Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987.

Bild:
<< vorherige Seite

N001
kann man nicht die Partei und die Schriftsteller gegenüberstellen, N002
wo doch ao viele Schriftsteller Parteimitglieder sind. Und sodann N003
wird ganz vergessen, daß es die Schriftsteller sein sollten, die N004
die Parteiführung zu bestimmten Äußerungen, eventuell auch Be- N005
schlüssen, auf dem Gebiet der Schönen Literatur anregen sollten.

N001
Zum dritten Absatz* Ganz ausgezeichnet! man denke an mein N002
"Konkret"-Interview.

N001
Das "Heue Deutschland" brachte gestern einen Prawda-Artikel N002
von L.Kurin, der ein ganz außerordentlich interessantes und wich- N003
tiges Problem aufwirft* Bin Leser hatte geschrieben, wie sie 3m N004
Weltkrieg mit den Worten "Für die Heimat, für Stalin!" zum Angriff N005
vorgegangen wären. "Ja, wir haben diese Worte geschrien, wenn wir N006
aus den Schützengräben sprangen. Und jetzt sollen wir dafür ver- N007
urteilt werden, wenn auch nur andeutungsweise." Die Antwort, die N008
Kurin gibt, ist nicht vollständig. Auch er begreift nicht, wie N009
völlig daneben gehend der traditionelle "Hauptvorwurf" gegen Stalin N010
ist, daß er "Personenkult" getrieben hat. 3m "Dialog mit meinem N011
Urenkel" hatte ich schon 1977, im ersten Entwurf, darauf hingewie- N012
sen, wie nützlich unter besonderen Umständen - z.B* im Weltkrieg N013
gegenüber Stalin und Churchill - der Personenkult sein kann. Der N014
Vorwurf gegen Stalin muß Personenzerstörung lauten. Immer wieder N015
freut es mich, in den "Urenkel" hineinzusehen!.

N001
Habe einen größeren Aufsatz für das Jahrbuch für Soziologie N002
und Sozialpolitik geschrieben. Auch ist meine große Rezension von N003
Sombart für das Jahrbuch des Feudalismus angenommen. Offenbar N004
schreibe ich jetzt, wo ich keine Bücher mehr schreibe, häufiger N005
größere Artikel. Wahrlich kein Schade!

N001
Ansonsten lebe ich in "halber Gnade" fröhlich dahin. Ent- N002
scheidend für uns wird sein, ob wir mit oder ohne Erich die Wieder- N003
herstellung der Leninschen Normen aus der Sowjetunion übernehmen.

N001
kann man nicht die Partei und die Schriftsteller gegenüberstellen, N002
wo doch ao viele Schriftsteller Parteimitglieder sind. Und sodann N003
wird ganz vergessen, daß es die Schriftsteller sein sollten, die N004
die Parteiführung zu bestimmten Äußerungen, eventuell auch Be- N005
schlüssen, auf dem Gebiet der Schönen Literatur anregen sollten.

N001
Zum dritten Absatz* Ganz ausgezeichnet! man denke an mein N002
"Konkret"-Interview.

N001
Das "Heue Deutschland" brachte gestern einen Prawda-Artikel N002
von L.Kurin, der ein ganz außerordentlich interessantes und wich- N003
tiges Problem aufwirft* Bin Leser hatte geschrieben, wie sie 3m N004
Weltkrieg mit den Worten "Für die Heimat, für Stalin!" zum Angriff N005
vorgegangen wären. "Ja, wir haben diese Worte geschrien, wenn wir N006
aus den Schützengräben sprangen. Und jetzt sollen wir dafür ver- N007
urteilt werden, wenn auch nur andeutungsweise." Die Antwort, die N008
Kurin gibt, ist nicht vollständig. Auch er begreift nicht, wie N009
völlig daneben gehend der traditionelle "Hauptvorwurf" gegen Stalin N010
ist, daß er "Personenkult" getrieben hat. 3m "Dialog mit meinem N011
Urenkel" hatte ich schon 1977, im ersten Entwurf, darauf hingewie- N012
sen, wie nützlich unter besonderen Umständen - z.B* im Weltkrieg N013
gegenüber Stalin und Churchill - der Personenkult sein kann. Der N014
Vorwurf gegen Stalin muß Personenzerstörung lauten. Immer wieder N015
freut es mich, in den "Urenkel" hineinzusehen!.

N001
Habe einen größeren Aufsatz für das Jahrbuch für Soziologie N002
und Sozialpolitik geschrieben. Auch ist meine große Rezension von N003
Sombart für das Jahrbuch des Feudalismus angenommen. Offenbar N004
schreibe ich jetzt, wo ich keine Bücher mehr schreibe, häufiger N005
größere Artikel. Wahrlich kein Schade!

