Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.wodurch der Entdeckung des ganzen Handels vorgebeugt wurde; und ein Duell, meinte er, würde jeden Gedanken von Feigheit entfernen. Zwar hatte er schon beschlossen, der Braut des Freundes den Ring am Hochzeittage zu übergeben, aber der gegenwärtige Gebrauch davon war heilig, war unvermeidlich; selbst Woldemar mußte, wenn er es erfuhr, ihm beistimmen, und würde der schlichte Reif ihr nicht so wie ihm und dem Freunde noch theurer sein? Der kostbare Stein hatte für ihn nur Werth, insofern er den fleckenlosen Glanz eines noch schätzbarern Kleinodes aufrecht halten konnte; hatte ja doch die Mittheilung des Freundes ihn belehrt, daß das Becken, in dem er ruhte, leicht von dem Ringe selbst getrennt werden konnte. Dies zu thun, war sein erstes Geschäft, und das gelang ihm vollkommen. Dann eilte er zu dem befreundeten Offizier, der eben im Begriff war an Bord zu gehen. Der Handel war leicht und bald abgeschlossen; die erforderliche Summe in Gold da. Er kehrte zu dem ängstlich harrenden John zurück, der bei dem glänzenden Anblick des Erfolgs mit schnell emporloderndem Muth ihm folgte. Die Berauschten waren schon auseinander geschieden, aber der Chef, der im Hause selbst zu Bette gebracht war, wurde trotz der Einwendungen der Diener wieder geweckt. Noch wirr im Kopfe, konnte er sich nicht erinnern, das Geld wurde ihm indessen bezahlt und ihm nur mit Mühe die Nothwendigkeit, sich zu schlagen, begreif- wodurch der Entdeckung des ganzen Handels vorgebeugt wurde; und ein Duell, meinte er, würde jeden Gedanken von Feigheit entfernen. Zwar hatte er schon beschlossen, der Braut des Freundes den Ring am Hochzeittage zu übergeben, aber der gegenwärtige Gebrauch davon war heilig, war unvermeidlich; selbst Woldemar mußte, wenn er es erfuhr, ihm beistimmen, und würde der schlichte Reif ihr nicht so wie ihm und dem Freunde noch theurer sein? Der kostbare Stein hatte für ihn nur Werth, insofern er den fleckenlosen Glanz eines noch schätzbarern Kleinodes aufrecht halten konnte; hatte ja doch die Mittheilung des Freundes ihn belehrt, daß das Becken, in dem er ruhte, leicht von dem Ringe selbst getrennt werden konnte. Dies zu thun, war sein erstes Geschäft, und das gelang ihm vollkommen. Dann eilte er zu dem befreundeten Offizier, der eben im Begriff war an Bord zu gehen. Der Handel war leicht und bald abgeschlossen; die erforderliche Summe in Gold da. Er kehrte zu dem ängstlich harrenden John zurück, der bei dem glänzenden Anblick des Erfolgs mit schnell emporloderndem Muth ihm folgte. Die Berauschten waren schon auseinander geschieden, aber der Chef, der im Hause selbst zu Bette gebracht war, wurde trotz der Einwendungen der Diener wieder geweckt. Noch wirr im Kopfe, konnte er sich nicht erinnern, das Geld wurde ihm indessen bezahlt und ihm nur mit Mühe die Nothwendigkeit, sich zu schlagen, begreif- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0062"/> wodurch der Entdeckung des ganzen Handels vorgebeugt wurde; und ein Duell, meinte er, würde jeden Gedanken von Feigheit entfernen. Zwar hatte er schon beschlossen, der Braut des Freundes den Ring am Hochzeittage zu übergeben, aber der gegenwärtige Gebrauch davon war heilig, war unvermeidlich; selbst Woldemar mußte, wenn er es erfuhr, ihm beistimmen, und würde der schlichte Reif ihr nicht so wie ihm und dem Freunde noch theurer sein? Der kostbare Stein hatte für ihn nur Werth, insofern er den fleckenlosen Glanz eines noch schätzbarern Kleinodes aufrecht halten konnte; hatte ja doch die Mittheilung des Freundes ihn belehrt, daß das Becken, in dem er ruhte, leicht von dem Ringe selbst getrennt werden konnte. Dies zu thun, war sein erstes Geschäft, und das gelang ihm vollkommen. Dann eilte er zu dem befreundeten Offizier, der eben im Begriff war an Bord zu gehen. Der Handel war leicht und bald abgeschlossen; die erforderliche Summe in Gold da.</p><lb/> <p>Er kehrte zu dem ängstlich harrenden John zurück, der bei dem glänzenden Anblick des Erfolgs mit schnell emporloderndem Muth ihm folgte. Die Berauschten waren schon auseinander geschieden, aber der Chef, der im Hause selbst zu Bette gebracht war, wurde trotz der Einwendungen der Diener wieder geweckt.</p><lb/> <p>Noch wirr im Kopfe, konnte er sich nicht erinnern, das Geld wurde ihm indessen bezahlt und ihm nur mit Mühe die Nothwendigkeit, sich zu schlagen, begreif-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0062]
wodurch der Entdeckung des ganzen Handels vorgebeugt wurde; und ein Duell, meinte er, würde jeden Gedanken von Feigheit entfernen. Zwar hatte er schon beschlossen, der Braut des Freundes den Ring am Hochzeittage zu übergeben, aber der gegenwärtige Gebrauch davon war heilig, war unvermeidlich; selbst Woldemar mußte, wenn er es erfuhr, ihm beistimmen, und würde der schlichte Reif ihr nicht so wie ihm und dem Freunde noch theurer sein? Der kostbare Stein hatte für ihn nur Werth, insofern er den fleckenlosen Glanz eines noch schätzbarern Kleinodes aufrecht halten konnte; hatte ja doch die Mittheilung des Freundes ihn belehrt, daß das Becken, in dem er ruhte, leicht von dem Ringe selbst getrennt werden konnte. Dies zu thun, war sein erstes Geschäft, und das gelang ihm vollkommen. Dann eilte er zu dem befreundeten Offizier, der eben im Begriff war an Bord zu gehen. Der Handel war leicht und bald abgeschlossen; die erforderliche Summe in Gold da.
Er kehrte zu dem ängstlich harrenden John zurück, der bei dem glänzenden Anblick des Erfolgs mit schnell emporloderndem Muth ihm folgte. Die Berauschten waren schon auseinander geschieden, aber der Chef, der im Hause selbst zu Bette gebracht war, wurde trotz der Einwendungen der Diener wieder geweckt.
Noch wirr im Kopfe, konnte er sich nicht erinnern, das Geld wurde ihm indessen bezahlt und ihm nur mit Mühe die Nothwendigkeit, sich zu schlagen, begreif-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/62 |
Zitationshilfe: | Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/62>, abgerufen am 19.07.2024. |