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Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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jedem Verdacht, dich betreffend, vorgebeugt; da ich den Oberbefehl hier hatte, wurde mir sogleich die Auffindung seiner Leiche gemeldet; ich ließ der Sitte nach die Wunde ahnungslos untersuchen; nur ich und der Wundarzt, unser Freund, waren zugegen, er reichte mir höchst betroffen das tödtende Gold; meine augenblickliche Bestürzung befremdete ihn noch mehr. Er ahnete ein Geheimniß, aber er ehrte mein Schweigen und ließ mir die Kugel. In seinem Gutachten erwähnte er ihre metallische Eigenschaft nicht, aber überließ es ganz mir, den Bericht niederzuschreiben; und dieser kann nicht verrathen, was mir der Zufall entdeckt hat. Nicht wahr, ein Duell ? -- Erkläre mir das Unbegreifliche.

Nun, ein Duell wohl eben nicht, fuhr Holger unsicher fort. Ich bin zwar ein Mörder, insofern ich ihn getödtet habe, aber bei Gott, sein Tod lastet nicht auf meiner Seele, und doch, höre, du sollst Alles erfahren. Und nun erzählte Holger ihm das ganze Ereigniß, von dem ersten Entstehen in seinem Innern, sammt allen kleinen, dem Freunde unbekannt gebliebenen Umständen, die sein Benehmen bestimmt, bis an den blutigen Ausgang, der jedoch, das Werk eines Augenblicks, außer seiner Berechnung lag. Würdest du an meiner Stelle anders gehandelt haben? schloß er seinen Bericht.

Freund! ich weiß es nicht, erwiderte Woldemar düster sinnend; aber so wie Alles gekommen ist, glaube

jedem Verdacht, dich betreffend, vorgebeugt; da ich den Oberbefehl hier hatte, wurde mir sogleich die Auffindung seiner Leiche gemeldet; ich ließ der Sitte nach die Wunde ahnungslos untersuchen; nur ich und der Wundarzt, unser Freund, waren zugegen, er reichte mir höchst betroffen das tödtende Gold; meine augenblickliche Bestürzung befremdete ihn noch mehr. Er ahnete ein Geheimniß, aber er ehrte mein Schweigen und ließ mir die Kugel. In seinem Gutachten erwähnte er ihre metallische Eigenschaft nicht, aber überließ es ganz mir, den Bericht niederzuschreiben; und dieser kann nicht verrathen, was mir der Zufall entdeckt hat. Nicht wahr, ein Duell ? — Erkläre mir das Unbegreifliche.

Nun, ein Duell wohl eben nicht, fuhr Holger unsicher fort. Ich bin zwar ein Mörder, insofern ich ihn getödtet habe, aber bei Gott, sein Tod lastet nicht auf meiner Seele, und doch, höre, du sollst Alles erfahren. Und nun erzählte Holger ihm das ganze Ereigniß, von dem ersten Entstehen in seinem Innern, sammt allen kleinen, dem Freunde unbekannt gebliebenen Umständen, die sein Benehmen bestimmt, bis an den blutigen Ausgang, der jedoch, das Werk eines Augenblicks, außer seiner Berechnung lag. Würdest du an meiner Stelle anders gehandelt haben? schloß er seinen Bericht.

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[0089] jedem Verdacht, dich betreffend, vorgebeugt; da ich den Oberbefehl hier hatte, wurde mir sogleich die Auffindung seiner Leiche gemeldet; ich ließ der Sitte nach die Wunde ahnungslos untersuchen; nur ich und der Wundarzt, unser Freund, waren zugegen, er reichte mir höchst betroffen das tödtende Gold; meine augenblickliche Bestürzung befremdete ihn noch mehr. Er ahnete ein Geheimniß, aber er ehrte mein Schweigen und ließ mir die Kugel. In seinem Gutachten erwähnte er ihre metallische Eigenschaft nicht, aber überließ es ganz mir, den Bericht niederzuschreiben; und dieser kann nicht verrathen, was mir der Zufall entdeckt hat. Nicht wahr, ein Duell ? — Erkläre mir das Unbegreifliche. Nun, ein Duell wohl eben nicht, fuhr Holger unsicher fort. Ich bin zwar ein Mörder, insofern ich ihn getödtet habe, aber bei Gott, sein Tod lastet nicht auf meiner Seele, und doch, höre, du sollst Alles erfahren. Und nun erzählte Holger ihm das ganze Ereigniß, von dem ersten Entstehen in seinem Innern, sammt allen kleinen, dem Freunde unbekannt gebliebenen Umständen, die sein Benehmen bestimmt, bis an den blutigen Ausgang, der jedoch, das Werk eines Augenblicks, außer seiner Berechnung lag. Würdest du an meiner Stelle anders gehandelt haben? schloß er seinen Bericht. Freund! ich weiß es nicht, erwiderte Woldemar düster sinnend; aber so wie Alles gekommen ist, glaube

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:52:36Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:52:36Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/89>, abgerufen am 06.05.2024.