N001
Ansonsten lebe ich in "halber Gnade" fröhlich dahin. Ent- N002
scheidend für uns wird sein, ob wir mit oder ohne Erich die Wieder- N003
herstellung der Leninschen Normen aus der Sowjetunion übernehmen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter">
        <pb facs="#f1015"/>
        <p><lb n="N001"/>
kann man nicht die Partei und die Schriftsteller gegenüberstellen,     <lb n="N002"/>
wo doch ao viele Schriftsteller Parteimitglieder sind. Und sodann     <lb n="N003"/>
wird ganz vergessen, daß es die Schriftsteller sein sollten, die     <lb n="N004"/>
die Parteiführung zu bestimmten Äußerungen, eventuell auch Be-     <lb n="N005"/>
schlüssen, auf dem Gebiet der Schönen Literatur anregen sollten.</p>
        <p><lb n="N001"/>
Zum dritten Absatz* Ganz ausgezeichnet! man denke an mein     <lb n="N002"/>
"Konkret"-Interview.</p>
        <p><lb n="N001"/>
Das "Heue Deutschland" brachte gestern einen Prawda-Artikel     <lb n="N002"/>
von L.Kurin, der ein ganz außerordentlich interessantes und wich-     <lb n="N003"/>
tiges Problem aufwirft* Bin Leser hatte geschrieben, wie sie 3m     <lb n="N004"/>
Weltkrieg mit den Worten "Für die Heimat, für Stalin!" zum Angriff     <lb n="N005"/>
vorgegangen wären. "Ja, wir haben diese Worte geschrien, wenn wir     <lb n="N006"/>
aus den Schützengräben sprangen. Und jetzt sollen wir dafür ver-     <lb n="N007"/>
urteilt werden, wenn auch nur andeutungsweise." Die Antwort, die     <lb n="N008"/>
Kurin gibt, ist nicht vollständig. Auch er begreift nicht, wie     <lb n="N009"/>
völlig daneben gehend der traditionelle "Hauptvorwurf" gegen Stalin     <lb n="N010"/>
ist, daß er "Personenkult" getrieben hat. 3m "Dialog mit meinem     <lb n="N011"/>
Urenkel" hatte ich schon 1977, im ersten Entwurf, darauf hingewie-     <lb n="N012"/>
sen, wie nützlich unter besonderen Umständen - z.B* im Weltkrieg     <lb n="N013"/>
gegenüber Stalin und Churchill - der Personenkult sein kann. Der     <lb n="N014"/>
Vorwurf gegen Stalin muß Personenzerstörung lauten. Immer wieder     <lb n="N015"/>
freut es mich, in den "Urenkel" hineinzusehen!.</p>
        <p><lb n="N001"/>
Habe einen größeren Aufsatz für das Jahrbuch für Soziologie     <lb n="N002"/>
und Sozialpolitik geschrieben. Auch ist meine große Rezension von     <lb n="N003"/>
Sombart für das Jahrbuch des Feudalismus angenommen. Offenbar     <lb n="N004"/>
schreibe ich jetzt, wo ich keine Bücher mehr schreibe, häufiger     <lb n="N005"/>
größere Artikel. Wahrlich kein Schade!</p>
        <p><lb n="N001"/>
Ansonsten lebe ich in "halber Gnade" fröhlich dahin. Ent-     <lb n="N002"/>
scheidend für uns wird sein, ob wir mit oder ohne Erich die Wieder-     <lb n="N003"/>
herstellung der Leninschen Normen aus der Sowjetunion übernehmen.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1015] N001 kann man nicht die Partei und die Schriftsteller gegenüberstellen, N002 wo doch ao viele Schriftsteller Parteimitglieder sind. Und sodann N003 wird ganz vergessen, daß es die Schriftsteller sein sollten, die N004 die Parteiführung zu bestimmten Äußerungen, eventuell auch Be- N005 schlüssen, auf dem Gebiet der Schönen Literatur anregen sollten. N001 Zum dritten Absatz* Ganz ausgezeichnet! man denke an mein N002 "Konkret"-Interview. N001 Das "Heue Deutschland" brachte gestern einen Prawda-Artikel N002 von L.Kurin, der ein ganz außerordentlich interessantes und wich- N003 tiges Problem aufwirft* Bin Leser hatte geschrieben, wie sie 3m N004 Weltkrieg mit den Worten "Für die Heimat, für Stalin!" zum Angriff N005 vorgegangen wären. "Ja, wir haben diese Worte geschrien, wenn wir N006 aus den Schützengräben sprangen. Und jetzt sollen wir dafür ver- N007 urteilt werden, wenn auch nur andeutungsweise." Die Antwort, die N008 Kurin gibt, ist nicht vollständig. Auch er begreift nicht, wie N009 völlig daneben gehend der traditionelle "Hauptvorwurf" gegen Stalin N010 ist, daß er "Personenkult" getrieben hat. 3m "Dialog mit meinem N011 Urenkel" hatte ich schon 1977, im ersten Entwurf, darauf hingewie- N012 sen, wie nützlich unter besonderen Umständen - z.B* im Weltkrieg N013 gegenüber Stalin und Churchill - der Personenkult sein kann. Der N014 Vorwurf gegen Stalin muß Personenzerstörung lauten. Immer wieder N015 freut es mich, in den "Urenkel" hineinzusehen!. N001 Habe einen größeren Aufsatz für das Jahrbuch für Soziologie N002 und Sozialpolitik geschrieben. Auch ist meine große Rezension von N003 Sombart für das Jahrbuch des Feudalismus angenommen. Offenbar N004 schreibe ich jetzt, wo ich keine Bücher mehr schreibe, häufiger N005 größere Artikel. Wahrlich kein Schade! N001 Ansonsten lebe ich in "halber Gnade" fröhlich dahin. Ent- N002 scheidend für uns wird sein, ob wir mit oder ohne Erich die Wieder- N003 herstellung der Leninschen Normen aus der Sowjetunion übernehmen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Archiv der Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-01-09T11:07:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-01-09T11:07:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987/1015
Zitationshilfe: Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987/1015>, abgerufen am 22.11.2024.