Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

erst eine vollständige Rechenschaft von allem schon Vorgenommenen vorlegen.

Endlich wurden eines Tages die drei Gefährten zu ihm berufen. John als älterer Offizier ward zum Chef des mitgebrachten Schooners ernannt. Holger, als dem ihm nächsten, wurde die Batterie anvertraut, und Woldemar als Nächstcommandirender unter John angestellt. Ehe der Chef sie wieder entließ, sagte er ernst:

In Folge dessen, was mir hier zu Ohren gekommen ist, kann ich nicht bezweifeln, daß Sie alle, meine Herren, geprüfte und treue Freunde sind; daher trage ich auch kein Bedenken, zu einem unter Ihnen in Gegenwart Derer, die so treu für seinen guten Ruf gewacht, warnend zu reden. -- Es sind mir Dinge zugeflüstert worden, fuhr er zu John hingewandt fort, die allerdings von einem Leichtsinn zeugen, der hinreichend wäre, Ihnen, Lieutenant Former, bis auf Weiteres eine untergeordnete Stelle anzuweisen; allein der Lieutenant An-- hat sich so kräftig für Ihre Ehre verwendet, daß ich mich überzeugt glauben darf, daß kein wirklicher Flecken daran haftet, und so habe ich nicht Ihre braven Freunde dadurch betrüben wollen, daß ich sie einem älteren Kameraden vorzöge, für dessen vielleicht verkannten inneren Werth so thätige Freundschaft mir Bürge sein wird. Danken Sie ihnen meine Nachsicht.

Woldemar warf bei diesen Worten einen schnellen,

erst eine vollständige Rechenschaft von allem schon Vorgenommenen vorlegen.

Endlich wurden eines Tages die drei Gefährten zu ihm berufen. John als älterer Offizier ward zum Chef des mitgebrachten Schooners ernannt. Holger, als dem ihm nächsten, wurde die Batterie anvertraut, und Woldemar als Nächstcommandirender unter John angestellt. Ehe der Chef sie wieder entließ, sagte er ernst:

In Folge dessen, was mir hier zu Ohren gekommen ist, kann ich nicht bezweifeln, daß Sie alle, meine Herren, geprüfte und treue Freunde sind; daher trage ich auch kein Bedenken, zu einem unter Ihnen in Gegenwart Derer, die so treu für seinen guten Ruf gewacht, warnend zu reden. — Es sind mir Dinge zugeflüstert worden, fuhr er zu John hingewandt fort, die allerdings von einem Leichtsinn zeugen, der hinreichend wäre, Ihnen, Lieutenant Former, bis auf Weiteres eine untergeordnete Stelle anzuweisen; allein der Lieutenant An— hat sich so kräftig für Ihre Ehre verwendet, daß ich mich überzeugt glauben darf, daß kein wirklicher Flecken daran haftet, und so habe ich nicht Ihre braven Freunde dadurch betrüben wollen, daß ich sie einem älteren Kameraden vorzöge, für dessen vielleicht verkannten inneren Werth so thätige Freundschaft mir Bürge sein wird. Danken Sie ihnen meine Nachsicht.

Woldemar warf bei diesen Worten einen schnellen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0073"/>
erst eine vollständige Rechenschaft      von allem schon Vorgenommenen vorlegen.</p><lb/>
        <p>Endlich wurden eines Tages die drei Gefährten zu ihm berufen. John als älterer Offizier ward      zum Chef des mitgebrachten Schooners ernannt. Holger, als dem ihm nächsten, wurde die Batterie      anvertraut, und Woldemar als Nächstcommandirender unter John angestellt. Ehe der Chef sie      wieder entließ, sagte er ernst:</p><lb/>
        <p>In Folge dessen, was mir hier zu Ohren gekommen ist, kann ich nicht bezweifeln, daß Sie alle,      meine Herren, geprüfte und treue Freunde sind; daher trage ich auch kein Bedenken, zu einem      unter Ihnen in Gegenwart Derer, die so treu für seinen guten Ruf gewacht, warnend zu reden. &#x2014;      Es sind mir Dinge zugeflüstert worden, fuhr er zu John hingewandt fort, die allerdings von      einem Leichtsinn zeugen, der hinreichend wäre, Ihnen, Lieutenant Former, bis auf Weiteres eine      untergeordnete Stelle anzuweisen; allein der Lieutenant An&#x2014; hat sich so kräftig für Ihre Ehre      verwendet, daß ich mich überzeugt glauben darf, daß kein wirklicher Flecken daran haftet, und      so habe ich nicht Ihre braven Freunde dadurch betrüben wollen, daß ich sie einem älteren      Kameraden vorzöge, für dessen vielleicht verkannten inneren Werth so thätige Freundschaft mir      Bürge sein wird. Danken Sie ihnen meine Nachsicht.</p><lb/>
        <p>Woldemar warf bei diesen Worten einen schnellen,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0073] erst eine vollständige Rechenschaft von allem schon Vorgenommenen vorlegen. Endlich wurden eines Tages die drei Gefährten zu ihm berufen. John als älterer Offizier ward zum Chef des mitgebrachten Schooners ernannt. Holger, als dem ihm nächsten, wurde die Batterie anvertraut, und Woldemar als Nächstcommandirender unter John angestellt. Ehe der Chef sie wieder entließ, sagte er ernst: In Folge dessen, was mir hier zu Ohren gekommen ist, kann ich nicht bezweifeln, daß Sie alle, meine Herren, geprüfte und treue Freunde sind; daher trage ich auch kein Bedenken, zu einem unter Ihnen in Gegenwart Derer, die so treu für seinen guten Ruf gewacht, warnend zu reden. — Es sind mir Dinge zugeflüstert worden, fuhr er zu John hingewandt fort, die allerdings von einem Leichtsinn zeugen, der hinreichend wäre, Ihnen, Lieutenant Former, bis auf Weiteres eine untergeordnete Stelle anzuweisen; allein der Lieutenant An— hat sich so kräftig für Ihre Ehre verwendet, daß ich mich überzeugt glauben darf, daß kein wirklicher Flecken daran haftet, und so habe ich nicht Ihre braven Freunde dadurch betrüben wollen, daß ich sie einem älteren Kameraden vorzöge, für dessen vielleicht verkannten inneren Werth so thätige Freundschaft mir Bürge sein wird. Danken Sie ihnen meine Nachsicht. Woldemar warf bei diesen Worten einen schnellen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:52:36Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:52:36Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/73
Zitationshilfe: Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/73>, abgerufen am 06.05.2024.