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Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987.

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können" zu geben"

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Blieb eine reichliche Stunde. Sprach ihn auf unsere Politik N002
gegenüber Westdeutschland an, daß wir dem Feind alle nationalen N003
Argumente überlassen, Deutschland praktisch offiziell aufgegeben N004
haben usw. Wahrscheinlich gibt er mir insgeheim recht. Er meinte, N005
man müßte einen "Trick" finden, die nationale Frage in unsere N006
Argumentation irgendwie einzubauen. Im übrigen glaubt er, meiner N007
Ansicht nach falscherweise, daß Brandt mit internen Fragen (Wirt- N008
schaft) bald genug zu tun haben würde und der Außenpolitik weniger N009
Aufmerksamkeit widmen würde. Offenbar ist das auch Walters Auf- N010
fassung, der meint* "Wenn es uns schlecht geht, hilft uns der N011
Feind." Ich glaube vielmehr, daß Brandt bei einer Zuspitzung der N012
inneren Lage versuchen wird, gerade durch die Deutschlandpolitik N013
abzulenken*

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Sprach mit ihm auch Uber die Akademie,' die Unfähigkeit von N002
Lauter, die Situation der Gesellschaftswissensohaften, die Tat- N003
sache, daß die meisten Institutsdirektoren wegen Leitung der Pro- N004
jekte faktisch die Leitung der Institute abgegeben haben, die Un- N005
fähigkeit des Bereiohslsiters Eichhorn usw. loh glaube, er war N006
ehrlioh erstaunt Uber die Zustände. Aber tun wird er wohl niohts, N007
Imnerhin, ioh habe mein Bestes getan - bei ihm.

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Hager erzählte mir, Walter schlage vor, Kampffmoyera "Ge- N002
schichte der modernen Gesellschaftsklassen ln Deutschland" heraus- N003
zugeben und zu ergänze nt ich sollte das tun. Las es wieder durch. N004
Wahrscheinlich hat er es als junger Arbeiter gelesen. Beviaioni- N005
atisoh und voller ethisch-psychologischen Zeugs. Habe an Hager N006
geschrieben, daß man es nicht herausbringen sollte, daß ioh aber N007
bereit wäre, eine Fortsetzung, die das 20. Jahrhundert umfaßt,

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können« zu geben«

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Blieb eine reichliche Stunde. Sprach ihn auf unsere Politik N002
gegenüber Westdeutschland an, daß wir dem Feind alle nationalen N003
Argumente überlassen, Deutschland praktisch offiziell aufgegeben N004
haben usw. Wahrscheinlich gibt er mir insgeheim recht. Er meinte, N005
man müßte einen "Trick" finden, die nationale Frage in unsere N006
Argumentation irgendwie einzubauen. Im übrigen glaubt er, meiner N007
Ansicht nach falscherweise, daß Brandt mit internen Fragen (Wirt- N008
schaft) bald genug zu tun haben würde und der Außenpolitik weniger N009
Aufmerksamkeit widmen würde. Offenbar ist das auch Walters Auf- N010
fassung, der meint* "Wenn es uns schlecht geht, hilft uns der N011
Feind." Ich glaube vielmehr, daß Brandt bei einer Zuspitzung der N012
inneren Lage versuchen wird, gerade durch die Deutschlandpolitik N013
abzulenken*

N001
Sprach mit ihm auch Uber die Akademie,’ die Unfähigkeit von N002
Lauter, die Situation der Gesellschaftswissensohaften, die Tat- N003
sache, daß die meisten Institutsdirektoren wegen Leitung der Pro- N004
jekte faktisch die Leitung der Institute abgegeben haben, die Un- N005
fähigkeit des Bereiohslsiters Eichhorn usw. loh glaube, er war N006
ehrlioh erstaunt Uber die Zustände. Aber tun wird er wohl niohts, N007
Imnerhin, ioh habe mein Bestes getan - bei ihm.

N001
Hager erzählte mir, Walter schlage vor, Kampffmoyera "Ge- N002
schichte der modernen Gesellschaftsklassen ln Deutschland" heraus- N003
zugeben und zu ergänze nt ich sollte das tun. Las es wieder durch. N004
Wahrscheinlich hat er es als junger Arbeiter gelesen. Beviaioni- N005
atisoh und voller ethisch-psychologischen Zeugs. Habe an Hager N006
geschrieben, daß man es nicht herausbringen sollte, daß ioh aber N007
bereit wäre, eine Fortsetzung, die das 20. Jahrhundert umfaßt,

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[0443] N001 , - 9 - N001 können« zu geben« N001 Blieb eine reichliche Stunde. Sprach ihn auf unsere Politik N002 gegenüber Westdeutschland an, daß wir dem Feind alle nationalen N003 Argumente überlassen, Deutschland praktisch offiziell aufgegeben N004 haben usw. Wahrscheinlich gibt er mir insgeheim recht. Er meinte, N005 man müßte einen "Trick" finden, die nationale Frage in unsere N006 Argumentation irgendwie einzubauen. Im übrigen glaubt er, meiner N007 Ansicht nach falscherweise, daß Brandt mit internen Fragen (Wirt- N008 schaft) bald genug zu tun haben würde und der Außenpolitik weniger N009 Aufmerksamkeit widmen würde. Offenbar ist das auch Walters Auf- N010 fassung, der meint* "Wenn es uns schlecht geht, hilft uns der N011 Feind." Ich glaube vielmehr, daß Brandt bei einer Zuspitzung der N012 inneren Lage versuchen wird, gerade durch die Deutschlandpolitik N013 abzulenken* N001 Sprach mit ihm auch Uber die Akademie,’ die Unfähigkeit von N002 Lauter, die Situation der Gesellschaftswissensohaften, die Tat- N003 sache, daß die meisten Institutsdirektoren wegen Leitung der Pro- N004 jekte faktisch die Leitung der Institute abgegeben haben, die Un- N005 fähigkeit des Bereiohslsiters Eichhorn usw. loh glaube, er war N006 ehrlioh erstaunt Uber die Zustände. Aber tun wird er wohl niohts, N007 Imnerhin, ioh habe mein Bestes getan - bei ihm. N001 Hager erzählte mir, Walter schlage vor, Kampffmoyera "Ge- N002 schichte der modernen Gesellschaftsklassen ln Deutschland" heraus- N003 zugeben und zu ergänze nt ich sollte das tun. Las es wieder durch. N004 Wahrscheinlich hat er es als junger Arbeiter gelesen. Beviaioni- N005 atisoh und voller ethisch-psychologischen Zeugs. Habe an Hager N006 geschrieben, daß man es nicht herausbringen sollte, daß ioh aber N007 bereit wäre, eine Fortsetzung, die das 20. Jahrhundert umfaßt,

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Zitationshilfe: Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987/443>, abgerufen am 28.09.2024.