<lb/>
wundere ich, was am Ende aus uns werden ſollte. — Härriett, du<lb/>ſprichſt wie ein Narr, ich wills nicht länger ſtänden. Du biſt an¬<lb/>
fangens ſo ſchnappiſch und beißig, wie 'ne Bſchidog, und wenn noch<lb/>
irgend eine Eheſcheidung im Land zu haben iſt, will ich ſie haben. —<lb/>
Halloh, was das Männchen ſo wüthig iſt! Well, gute Nacht, Miſter<lb/>
Schnuck, träume nichts Böſes. —</p><lb/><p>Kannſt du dir in dieſer Sprache einen Dichter denken? Eine Na¬<lb/>
tionalität aber, die keiner Dichter fähig iſt, gleicht einem Baum, der<lb/>
keine Blüthen treibt. Sie iſt abgeſtorben. Das iſt der Fall mit dem<lb/>
Pennſylvania-Deutſchthum.</p><lb/><p>Nimm mir dieſen Brief nicht übel, lieber Bruder. Sein ganzer<lb/>
Inhalt zeugt gegen dein Ideal. Aber nicht wahr, wir ſind nach<lb/><hirendition="#g">Wahrheit</hi> ausgegangen?</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#g">Harrisburg</hi>. — Mein Pferd iſt gekauft. Ich bin mit meinem<lb/>
Entſchluſſe vortrefflich zufrieden. Das Reiten hat etwas Auf¬<lb/>
heiterndes, Idealiſches, Dramatiſches, — es iſt die ſchönſte Scene<lb/>
zwiſchen Menſch und Natur. Mein Brauner iſt ein leichter und kräf¬<lb/>
tiger Traber, echtes Racepferd, nur die Schule fehlt etwas; der<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[281/0299]
(ſie ſchlägt) du kleiner Satan! — Ei, Härriett, was hat denn das
Kind gethan? Du biſt wahrhaftig zu ſchnell. — Ich wollt, Miſter
Schnuck, du thätſt deine eigne Büßnes meinten; du bekümmerſt dir
allsfort, um was dir nichts angeht. — Wäll, Härriett, ich möchte
wiſſen, wer ein beſſeres Recht hat als ich? Du zankſt und maulſt ja
auch immerwährend. — Däddi, Tſchanni zerreißt Eure Zeitung zu
Stücken. — Tſchanni, komm her. Wie kannſt du dich unterſtehen,
meine Zeitung zu zerreißen? Da, du Räskel! wie ſchmeckt das? Und
nau pack dich ins Neſt. — Ei William, du Böſewicht, wie kannſt du
mein Kind ſo unvernünftig ſchlagen? Komm her, Tſchanni, armes
Kind! hats weh gethut? never min; da, da nimm ein Stück Zucker;
ſo, das is'n ſchmär Bübchen. — Härriett, ich will dir ſagen, du ver¬
dirbſt die Kinder ganz und gar. Du weißt, ich mittle mich niemals
drein, wenn du ein Kind beſtrafſt. Es iſt erſtaunlich, was ein Weibs¬
menſch niemals Recht thun kann. — Nie Recht thun? Wahrhaftig,
Miſter Schnuck, wenn Niemand hier im Hauſe recht thäte als du, ſo
wundere ich, was am Ende aus uns werden ſollte. — Härriett, du
ſprichſt wie ein Narr, ich wills nicht länger ſtänden. Du biſt an¬
fangens ſo ſchnappiſch und beißig, wie 'ne Bſchidog, und wenn noch
irgend eine Eheſcheidung im Land zu haben iſt, will ich ſie haben. —
Halloh, was das Männchen ſo wüthig iſt! Well, gute Nacht, Miſter
Schnuck, träume nichts Böſes. —
Kannſt du dir in dieſer Sprache einen Dichter denken? Eine Na¬
tionalität aber, die keiner Dichter fähig iſt, gleicht einem Baum, der
keine Blüthen treibt. Sie iſt abgeſtorben. Das iſt der Fall mit dem
Pennſylvania-Deutſchthum.
Nimm mir dieſen Brief nicht übel, lieber Bruder. Sein ganzer
Inhalt zeugt gegen dein Ideal. Aber nicht wahr, wir ſind nach
Wahrheit ausgegangen?
Harrisburg. — Mein Pferd iſt gekauft. Ich bin mit meinem
Entſchluſſe vortrefflich zufrieden. Das Reiten hat etwas Auf¬
heiterndes, Idealiſches, Dramatiſches, — es iſt die ſchönſte Scene
zwiſchen Menſch und Natur. Mein Brauner iſt ein leichter und kräf¬
tiger Traber, echtes Racepferd, nur die Schule fehlt etwas; der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/299>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.