Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.nicht treulos sein. Du mußt dich verspäten. Es wird dir an keiner Entschuldigung fehlen. Entschließe dich geschwind, die Zeit eilt. Ich thue es nicht! sagte John entschlossen, und mich zwingen sollst du auch nicht; mit diesen Worten trat er rasch zu ihm hin, riß ihm den kurzen sogenannten Dolch, den die Seeoffiziere im täglichen Dienst tragen, blitzschnell von der Seite weg und schleuderte ihn ins Meer. Hallunke! rief Holger außer sich, bist du noch immer tückisch? Er packte ihn fest am Halse, wodurch seine Hand die Pistole, welche er unter dem Mantel trug, fühlte. Er riß sie ihm schnell aus dem Busen hervor. -- Du bist bewaffnet, vertheidige dich denn. Ich habe nur die eine, fuhr John fort, und die ist blind geladen, um das Signal damit zu geben. Ich war hier keines Ueberfalles gewärtig. -- Lieutenant An--, der Vergangenheit wegen will ich diese Scene vergessen; aber reizen Sie mich nicht mehr. Blind geladen! widerholte Holger mit schneller Fassung, während er, obgleich innerlich kochend, mit einer scheinbaren Kälte zurücktrat und die Pistole untersuchte, ohne jedoch John den Weg frei zu lassen, so daß dieser unwillkürlich verstummte. Es soll dir zu nichts helfen, fuhr er fort. Deine Hand stieß, mich zurückdrängend, noch an ein Zeichen, das mich schmerzlich an sich mahnte. Kennst du diesen helfenden Ring? fragte er, indem er Woldemar's noch wie immer an nicht treulos sein. Du mußt dich verspäten. Es wird dir an keiner Entschuldigung fehlen. Entschließe dich geschwind, die Zeit eilt. Ich thue es nicht! sagte John entschlossen, und mich zwingen sollst du auch nicht; mit diesen Worten trat er rasch zu ihm hin, riß ihm den kurzen sogenannten Dolch, den die Seeoffiziere im täglichen Dienst tragen, blitzschnell von der Seite weg und schleuderte ihn ins Meer. Hallunke! rief Holger außer sich, bist du noch immer tückisch? Er packte ihn fest am Halse, wodurch seine Hand die Pistole, welche er unter dem Mantel trug, fühlte. Er riß sie ihm schnell aus dem Busen hervor. — Du bist bewaffnet, vertheidige dich denn. Ich habe nur die eine, fuhr John fort, und die ist blind geladen, um das Signal damit zu geben. Ich war hier keines Ueberfalles gewärtig. — Lieutenant An—, der Vergangenheit wegen will ich diese Scene vergessen; aber reizen Sie mich nicht mehr. Blind geladen! widerholte Holger mit schneller Fassung, während er, obgleich innerlich kochend, mit einer scheinbaren Kälte zurücktrat und die Pistole untersuchte, ohne jedoch John den Weg frei zu lassen, so daß dieser unwillkürlich verstummte. Es soll dir zu nichts helfen, fuhr er fort. Deine Hand stieß, mich zurückdrängend, noch an ein Zeichen, das mich schmerzlich an sich mahnte. Kennst du diesen helfenden Ring? fragte er, indem er Woldemar's noch wie immer an <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0084"/> nicht treulos sein. Du mußt dich verspäten. Es wird dir an keiner Entschuldigung fehlen. Entschließe dich geschwind, die Zeit eilt.</p><lb/> <p>Ich thue es nicht! sagte John entschlossen, und mich zwingen sollst du auch nicht; mit diesen Worten trat er rasch zu ihm hin, riß ihm den kurzen sogenannten Dolch, den die Seeoffiziere im täglichen Dienst tragen, blitzschnell von der Seite weg und schleuderte ihn ins Meer.</p><lb/> <p>Hallunke! rief Holger außer sich, bist du noch immer tückisch? Er packte ihn fest am Halse, wodurch seine Hand die Pistole, welche er unter dem Mantel trug, fühlte. Er riß sie ihm schnell aus dem Busen hervor. — Du bist bewaffnet, vertheidige dich denn.</p><lb/> <p>Ich habe nur die eine, fuhr John fort, und die ist blind geladen, um das Signal damit zu geben. Ich war hier keines Ueberfalles gewärtig. — Lieutenant An—, der Vergangenheit wegen will ich diese Scene vergessen; aber reizen Sie mich nicht mehr.</p><lb/> <p>Blind geladen! widerholte Holger mit schneller Fassung, während er, obgleich innerlich kochend, mit einer scheinbaren Kälte zurücktrat und die Pistole untersuchte, ohne jedoch John den Weg frei zu lassen, so daß dieser unwillkürlich verstummte. Es soll dir zu nichts helfen, fuhr er fort. Deine Hand stieß, mich zurückdrängend, noch an ein Zeichen, das mich schmerzlich an sich mahnte. Kennst du diesen helfenden Ring? fragte er, indem er Woldemar's noch wie immer an<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0084]
nicht treulos sein. Du mußt dich verspäten. Es wird dir an keiner Entschuldigung fehlen. Entschließe dich geschwind, die Zeit eilt.
Ich thue es nicht! sagte John entschlossen, und mich zwingen sollst du auch nicht; mit diesen Worten trat er rasch zu ihm hin, riß ihm den kurzen sogenannten Dolch, den die Seeoffiziere im täglichen Dienst tragen, blitzschnell von der Seite weg und schleuderte ihn ins Meer.
Hallunke! rief Holger außer sich, bist du noch immer tückisch? Er packte ihn fest am Halse, wodurch seine Hand die Pistole, welche er unter dem Mantel trug, fühlte. Er riß sie ihm schnell aus dem Busen hervor. — Du bist bewaffnet, vertheidige dich denn.
Ich habe nur die eine, fuhr John fort, und die ist blind geladen, um das Signal damit zu geben. Ich war hier keines Ueberfalles gewärtig. — Lieutenant An—, der Vergangenheit wegen will ich diese Scene vergessen; aber reizen Sie mich nicht mehr.
Blind geladen! widerholte Holger mit schneller Fassung, während er, obgleich innerlich kochend, mit einer scheinbaren Kälte zurücktrat und die Pistole untersuchte, ohne jedoch John den Weg frei zu lassen, so daß dieser unwillkürlich verstummte. Es soll dir zu nichts helfen, fuhr er fort. Deine Hand stieß, mich zurückdrängend, noch an ein Zeichen, das mich schmerzlich an sich mahnte. Kennst du diesen helfenden Ring? fragte er, indem er Woldemar's noch wie immer an
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/84 |
Zitationshilfe: | Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/84>, abgerufen am 17.07.2024. |