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Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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nur gegenüber, hier, fern von den Menschen, unter Gottes freiem Himmel, ist nicht der Schuft der Chef eines Mannes.

Mäßige dich! rief John aufgeblasen, was ist deine Absicht?

Dich an dein Versprechen in deiner angstvollen Stunde zu erinnern.

Jetzt ist nicht die rechte Zeit, es zu erfüllen.

Es scheint so; allein ich finde es nöthig und thunlich. Du brauchst dich ja nur zu verspäten.

Und siehst du nicht, erwiderte John kleinlaut, daß Solches meiner Ehre noch nachtheiliger sein würde?

Lüge so viel du willst, um sie aufrecht zu erhalten, ich will dir nicht widersprechen; aber hier gilt es mehr als deine Ehre, mehr als den stolzen Wunsch, daß der Rock, den wir tragen, nie von irgend Jemand, der ihn angezogen, befleckt werden möchte. Es gilt hier den Ruhm des Landes, die Ehre der Flagge, die noch nicht bezweifelte Tapferkeit Derer, die zu ihr geschworen. Würdest du dich dort auf unserer nassen Bahn nicht eben so gut als hier auf dem trockenen Wege vor dem Tode verkriechen? Und dort hast du mehr als dich selbst zu vertreten. Ich bin für dich verantwortlich gemacht worden; allein ich will es für die Flagge sein. Siehst du, ich hätte dein Signal, das nur ich kenne, überhören und, kraft deiner eignen Worte, um Mitternacht absegeln können, aber dann hätte ich eine Treulosigkeit begangen, und selbst gegen dich mag ich

nur gegenüber, hier, fern von den Menschen, unter Gottes freiem Himmel, ist nicht der Schuft der Chef eines Mannes.

Mäßige dich! rief John aufgeblasen, was ist deine Absicht?

Dich an dein Versprechen in deiner angstvollen Stunde zu erinnern.

Jetzt ist nicht die rechte Zeit, es zu erfüllen.

Es scheint so; allein ich finde es nöthig und thunlich. Du brauchst dich ja nur zu verspäten.

Und siehst du nicht, erwiderte John kleinlaut, daß Solches meiner Ehre noch nachtheiliger sein würde?

Lüge so viel du willst, um sie aufrecht zu erhalten, ich will dir nicht widersprechen; aber hier gilt es mehr als deine Ehre, mehr als den stolzen Wunsch, daß der Rock, den wir tragen, nie von irgend Jemand, der ihn angezogen, befleckt werden möchte. Es gilt hier den Ruhm des Landes, die Ehre der Flagge, die noch nicht bezweifelte Tapferkeit Derer, die zu ihr geschworen. Würdest du dich dort auf unserer nassen Bahn nicht eben so gut als hier auf dem trockenen Wege vor dem Tode verkriechen? Und dort hast du mehr als dich selbst zu vertreten. Ich bin für dich verantwortlich gemacht worden; allein ich will es für die Flagge sein. Siehst du, ich hätte dein Signal, das nur ich kenne, überhören und, kraft deiner eignen Worte, um Mitternacht absegeln können, aber dann hätte ich eine Treulosigkeit begangen, und selbst gegen dich mag ich

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[0083] nur gegenüber, hier, fern von den Menschen, unter Gottes freiem Himmel, ist nicht der Schuft der Chef eines Mannes. Mäßige dich! rief John aufgeblasen, was ist deine Absicht? Dich an dein Versprechen in deiner angstvollen Stunde zu erinnern. Jetzt ist nicht die rechte Zeit, es zu erfüllen. Es scheint so; allein ich finde es nöthig und thunlich. Du brauchst dich ja nur zu verspäten. Und siehst du nicht, erwiderte John kleinlaut, daß Solches meiner Ehre noch nachtheiliger sein würde? Lüge so viel du willst, um sie aufrecht zu erhalten, ich will dir nicht widersprechen; aber hier gilt es mehr als deine Ehre, mehr als den stolzen Wunsch, daß der Rock, den wir tragen, nie von irgend Jemand, der ihn angezogen, befleckt werden möchte. Es gilt hier den Ruhm des Landes, die Ehre der Flagge, die noch nicht bezweifelte Tapferkeit Derer, die zu ihr geschworen. Würdest du dich dort auf unserer nassen Bahn nicht eben so gut als hier auf dem trockenen Wege vor dem Tode verkriechen? Und dort hast du mehr als dich selbst zu vertreten. Ich bin für dich verantwortlich gemacht worden; allein ich will es für die Flagge sein. Siehst du, ich hätte dein Signal, das nur ich kenne, überhören und, kraft deiner eignen Worte, um Mitternacht absegeln können, aber dann hätte ich eine Treulosigkeit begangen, und selbst gegen dich mag ich

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:52:36Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:52:36Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/83>, abgerufen am 07.05.2024.