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Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987.

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und die im Alter von 35 bis 44, die im allgemeinen nur noch rela- N002
tiv wenige Kinder haben, wird bedeutend steigen*

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Besonders stark nimmt auch die Zahl der 65 Jahre und Älteren N002
zu, deren Wachstumsrate im letzten Vierteljahrhunderb mehr als das N003
Doppelte der für die Bevölkerung als Ganze geltenden betrug.

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Und nun einige wichtige Erkenntnis- und Tatsaohenfolgen. Man N002
muß begreifen, daß die Konsumgüterindustrie in der Welt des Kapi- N003
tals nicht nur wie jede Geschäftstätigkeit profitorientiert ist, N004
sondern auch ganz stark, gerade um des Profites willen, konsumenten- N005
orientierb sein muß.

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Darum beogaohten wir zum Beispiel, daß mit dem zunehmenden N002
Durchschnittsalter der Frauen die kosmetische Industrie zahlreiche N003
neue Produkte für "reifere Haut und Haare" einführt. Die Beklei- N004
dungsindustrie für Männer, die ja auoh im Durohsohnitt älter sind N005
als früher, widmet mehr Aufmerksamkeit der "Ueigung zur Fülle". N006
Mehrere Zeitschriften für Menschen über 50 sind gegründet worden. N007
Eine spezielle ReiseIndustrie, Touristik für Ältere, entwickelt N008
sioh. Es gibt kooperative Häuserkomplexe für ältere Menschen. Kurz N009
und gut, man entwickelt eine überraschende Intelligenz und ein er- N010
staunliches Feingefühl für die Konsumbedürfnisse, die sich infolge N011
einer sinkenden Fruchtbarkeitsrate entwickeln - alles natürlich um N012
des Profites willen. Für eine Bevölkerung, die unter einem Profit- N013
system lebt, das alles durohdringt, ist das Profitsystem in diesem N014
Fall nioht ausschließlich schädlich, da es wenigstens zu Handlungen N015
motiviert, die den Konsument enwünsohen ent gegenkommen. Ja, ich N016
möchte noch weitergehen und zu überlegen geben, ob wir nioht auoh N017
einiges in dieser Beziehung, natürlich aus ganz anderen Motiven, N018
noch dazulernen können. Beim Wohnungsbai beobachten wir bereits N019
eine ausgesprochene Tendenz, in der Wohnungsgröße und duroh Feier-

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und die im Alter von 35 bis 44, die im allgemeinen nur noch rela- N002
tiv wenige Kinder haben, wird bedeutend steigen*

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Besonders stark nimmt auch die Zahl der 65 Jahre und Älteren N002
zu, deren Wachstumsrate im letzten Vierteljahrhunderb mehr als das N003
Doppelte der für die Bevölkerung als Ganze geltenden betrug.

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Und nun einige wichtige Erkenntnis- und Tatsaohenfolgen. Man N002
muß begreifen, daß die Konsumgüterindustrie in der Welt des Kapi- N003
tals nicht nur wie jede Geschäftstätigkeit profitorientiert ist, N004
sondern auch ganz stark, gerade um des Profites willen, konsumenten- N005
orientierb sein muß.

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Darum beogaohten wir zum Beispiel, daß mit dem zunehmenden N002
Durchschnittsalter der Frauen die kosmetische Industrie zahlreiche N003
neue Produkte für "reifere Haut und Haare" einführt. Die Beklei- N004
dungsindustrie für Männer, die ja auoh im Durohsohnitt älter sind N005
als früher, widmet mehr Aufmerksamkeit der "Ueigung zur Fülle". N006
Mehrere Zeitschriften für Menschen über 50 sind gegründet worden. N007
Eine spezielle ReiseIndustrie, Touristik für Ältere, entwickelt N008
sioh. Es gibt kooperative Häuserkomplexe für ältere Menschen. Kurz N009
und gut, man entwickelt eine überraschende Intelligenz und ein er- N010
staunliches Feingefühl für die Konsumbedürfnisse, die sich infolge N011
einer sinkenden Fruchtbarkeitsrate entwickeln - alles natürlich um N012
des Profites willen. Für eine Bevölkerung, die unter einem Profit- N013
system lebt, das alles durohdringt, ist das Profitsystem in diesem N014
Fall nioht ausschließlich schädlich, da es wenigstens zu Handlungen N015
motiviert, die den Konsument enwünsohen ent gegenkommen. Ja, ich N016
möchte noch weitergehen und zu überlegen geben, ob wir nioht auoh N017
einiges in dieser Beziehung, natürlich aus ganz anderen Motiven, N018
noch dazulernen können. Beim Wohnungsbai beobachten wir bereits N019
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[0861] N001 und die im Alter von 35 bis 44, die im allgemeinen nur noch rela- N002 tiv wenige Kinder haben, wird bedeutend steigen* N001 Besonders stark nimmt auch die Zahl der 65 Jahre und Älteren N002 zu, deren Wachstumsrate im letzten Vierteljahrhunderb mehr als das N003 Doppelte der für die Bevölkerung als Ganze geltenden betrug. N001 Und nun einige wichtige Erkenntnis- und Tatsaohenfolgen. Man N002 muß begreifen, daß die Konsumgüterindustrie in der Welt des Kapi- N003 tals nicht nur wie jede Geschäftstätigkeit profitorientiert ist, N004 sondern auch ganz stark, gerade um des Profites willen, konsumenten- N005 orientierb sein muß. N001 Darum beogaohten wir zum Beispiel, daß mit dem zunehmenden N002 Durchschnittsalter der Frauen die kosmetische Industrie zahlreiche N003 neue Produkte für "reifere Haut und Haare" einführt. Die Beklei- N004 dungsindustrie für Männer, die ja auoh im Durohsohnitt älter sind N005 als früher, widmet mehr Aufmerksamkeit der "Ueigung zur Fülle". N006 Mehrere Zeitschriften für Menschen über 50 sind gegründet worden. N007 Eine spezielle ReiseIndustrie, Touristik für Ältere, entwickelt N008 sioh. Es gibt kooperative Häuserkomplexe für ältere Menschen. Kurz N009 und gut, man entwickelt eine überraschende Intelligenz und ein er- N010 staunliches Feingefühl für die Konsumbedürfnisse, die sich infolge N011 einer sinkenden Fruchtbarkeitsrate entwickeln - alles natürlich um N012 des Profites willen. Für eine Bevölkerung, die unter einem Profit- N013 system lebt, das alles durohdringt, ist das Profitsystem in diesem N014 Fall nioht ausschließlich schädlich, da es wenigstens zu Handlungen N015 motiviert, die den Konsument enwünsohen ent gegenkommen. Ja, ich N016 möchte noch weitergehen und zu überlegen geben, ob wir nioht auoh N017 einiges in dieser Beziehung, natürlich aus ganz anderen Motiven, N018 noch dazulernen können. Beim Wohnungsbai beobachten wir bereits N019 eine ausgesprochene Tendenz, in der Wohnungsgröße und duroh Feier-

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Archiv der Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-01-09T11:07:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-01-09T11:07:09Z)

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Zitationshilfe: Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987/861>, abgerufen am 30.06.2024.